Ex-FIFA-Chef Blatter wegen Zahlungen erneut vor Gericht
Erster Tag im Berufungsprozess:Blatter und Platini: Urteil soll noch im März fallen
von Christoph Schneider
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Bleiben die Freisprüche für Blatter und Platini bestehen? Zur Eröffnung des Berufungsprozesses gibt es viele Fragen - das Gericht hat einen engen Zeitplan.
Muss sich erneut vor Gericht verantworten: Ex-FIFA-Chef Blatter.
Quelle: dpa
"Ich fühle mich gut für diesen Fall", sagt der 88-jährige Joseph S. Blatter ins Mikro. Er ist spürbar älter geworden, wirkt gebrechlicher als noch vor drei Jahren, als er im Juli 2022 von einer Strafkammer des Bundesstrafgerichts von allen Anklagevorwürfen freigesprochen wird. Betrug, Untreue, ungetreue Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung - alles nicht gegeben oder verjährt.
Doch die Bundesanwaltschaft der Schweiz legt dagegen Berufung ein. Wegen Befangenheiten findet der Prozess nun vor einer außerordentlichen Berufungskammer des Bundesstrafgerichts in Muttenz statt.
Was ist der Anklagevorwurf?
Es geht um eine umstrittene Zahlung, die der einstige FIFA-Präsident Blatter 2011 an seinen langjährigen Vertrauten und Weggefährten über viele Jahre, den ehemaligen UEFA-Präsidenten Michel Platini, angewiesen hatte. Ein Beraterhonorar für einen längeren Zeitraum sollte es sein.
Bekannt wurde diese Zahlung nach strafrechtlichen Ermittlungen gegen die FIFA 2015, bei denen eine Menge an Dokumenten sichergestellt wurde. Konsequenz daraus: Blatter musste als FIFA-Präsident vorzeitig zurücktreten und sein designierter Nachfolger Michel Platini kam für das Amt nicht mehr in Frage.
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Die strafrechtliche Aufarbeitung liegt nun bei der Berufungskammer. Und die macht Tempo. Die Klärung von Vorfragen, Bescheidung von Anträgen, die persönlichen Befragungen von Blatter und Platini - die eine am Vor-, die andere am Nachmittag. Die Aussagen der Angeklagten, sie decken sich, bieten keine Überraschungen zu älteren Aussagen.
Blatter und Platini: Zwei, die sich unterstützen
Nach der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich kommen Blatter und Platini zusammen. Blatter ist da noch Generalsekretär der FIFA, sein Präsident Joao Havelange trat nach 24-jähriger Amtszeit nicht mehr an. Und Platini hatte gerade eine erfolgreiche WM organisiert.
Blatter wurde dann neuer FIFA-Präsident und Platini unterstützte ihn die Jahre danach, wo er nur konnte - nicht nur als Exekutivmitglied der FIFA. Dafür sollte er entlohnt werden, es gab eine persönliche Absprache zwischen Blatter und Platini. Doch die Kassen der FIFA waren in den ausgehenden 1990er Jahre eher leer. Man einigte sich, das später zu regeln, wenn's denn besser läuft.
Und die FIFA wurde größer, wertvoller. 2010 rund um die WM in Südafrika sprach Michel Platini bei Markus Kattner vor, dem damaligen Finanzchef der FIFA, mahnte sein ausstehendes Salär an. Der riet ihm, eine Rechnung zu stellen. Das machte Platini - im Januar 2011 kam die Rechnung, abgezeichnet von Blatter und drei Wochen später war das Geld auf seinem Konto.
2014 noch mächtige Fußball-Funktionäre: FIFA-Präsident Joseph Sepp Blatter (links) und UEFA-Präsident Michel Platini.
Quelle: imago
Die drei Richter um den Vorsitzenden Roland Hofmann fragen nach bei Blatter und Platini: Wäre das nicht ein ungewöhnlicher Vorgang? Nein, beteuern beide, es habe eine mündliche Absprache gegeben.
Urteil soll noch im März fallen
Am Nachmittag sagt der erste geladene Zeuge aus, Ex-Finanzchef Markus Kattner. Er bestätigt die Aussagen von Blatter und Platini, beschreibt seinen ehemaligen Chef in der FIFA als "sehr gut organisierten Präsidenten". Und er, Kattner, habe darauf geachtet, dass alles ordnungsgemäß ablaufe. An der Richtigkeit der Zahlung habe er keinen Zweifel gehabt. Punkt.
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Der Zeuge Kattner wird nach gut 40 Minuten Vernehmung entlassen. Der weitere Zeitplan des Gerichts: Am Dienstag wird ab 9 Uhr der ehemalige Ankläger und heutige Chef der Berufungskammer, Olivier Thormann, als Zeuge vernommen. Am frühen Nachmittag soll die Bundesanwaltschaft ihr Plädoyer halten. Am Mittwoch sind dann die Verteidiger von Joseph Blatter und Michel Platini am Zug. Für Erwiderungen auf die Schlussvorträge ist der gesamte Donnerstag reserviert. Und das Urteil, das ist für den 25. März anvisiert.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF und berichtet aus Muttenz.
Quelle: Reuters
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