Nations League: PSV Eindhoven ist Oranjes neue Kaderschmiede

Amsterdam ist nicht nur die Stadt mit dem weltberühmten Grachtengürtel, der seit 2010 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Von hier gingen auch die wichtigsten Impulse für den niederländischen Fußball aus.

Der in Amsterdam geborene Johan Cruyff führte in den 70er Jahren Ajax Amsterdam zu drei Triumphen im Europapokal der Landesmeister. Der geniale Spielmacher prägte Hollands Nationalteam, das bei der WM 1974 in Deutschland spielerisch brillierte. Nach der 2016 verstorbenen Legende ist auch die Arena benannt, in der sich nun in der Nations League mal wieder die Niederlande und Deutschland (Dienstag 20:45 Uhr) zum Prestigeduell begegnen.

Doch in den vergangenen Jahren ist der direkte Einfluss von Ajax geringer geworden. Zuletzt landete der Rekordmeister nur noch auf Rang fünf in der Eredivisie - hinter PSV Eindhoven, Feyenoord Rotterdam, Twente Enschede und AZ Alkmaar.

Meister PSV und Vizemeister Feyenoord repräsentieren die stolze Fußball-Nation in der erweiterten Champions League - Ajax hat es immerhin mühsam noch in die neue Europa League geschafft.

In der Startelf von "Oranje" wird mit Mittelstürmer Brian Bobbey nur ein einziger Ajax-Akteur stehen. Das Gerüst bilden Legionäre aus England, Italien oder Deutschland.

Was allerdings auffällt: Eindhoven hat Amsterdam auch als wichtigsten Ausbildungsverein abgelöst. PSV hat eine "Vision 2030" entworfen und will bis zum Ende des Jahrzehnts zu den besten 32 Vereine in Europa gehören. Ein ambitioniertes Ziel, für das immer wieder Nachschub aus dem Nachwuchs kommen muss. Denn irgendwann ziehen die besten weiter.

Torjäger Cody Gakpo, eine feste Größe im Nationalteam, wechselte im vergangenen Jahr für rund 50 Millionen Euro zum FC Liverpool. In Eindhoven geboren durchlief der für seine 1,93 Meter sehr bewegliche Angreifer die komplette Kaderschmiede, um in seiner Heimat zum Stürmer mit Weltklassepotenzial zu reifen.

Nachwuchschef Edwin de Wijs erklärte das Erfolgsgeheimnis bei der PSV-Ausbildung so: "Wir sind immer mit sehr vielen Trainern auf dem Platz. Pro Team sechs Trainer und das für 20 Kinder."

Ein akribisches Scouting, exzellente Bedingungen und große Durchlässigkeit tun ein Übriges. Aktuell arbeitet der frühere Bundesliga-Trainer Peter Bosz mit 19 Eigengewächsen im erweiterten Profikader.

Auch Nationalspieler Steven Bergwijn verbrachte viele Jahre in Eindhoven, ehe der Flügelspieler diesen Sommer zu Al-Ittihad nach Saudi-Arabien übersiedelte. Darüber mokierte sich Bondscoach Ronald Koeman und nominierte den 26-Jährigen nicht mehr.

Die Aufregung war riesig, aber auch ohne Bergwijn gelang zum Nations-League-Start gegen Bosnien-Herzegowina (5:2) ein überzeugender Auftritt. Dabei trat die "Elftal" übrigens in Eindhoven an: eine symbolträchtige Verbeugung vor den neuen Kräfteverhältnissen.

Koeman kennt als Aktiver beide Klubs, spielte in den 80er Jahren zunächst drei Jahre für Ajax, dann drei Jahre für Eindhoven, ehe der kampf- wie spielstarke Weltklasse-Libero 1989 zum FC Barcelona wechselte. Als Trainer setzt der 61-Jährige noch heute auf das traditionelle 4-3-3-System. Faustpfand für diesen Stil sind schnelle Offensivkräfte wie Xavi Simons von RB Leipzig.

Der von den Sachsen erneut ausgeliehene Tempodribbler zog als Dreijähriger mit seiner Familie in die spanische Provinz Alicante, wurde dann beim FC Barcelona ausgebildet, ehe sich Paris St. Germain das Toptalent angelte. Bewusst wollte Simons aber 2022 nach Eindhoven gehen, um endlich den Durchbruch in den Herrenbereich zu schaffen.

Ohne diese Zwischenstation hätte die Karriere des 21-Jährigen nicht solch einen Schub bekommen. Eindhoven dient halt als die wichtigste Startrampe für die niederländischen Stars von morgen.