Debütanten dürfen ran: Kleindienst oder Burkardt im Sturm

Es gibt wahrlich Schlimmeres, wenn eine Reisedelegation mit strahlendem Sonnenschein und fast sommerlichen Temperaturen empfangen wird. Auf dem Balkan ist von der herbstlichen Atmosphäre in Deutschland noch nicht viel zu spüren.

Nachdem der Tross der deutschen Nationalmannschaft von Nürnberg nach Sarajewo flog, ging es für das nächste Nations-League-Spiel in Bosnien und Herzegowina (Freitag, 20:45 Uhr) sogleich in die ehemalige Bergarbeiterstadt Zenica, wo zwar nur 13.500 Zuschauer ins nostalgisch anmutende Stadion Bilino Polje passen, aber die Anforderungen an internationale Begegnungen erfüllt werden. Ganz im Gegensatz zu den Arenen in Sarajewo.

"Es ist tatsächlich charmant. Ich finde das ganz gesund, nicht nur die top europäischen Stadien zu bespielen", sagte Julian Nagelsmann in dem winzigen Presseraum. Doch die Bedingungen spielen für den Bundestrainer keine Rolle, so lange die Rasenfläche ordentlich ist:

Zuvor erinnerte der 37-Jährige an die schweren Überschwemmungen im Südwesten des Landes, deshalb wolle man "einen Fußballabend liefern, der für Abwechslung sorgt und ein bisschen mehr das Lächeln auf die Gesichter zaubert."

Es ist erst das dritte Aufeinandertreffen mit Bosnien-Herzegowina, dabei das erste Pflichtspiel gegen diesen auf FIFA-Weltranglistenplatz 75 gelisteten Gegner, der weniger Reifeprüfung und mehr Charaktertest für die DFB-Auswahl sein dürfte. Die Mannschaft soll zeigen, dass sie Pflichtaufgaben souverän erledigen kann, wenn mal sieben Nationalspieler absagen müssen.

Alexander Nübel kann es kaum erwarten, sein Debüt im Tor zu geben. An Nagelsmanns Seite sprach der 28-Jährige von einer "riesigen Vorfreude", die eine "gewisse Nervosität" überlagere. "Sportlich gesehen ist es ein vorläufiger Höhepunkt, ein Riesending für mich."

Konkurrent Oliver Baumann wird dafür den Klassiker gegen die Niederlande in München (Montag, 20:45 Uhr/live im ZDF) bestreiten. Vermutlich wird der Keeper der TSG Hoffenheim auch mehr gefordert. Symbolisch wechseln die Nummer eins und zwölf zwischen beiden Kandidaten hin und her. Der Bundestrainer will "keinen künstlichen Druck erzeugen - beide haben es sich verdient, Spiele zu bekommen."

Aus dem Rennen scheint Bernd Leno, der laut Nagelsmann in einem Gespräch bei der beabsichtigten Nominierung Forderungen nach Spielzeit stellte, die er (Anmerk. der Red.: Nagelsmann) unmöglich erfüllen wollte. Dazu merkte er nun süffisant an:

Vor Neuling Nübel wird wieder Antonio Rüdiger die Abwehrzentrale besetzen, Maximilian Mittelstädt dürfte als linker Verteidiger den Vorzug vor Robin Gosens bekommen. Überhaupt ist ja auffällig, dass etliche der sechs nominierten Stuttgarter Akteure sich aufdrängen.

Der von Nagelsmann bereits bei der EM als Nachfolger von Toni Kroos ins Spiel gebrachte Angelo Stiller könnte anstelle von Pascal Groß eine Chance bekommen. Zudem hat Deniz Undav in der Offensive seinen Platz sicher. Den Part des verletzten Stoßstürmers Niclas Füllkrug werden Tim Kleindienst oder Jonathan Burkardt übernehmen. Man könne davon ausgehen, "dass einer von beiden beginnen wird" (Nagelsmann).

Danach wartet gleich drei Tage später der Klassiker gegen die Niederlande, wenn mit der Verabschiedung von Manuel Neuer, Ilkay Gündogan, Toni Kroos und Thomas Müller noch einmal die frühere Generation gewürdigt wird. Die aktuelle sollte nicht mit einer Blamage vom Balkan-Kurztrip zurückkommen.