Zwei Trainer, kaum Siege:2023 - ein Jahr zum Vergessen für die DFB-Elf
von Frank Hellmann
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Erst Hansi Flick, dann Julian Nagelsmann: Die deutsche Männer-Nationalmannschaft ist zum Experimentierfeld geworden. Das Jahr vor der Heim-EM erscheint als ein verlorenes.
Bringt Bundestrainer Julian Nagelsmann die Nationalmannschaft rechtzeitig vor der EM 2024 in die Erfolgsspur?
Quelle: Arne Dedert/dpa
Kurz vor dem Jahreswechsel wirkten Julian Nagelsmann und Rudi Völler überaus angetan, als sie im Presseraum des DFB-Campus auf die riesigen Leuchtbilder blickten. Bundestrainer und Sportdirektor der Nationalmannschaft inspizierten bei bester Laune die Luftaufnahmen vom Spa- und GolfResort Weimarer Land.
Dort, in Blankenhain, wird sich die DFB-Auswahl Ende Mai 2024 auf die Heim-EM vorbereiten.
Hoffnung auf ein Sommermärchen 2.0
Völler betonte, "ganz bewusst in den Osten Deutschlands" zu gehen. Jeder im Land soll sich schließlich von diesem Turnier und dieser Mannschaft mitgenommen fühlen.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Generalsekretärin Heike Ullrich sprachen bei der Vernstaltung von der Hoffnung auf ein Sommermärchen 2.0, bei dem der Gastgeber wie bei der WM 2006 am besten mit breiter Unterstützung ins Halbfinale kommt. Neuendorf hat das jedenfalls als Zielvorgabe ausgesprochen.
DFB-Elf weit weg von der Weltspitze
Von der Weltspitze ist die DFB-Auswahl derzeit weit entfernt. Im Zwischenzeugnis würde ein Klassenlehrer wohl eine "Vier Minus" schreiben.
Die Bilanz im Jahr 2023: drei Siege, zwei Remis, sechs Niederlagen. Mit dem Punkteschnitt (1,0) wäre die Mannschaft in jeder Liga ein Abstiegskandidat.
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft geht mit einer Pleite gegen Österreich in die Winterpause. Die Highlights vom Testspiel in Wien, das 0:2 verloren ging.21.11.2023 | 8:55 min
Experimente verwirren
Zwei Bundestrainer hat es dafür gebraucht. Und das beste Länderspiel des Jahres verantwortete zwischendrin der einmalig eingesprungene Nothelfer Völler im Oktober gegen Frankreich (2:1).
Davor Hansi Flick, danach Nagelsmann nutzten die Nationalelf als Experimentierfeld, was viel Verwirrung stiftete. Während Flick eine Pleite gegen Japan (1:4) um die Ohren flog, streute Nagelsmann mit den Niederlagen gegen die Türkei (2:3) und vor allem in Österreich (0:2) die nächsten Zweifel, so dass auch über ihn trotz einiger hoffnungsvollen Ansätze bei seiner USA-Reise gleich wieder diskutiert wurde.
Verbandschef Neuendorf ging sofort dazwischen: "Wir lassen uns von der Linie nicht abbringen, weil das alles Störgeräusche sind, die man jetzt nicht braucht. Die nächsten sechs Monate muss er volle Rückendeckung haben. Keine Nebenkriegsschauplätze."
Julian Nagelsmann verrät viel im sportstudio
Dermaßen gestärkt hat der Bundestrainer im aktuellen sportstudio am 16. Dezember umfassend ausgeplaudert, was er für die Testspiele gegen Frankreich (23. März) und die Niederlande (26. März) denn plane.
Comeback von Kroos ist möglich, im Tor läuft's auf Neuer hinaus und Kimmich auf die rechte Abwehrseite: Bundestrainer Nagelsmann verrät, wie er seine Schlüsselpositionen plant.16.12.2023 | 39:26 min
In Kurzform: Manuel Neuer soll wieder die Nummer eins werden, Joshua Kimmich wohl auf den Posten des Rechtsverteidigers rücken und Ilkay Gündogan besser im offensiven Mittelfeld spielen - dazu vielleicht sogar Toni Kroos zurückkommen. Das Comeback eines bald 34-Jährigen würde ins Bild passen.
DFB-Elf im Schnitt über 28 Jahre alt
Die Aufgebote unter Nagelsmann hatten ein Durchschnittsalter von deutlich über 28. Das gab es in der DFB-Elf seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Bedenklich, dass außer Jamal Musiala und Florian Wirtz offenbar kaum junge Kräfte nachrücken - und auf die U17-Weltmeister müsste man noch noch warten.
Auch wenn die deutsche U17-Nationalmannschaft bei der WM aktuell für Furore sorgt, hat der deutsche Fußball ein Nachwuchsproblem. Viele Talente schaffen nicht den Sprung nach oben.30.11.2023 | 14:54 min
Nagelsmann wird vermutlich ein vor Erfahrung strotzendes Gerüst mit vielen Ü30-Akteuren zimmern. Was dieses Team dann bei der EM leistet, kann niemand seriös einschätzen.
Völler: Niemanden unterschätzen
Die Vorrundengruppe mit Schottland (14. Juni in München), Ungarn (19. Juni Stuttgart) und der Schweiz (23. Juni in Frankfurt) wäre vor einigen Jahren als machbar eingestuft worden. Diesmal klangen die Verantwortlichen nach der Auslosung zurückhaltender:
Reaktionen zur Gruppenauslosung der EM 2024 in Deutschland von Julian Nagelsmann, Rudi Völler, Bernd Neuendorf, Celia Sasic und Philipp Lahm.02.12.2023 | 12:07 min
"Das ist keine Todesgruppe, aber es gibt keine wirklich schlechten Gegner", ergänzte Nagelsmann. Für den 36-Jährigen ist trotz allem Druck wichtig: "Wenn wir das erste EM-Spiel in München absolvieren, dann sollten wir in erster Linie erst einmal Freude spüren." Wie beim Anblick der Hotelanlage im Weimarer Land.