Fußballer als Ware: Das Geschäft mit dem Nachwuchs

    Geschäft mit dem Nachwuchs:"Jeder Spieler ist eine Aktie"

    von Udo Ludwig
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    Fußballstars wie Yamal Musiala sind Millionen wert. Die Jagd auf Talente wird immer aggressiver und Spieler schneller aussortiert. Wie funktioniert das Geschäft mit den Kickern? 

    "sportstudio reportage": Montage: Jude Bellingham schaut in die Kamera, hat seine Arme mit erhobenen Zeigefingern nach vorne gestreckt. Er ist vor einem orangefarbenen Hintergrund abgebildet auf dem Hun­dert­eu­ro­scheine herunterflattern.
    Jedes Jahr kämpfen Europas Top-Klubs um die besten Talente der Welt. Junge Nachwuchskicker mit großen Träumen. Doch für viele Vereine sind sie vor allem eines: eine Investition.20.10.2024 | 43:28 min
    Die Vereine der Fußball-Bundesliga geben jedes Jahr viele Millionen Euros aus, um in die Ausbildung junger Spieler zu investieren. Die Nachwuchsleistungszentren sind verpflichtend für sie, für viele Klubs sind sie längst auch überlebensnotwendig, weil sie nur auf diese Weise preiswerte Spieler bekommen, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.
    Auf diese Weise ist ein hektischer Markt entstanden. "Ich denke, es ist zwangsläufig, dass ein Spieler als Ware gesehen wird", sagt Julia Porath, ehemalige Internatsleiterin bei Borussia Dortmund und Mutter eines Bundesligaspielers.
    Doch wie verkraften junge Leute dieses Rattenrennen um die wenigen Plätze in den Kadern der Bundesligisten? Wie verarbeiten Jugendliche den Druck, immer funktionieren zu müssen? Und wie gehen sie damit um, wenn ihre Karrieren ins Stocken geraten? 
    Lazar Samardzic
    Lazar Samardzic spielt seit Sommer 2024 bei Atlanta Bergamo.
    Quelle: IMAGO / Gribaudi/ImagePhoto

    Der gebürtige Berliner Lazar Samardzic kennt alle Seiten des Geschäfts. Er spielte jahrelang bei Hertha BSC, wurde dann zu RB Leipzig gelockt, er ging nach Italien und spielt jetzt bei Atalanta Bergamo. Er ist 22 Jahre alt und hat einen nüchternen Blick auf seinen Beruf. Er weiß, dass er gekauft und verkauft wird.

    Jeder Spieler ist eine Aktie und man hat seinen Marktwert und der sinkt und fällt.

    Lazar Samardzic, Fußballspieler

    Geld spielt in jungen Jahren schon eine große Rolle

    Wie sehr die Vereine inzwischen auf den eigenen Nachwuchs angewiesen sind, erklärt Benjamin Weber, Sportdirektor von Hertha BSC. Der Zweitligist steckt jedes Jahr rund sechs Millionen in seine Nachwuchsarbeit. So viel Geld ist notwendig, weil der Markt der Talente härter geworden ist.
    Früher hätten sich die großen Vereine erst ab der U14 um Talente bemüht, jetzt sei "das zum Teil schon in der U12 ein Thema", sagt Weber, es sei "auch keine Seltenheit, das Spieler schon mit 13 Jahren den Klub wieder verlassen" würden - weil es woanders ein besseres Angebot gibt.
    Pablo Thiam, ehemaliger Leiter der Nachwuchsakademie beim VfL Wolfsburg und bei Hertha BSC, beobachtet diesen Markt intensiv. Schon im Jugendalter hätten sich die Gesetze der Marktwirtschaft durchgesetzt, sagt er. Vereine hätten gezeigt, dass "man auch mal für so einen jungen Spieler fünf, sechs, sieben, acht Millionen ausgibt, was andere Vereine in der Bundesliga nicht für gestandene Spieler ausgeben können".
    Selbst diese Investitionen können sich in der Zukunft auszahlen, weil die Ablösesummen für Jungtalente explodiert sind.

    Der einzelne Spieler rückt immer mehr in den Hintergund

    "Alle werden verkauft und gekauft und klar, es geht überall ums Geld", kritisiert Julia Porath, die heute Eltern von Talenten berät. Sie habe es selten erlebt, dass "es um den einzelnen Spieler geht oder um das einzelne Talent. Das ist die große Gefahr des Fußballs."
    Viele Talente würden mittlerweile verstehen, wie das Geschäft wirklich läuft, sagt Porath, dass sie wie Figuren wie in einem Computerspiel hin- und hergeschoben werden. Einmal habe ein Talent eines Nachwuchszentrum zu einem anderen gesagt: 

    Merkt ihr eigentlich, dass wir im Grunde genommen genauso sind wie die Spieler bei Fifa?

    Julia Porath, Coach für Spieler und Eltern

    Und da sind die anderen mal so ein bisschen aufgewacht, haben festgestellt: Ja, du hast recht, wir werden verkauft, wir werden gekauft, wir kriegen einen Wert." Der Spaß am Fußballspielen sei einigen dabei vergangen.
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    Quelle: Reuters

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