Duell mit Portugal in Dortmund:Türkei: Mit Feuer ins nächste "Heimspiel"
von Patrick Brandenburg
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Nach dem wilden Kick gegen Georgien folgt für die Türkei die Nagelprobe: Beim Showdown mit Favorit Portugal in Dortmund könnten die Fans wieder zum Faktor werden.
Wollen auch gegen Portugal jubeln: Die türkischen Fußball-Nationalspieler beim 3:1 gegen Georgien.
Quelle: dpa
Wer dabei war, wird es nicht vergessen: Fünfzigtausend stimmgewaltige Fans der Türkei, die das Westfalenstadion beim EM-Spiel gegen Georgien in einen Hexenkessel verwandelten. Als in der Nachspielzeit Kerem Aktürkoglu mit dem Ball aufs Leere Tor Georgiens zulief, musste man sich Sorgen um die Statik der fünfzig Jahre alten bebenden Arena machen. Vier Rote Wände statt nur einer Gelben Wand im Heimstadion von Borussia Dortmund, dazu Ekstase in Dauerschleife: selbst für BVB-Fans ein Erlebnis.
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"Es reicht nicht zu sagen, die Unterstützung war großartig. Sie war mehr als das", schwärmte Arda Güler nach dem mühsamen Auftaktsieg, dem ersten überhaupt der Türkei im sechsten EM-Anlauf. Jener 19-jährige Jungstar von Real Madrid, der mit seinem Traumtor aus 25 Metern zum eigentlichen Matchwinner avancierte - und Superstar Cristiano Ronaldo vom nächsten Gegner Portugal als jüngsten Torschützen der EM-Geschichte ablöste.
Türkei baut gegen Portugal auf "Heimvorteil"
Schon gegen Außenseiter Georgien war die Hilfe von den Rängen wichtig. Das "Gefühl, ein Heimspiel zu haben", ist nicht mehr nur auf BVB-Abräumer Salih Özcan beschränkt. Im nächsten Duell in Dortmund könnte das entscheidend sein. Denn der 3:1-Auftaktsieg täuscht nicht darüber hinweg, dass Trainer Vincenzo Montella, Nachfolger von Stefan Kuntz, eine echte Wundertüte auf den Rasen schickt.
Seine Spieler verfügen über Technik, viel Leidenschaft und Offensivgeist und sind jederzeit für spektakuläre Tore gut, siehe auch Mert Müldürs 1:0 zum Auftakt. Dazu verfügt das Team über herausragende Talente. Neben Goldjunge Güler, dem Real-Coach Carlo Ancelotti "eine Gabe" attestiert etwa auch Kenan Yildiz. Er ist einer von etlichen Akteuren im Kader, die sich wie Ilkay Gündogan oder Emre Can auch für die DFB-Elf hätten entscheiden können.
Calhanoglu treibt die Türkei an
Der gebürtige Regensburger baut auf zehn Jahre Ausbildung beim FC Bayern und ließ jüngst mit 27 Einsätzen für Juventus Turin aufhorchen. Beim Sieg über Deutschland im November in Berlin gelang ihm sein Debüttor für die Milli Takim, gegen Georgien hinderte ihn nur eine Fußspitze im Abseits am ersten Turnier-Treffer.
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In Hakan Calhanoglu - geboren in Mannheim, früher für den HSV und Leverkusen am Ball - steht einer der besten Mittelfeldspieler Europas im Team. In Mailand lief er zur Form seines Lebens auf und führte Inter zur italienischen Meisterschaft. Seit der 30-Jährige tiefer steht, kann er das Spiel seiner Mannschaft noch besser ordnen.
Knapp am Drama vorbei
In der Nationalmannschaft aber wirkt Calhanoglu beizeiten überfordert. Gegen Georgien war der Regisseur übermotiviert, dem aus Gelsenkirchen stammenden Sechser Kaan Ayhan im defensiven Mittelfeld unter die Arme zu greifen. Damit nahm er sich offensiv fast selbst aus dem Spiel.
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Und oft fehlt die Struktur im Spiel. Vor der Abwehr klaffen riesige Lücken. Auf dem regennassen Rasen in Dortmund rutschte die Türkei in der wilden Schlussphase gegen den EM-Neuling Georgien nur knapp am Drama vorbei. Portugals Offensivstars wie Bernardo Silva oder Joao Felix werden nicht so gnädig mit Geschenken umgehen - von Ronaldo ganz zu schweigen.
Lautstärke-Pegel am Anschlag
Die Türkei schwankt zwischen Extremen. Im November überraschte die junge Elf in Berlin mit einem 3:2 über Deutschland. "Sie hat definitiv das Potenzial, Geschichte zu schreiben", sagt der frühere Schalker Hamit Altintop, heute im Vorstand des türkischen Fußballverbandes.
Doch danach blieb das Team in fünf Spielen sieglos. Beim 1:6 in Österreich setzte es sogar herbe Prügel. Sollte die Elf keine Stabilität in der Defensive finden, droht trotzt Starterfolg ein frühes EM-Aus.
Vorerst müssen die fantastischen Anhänger ihr Team mit Lautstärke-Pegel am Anschlag über die Defizit hinwegschreien, um das Gefühl der "Heim-EM" möglichst lange am Leben zu halten.
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von Ullrich Krömer, Leipzig