England besiegt Niederlande: Plötzlich blühen Titelträume

    England besiegt Niederlande:Plötzlich blühen Titelträume

    von Frank Hellmann
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    Nach der besten Turnierleistung erkämpft und erspielt sich England abermals ein EM-Finale. Der deutsche Schiedsrichter Felix Zwayer zieht sich niederländischen Unmut zu.

    Ollie Watkins jubelt mit seiner Mannschaft sein Tor zum 2:1 gegen die Niederlande.
    Packendes Halbfinale in Dortmund mit dem besseren Ende für England: Die Three Lions setzen sich gegen die Niederlande mit 2:1 durch und dürfen weiter vom ersten EM-Titel träumen.10.07.2024 | 7:26 min
    Um 22.58 Uhr küsste Harry Kane noch einmal die drei blauen Löwen auf seinem Trikot. Zuvor hatte Englands Kapitän die Troika der Führungskräfte angeführt, die mit geballten Fäusten zu ihren enthemmt brüllenden Landsleuten ging, um sich für die Unterstützung zu bedanken.
    Der Klassiker "Sweet Caroline" dröhnte aus den Lautsprechern des Stadions von Borussia Dortmund, nur war die schreiende und tanzende Meute in diesem Moment noch lauter: "Nach einer enttäuschenden Leistung im bisherigen Turnier konnte das englische Team im elektrisierenden EM-Halbfinale gegen die Niederlande zwar glücklich, aber nicht unverdient mit 2:1 (1:1) gewinnen."

    Große Genugtuung für Gareth Southgate

    "Wir haben Geschichte geschrieben!", jubelte Rekordtorjäger Kane.

    Ich bin so stolz auf alle, auf die Spieler, auf die ganze Gruppe. Es war bisher so ein schwieriges Turnier für uns.

    Harry Kane, Stürmer der englischen Nationalmannschaft

    Natürlich platzte auch Trainer Gareth Southgate vor Stolz, als er gegen Mitternacht im vierten Stock des Stimmungstempels sagte: "Wir haben den Leuten eine der besten Abende der letzten 50 Jahre gezeigt. Aber wir sind noch nicht am Ende."

    Wir haben den größten Test in diesem Turnier noch vor uns.

    Gareth Southgate, Trainer der englischen Nationalmannschaft

    Das Finale gegen Spanien in Berlin (21 Uhr) soll die seit der WM 1966 bestehende Sehnsucht nach einem Titel erfüllen. "Ich habe die Aufgabe nur übernommen, um den englischen Fußball nach vorne zu bringen", ergänzte Southgate. "Wir wollen die beste Mannschaft im Turnier werden."
    Vor drei Jahren hatte seine Mannschaft in Wembley das Elfmeterschießen gegen Italien verloren. Gefühlt die ganze Insel trug Trauer.

    Ollie Watkins wird zum späten "Matchwinner"

    Diesmal hatte die sonst als "Gelbe Wand" bezeichnete Südtribüne mit der Masse der "Oranje"-Fans keinen Mucks mehr von sich gegeben. Insbesondere in der zweiten Halbzeit hatte die "Elftal" das Geschehen weitgehend unter Kontrolle, doch dann gelang dem eingewechselten Ollie Watkins gegen den zu trägen Stefan de Vrij eine blitzschnelle Drehung. Sein fulminanter Flachschuss rauschte unhaltbar in der 90. Minute ins lange Eck zum Siegtreffer.
    "Ich wollte am Ende gar nicht mehr vom Feld gehen", sagte der flugs zum "Man of the Match" gekürte Edeljoker. Erst im Frühjahr 2021 hatte der 28-Jährige überhaupt in der Nationalelf debütiert.

    Ich habe tatsächlich nie gedacht, dass ich für England eine EM spielen darf. Ich habe sehr hart gearbeitet, um an diesen Moment zu kommen.

    Ollie Watkins, Stürmer der englischen Nationalmannschaft

    Er habe in diesem Turnier einigen Frust geschoben, "weil ich so viel auf der Bank saß". Seine Freunde hätten ihm ständig Nachrichten gesendet, dass er doch aufs Feld müsse: "Vielleicht wurde dieser Gedanke ans Universum gesendet", sagte der Spätstarter und lachte.
    Das Happyend verdienten sich die Engländer vor allem durch eine furiose erste Halbzeit. Kane und Co. waren nicht wiederzuerkennen, so freudvoll und leidenschaftlich spielte das zuvor so gescholtene Ensemble nach vorne.
    Aus seiner Genugtuung machte Southgate keinen Hehl: "Wir alle wollten geliebt werden, oder? Wenn man ein stolzer Engländer ist, dann möchte man nicht nur Kritik lesen." Gerade noch rechtzeitig hat der 53-Jährige all diejenigen Lügen gestraft, die ihm einen zu eindimensionalen Matchplan vorwarfen.
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    Schiedsrichter Felix Zwayer steht im Blickpunkt

    Selbst vom Traumtor durch Xavi Simons (7.) ließ sich England nicht beirren, benötigte aber deutsche Hilfe, um zum Ausgleich zu kommen. Erst auf Intervention seines Videoassistenten Bastian Dankert entschied Referee Felix Zwayer auf Elfmeter, den Kane sicher zum 1:1 verwandelte (18.).
    Der Mittelstürmer des FC Bayern hatte einen Ball über die Latte gesetzt, war Sekundenbruchteile danach aber von Dezel Dumfries am Fuß berührt worden. Auf den Videowänden leuchtete zur Begründung auf, das Eingreifen sei "rücksichtslos" gewesen. Eine zumindest diskutable Auslegung.

    Niederlande: Ärger um Elfmeter

    "Als Verteidiger finde ich: Dieser Elfmeter ist eine absolute Schande", wetterte sogar der englische TV-Experte Gary Neville bei ITV. Auch Bondscoach Ronald Koeman war nicht einverstanden, äußerte sich aber diplomatischer: "Es gibt einen Eingriff des Videoassistenten. Er hätte keinen Elfmeter geben müssen. Denzel hat die Sohle und den Ball berührt. Eine solche Entscheidung sollten wir nicht haben - das macht den Fußball kaputt."
    Gleichwohl beteuerte der 61-Jährige mehrfach, er wolle nicht als schlechter Verlierer dastehen. "Das ist nicht der Grund für unsere Niederlage - das ist das großartige zweite Tor."
    Der betörende "Oranje"-Fanwalk auf dem Hinweg sollte sich auf dem Rückweg in einen großen Trauermarsch verwandeln. Holland muss sich einen zweiten EM-Sieg wie 1988 auf deutschem Boden abschminken.

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