EM-Viertelfinale gegen Spanien: Was für Deutschland spricht
Analyse
EM-Viertelfinale:Gegen Spanien: Was für Deutschland spricht
von Tim-Julian Schneider
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Spanien in der Favoritenrolle gegen Deutschland? Zumindest leicht. Es gibt trotzdem einige Punkte, die vor dem Viertelfinale bei der Heim-EM für die DFB-Elf sprechen.
Jubeln Musiala, Raum und Co auch gegen Spanien?
Quelle: imago/Mika Volkmann
Im EM-Viertelfinale wartet einer der Klassiker der jüngeren Fußballgeschichte: Spanien fordert den Turniergastgeber Deutschland. Was jetzt für die DFB-Elf spricht - und warum Spanien dennoch als Favorit gilt.
Spanien defensiv nicht unverwundbar
Auch wenn es letztlich ein souveräner Sieg wurde: Das Achtelfinale gegen Georgien hat gezeigt, dass Spanien defensiv nicht unverwundbar ist und im Umschaltspiel Räume entstehen, in die schnelle Offensivkräfte wie Jamal Musiala und Leroy Sané mit ihrem Tempo reinstoßen könnten.
So angsteinflößend die Außenspieler der Spanier offensiv auch agieren: Es hat zur Folge, dass nicht jeder Gang nach hinten konsequent durchgezogen wird. Es gab auch gegen Georgien vor allem in der ersten Halbzeit Momente, in denen der Außenseiter gute Konterchancen hatte - eine davon führte zur zwischenzeitlichen Führung.
Topfavorit Spanien hat sich im Achtelfinalduell mit Georgien keine Blöße gegeben. Zwar ging Georgien überraschend in Führung, doch dann drehte Spanien auf und siegte verdient.30.06.2024 | 8:24 min
Der Gastgeber als Angstgegner für Spanien
Spanien hat bei einer EM oder einer WM noch nie gegen den Gastgeber gewonnen. Fünfmal schied man in der K.o.-Runde gegen das Land aus, das das Turnier austrug. Das ist in diesem Jahr bekanntlich Deutschland.
An der spanischen Offensiv-Power gibt es keine Zweifel, jedoch zieht sich ein Merkmal wie ein roter Faden durch das ganze Turnier: die mangelnde Chancenverwertung. Trotz vier Toren gegen Georgien ließen Lamine Yamal, Dani Olmo und Co. noch mehrere weitere Hochkaräter aus. 34 Mal schoss die "Furia Roja" aufs Tor - seit 2004 gab bei einem Turnier über 90 Minuten keine Mannschaft mehr Torschüsse ab. Gegen Deutschland werden sich den Iberern im Idealfall deutlich weniger Chancen bieten.
K.o.-Spiel mit Gewitter-Unterbrechung und einigen engen VAR-Entscheidungen. Am Ende schießen Kai Havertz und Jamal Musiala die deutsche Elf gegen Dänemark ins EM-Viertelfinale.
29.06.2024 | 9:26 min
Unai Simon geht großes Risiko
Bei Gegenstößen des DFB-Teams lohnt sich vielleicht ein früher Blick gen Tor: Denn auffällig ist, wie weit vor seinem Kasten der spanische Keeper Unai Simon steht und damit ein großes Risiko eingeht. Der Georgier Kvaratskhelia hätte ihn fast mit einem Fernschuss aus der eigenen Hälfte überrumpelt. Bei der Präzision von Toni Kroos könnte solch ein Versuch auch mal im Tor landen.
Es gibt kaum einen Nationalspieler, über dessen Für und Wider mehr diskutiert wurde als über Kai Havertz. Wie es scheint, tangiert ihn das nicht im Geringsten.01.07.2024 | 1:29 min
Yamal und Williams als großes Problem
Bei allem Optimismus bleibt aber auch festzuhalten: Spanien hat in diesem Turnier den bisher besten Eindruck hinterlassen, strotzt vor Spielfreude und hat zwei Außenspieler, die jeder Defensive schlaflose Nächte bereiten könnten. Nico Williams und Lamine Yamal verfügen mit und ohne Ball über ein atemberaubendes Tempo, sind dribbelstark und unbekümmert.
Bundestrainer Julian Nagelsmann muss sich genau überlegen, wen er in die Duelle mit den beiden schickt. Dass er sein System komplett umbaut, gilt als unwahrscheinlich. Rechts dürfte Joshua Kimmich gesetzt sein, links entscheidet es sich zwischen David Raum und Maximilian Mittelstädt. Egal wer im deutschen Team von Beginn an starten darf: Ihn erwartet eine undankbare Aufgabe - denn die beiden Youngster über 90 Minuten auszuschalten, ist quasi unmöglich.
Überall in Deutschland waren die Fanmeilen voll. Doch mancherorts wurde das Public Viewing wegen Gewitterwarnungen abgesagt oder die Fanmeilen während des Spiels geräumt.30.06.2024 | 0:18 min
Taktisches Spiel oder offener Schlagabtausch?
Spanien steht zwar für Offensiv-Spektakel, die meisten Tore des Turniers hat mit 10 Treffern allerdings Deutschland erzielt (Spanien neun). Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass uns ein Offensiv-Spektakel erwartet. Bei den letzten sechs Begegnungen der beiden Teams bei EM oder WM fielen nicht mehr als zwei Tore. Es könnte somit wieder ein von Taktik geprägtes Spiel werden, bei dem der erste Fehler entscheidend sein wird.
Deutschland wird versuchen, es nicht auf einen offenen Schlagabtausch ankommen zu lassen, sondern Spanien in Schach zu halten und den kreativen Akteuren die Lust am Spiel zu nehmen. Dann kann es - trotz leicht favorisierten Spaniern - was werden mit dem Halbfinale bei der EM im eigenen Land.