EM-Achtelfinale: Österreich will kein Geheimfavorit sein
EM-Achtelfinale gegen die Türkei:Österreich: Jenseits der Erwartungshaltung
von Claudio Palmieri
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Bei einem Einzug ins Viertelfinale würde es für Österreich schwer, die Rolle als EM-Geheimfavorit weiter zu leugnen. Doch Vorsicht: Die Türkei schöpft aus einem Debakel Motivation.
Mit 66 Jahren: Ein schönes Geburtstagsgeschenk für Österreichs Trainer Ralf Rangnick wäre ein Weiterkommen gegen die Türkei.
Quelle: dpa
Ja, es gibt tatsächlich auch noch schlechte Nachrichten rund um die österreichische Fußball-Nationalmannschaft. Für das EM-Achtelfinale gegen die Türkei am Dienstag (21 Uhr) in Leipzig muss der Sieger der Gruppe D auf Gernot Trauner verzichten. Der Innenverteidiger zog sich beim 3:2-Erfolg gegen die Niederlande eine Muskelverletzung im Oberschenkel zu.
Geburtstagskind Ralf Rangnick
Davon abgesehen ist die Stimmung zwischen dem Schlosshotel in Berlin-Grunewald und dem Trainingsgelände im Schatten des Olympiastadions unverändert heiter. Der deutsche Teamchef Ralf Rangnick wurde am Samstag 66 Jahre alt - und am Montag in der Kategorie Trainer zum "Deutschen Fußball Botschafter 2024" gekürt.
Dreimal gehen die Österreicher in Führung, nur zweimal kann die Niederlande etwas entgegenwirken. Da Frankreich im Parallelspiel nur ein Remis erspielt, gewinnt Österreich die Gruppe D.
25.06.2024 | 7:51 min
Und sonst? Business as usual, sportlich gesprochen. Der Fokus gilt dem nächsten Spiel - ganz nach dem Gusto des Trainers.
Alaba in der Rolle des Mahners
Die Geburtstagstorte nahm der sichtlich gerührte Rangnick von Österreichs "non-playing Captain" entgegen. David Alaba, der nach einem Kreuzbandriss im Dezember nicht mehr rechtzeitig fit wurde, übernahm am Wochenende auch die Rolle des Mahners. "Wir dürfen nicht den Fehler machen, von unserem Weg abzukommen", betonte der Abwehrspieler von Real Madrid:
Zweifel hat der 32-Jährige, der als Bindeglied zwischen Trainer und Team nach Deutschland mitreiste und parallel an seinem Comeback arbeitet, indes nicht. "Die Mannschaft geht sehr gut damit um", beantwortete der Ex-Bayer Fragen nach der gestiegenen Erwartungshaltung.
ÖFB-Team will kein Geheimfavorit sein
Mit Platz eins in Gruppe D vor Frankreich, den Niederlanden und Polen bestätigte Österreich die Einschätzung vieler Fans und Experten, die die Rangnick-Elf als EM-Geheimfavoriten handeln - eine Rolle, die das ÖFB-Team aber weiter von sich weist.
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In der Alpenrepublik galt schon der Achtelfinaleinzug mit Blick auf die schwere Gruppe und Alabas Ausfall als Teilerfolg, jede weitere Runde als Bonus. Das Understatement kommt nicht von ungefähr: 1978 und 1982 erreichten die Österreicher die WM-Zwischenrunde. Es sind ihre bis heute größten Turniererfolge in der Nachkriegszeit.
2021 scheiterte das ÖFB-Team in der Runde der letzten 16 am späteren Europameister Italien. In der regulären Spielzeit hatte der VAR die 1:0-Führung durch Marko Arnautovic wegen einer hauchdünnen Abseitsstellung gestrichen.
6:1 aus dem Testspiel kein Maßstab
Der jetzige Achtelfinalgegner hilft der Rangnick-Elf kurioserweise dabei, den sportlichen Ist-Zustand einzuordnen. Ende März hatte Österreich in einem Test gegen die Türkei in Wien ein 6:1-Torfestival zelebriert.
Es war ein Duell, in dem das ÖFB-Team nahezu jede Unzulänglichkeit in der gegnerischen Defensive eiskalt ausnutzte - zu seinem eigenen Erstaunen. "Das Resultat ist sehr, sehr hoch. Es spiegelt nicht das Spiel wider", warnte der für die EM verletzt ausfallende Mittelfeldstar Xaver Schlager hinterher.
Türken müssen Calhanoglus Ausfall verkraften
Die Türkei, die sich in der Portugal-Gruppe F vor Georgien und Tschechien als Zweiter behauptete, ist auf Revanche aus. "Das 1:6 hat wirklich Spuren hinterlassen, daher habe ich für das aktuelle Spiel großen Ehrgeiz in mir. Wir werden es behandeln wie ein Endspiel", kündigte BVB-Mittelfeldspieler Salih Özcan an.
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Von der Extramotivation der Türken, die ihren gelbgesperrten Kapitän und Spielmacher Hakan Calhanoglu sowie Verteidiger Samet Akaydin ersetzen müssen, zeigt sich Konrad Laimer wenig beeindruckt.
"Wir sind auch noch mal extra motiviert. Im März war es nur ein Freundschaftsspiel, jetzt ist es ein EURO-Achtelfinale", merkte der Bayern-Profi am Sonntag an:
Auch das dürfte ganz nach Rangnicks Geschmack sein.