Fußball-Nationalmannschaft: Nübel und Baumann winkt Debüt

Es ist guter Brauch, dass die Troika der Torhüter immer zuerst auf den DFB-Trainingsplatz in Herzogenaurach kommt. Auch am Mittwoch bildeten Alexander Nübel, Oliver Baumann und Janis Blaswich bei der Vormittagseinheit die Vorhut, ehe die Torwarttrainer Andreas Kronenberg und Michael Fuchs mit ihnen arbeiteten.

Fangen, fausten, fliegen: Es sind ständige Wiederholungen, mit denen die Keeper konfrontiert werden. So soll ihnen Sicherheit vermittelt werden.

Und die braucht es für die Nations-League-Spiele auswärts gegen Bosnien und Herzegowina am Freitag und dann gegen die Niederlande (Montag, 20:45 Uhr/live im ZDF) unbedingt. Keiner der Kandidaten hat auch nur ein einziges Länderspiel absolviert. Ein Kuriosum, aber nach dem Rücktritt von Manuel Neuer und der Verletzung von Marc-André ter Stegen auch kaum zu verhindern.

Nun hat sich Julian Nagelsmann offenbar für eine Arbeitsteilung entschieden: Der 28-jährige Nübel soll am Freitag in Zenica, der sechs Jahre ältere Baumann dann am Montag in München debütieren. Dafür spricht auch, dass der DFB am Mittwoch kund tat, dass Nübel gemeinsam mit Nagelsmann die Abschlusspressekonferenz vor der Bosnien-Begegnung bestreitet.

Der Bundestrainer hatte sich bei Nominierung so geäußert: "Olli und Axel waren ja schon dabei und haben es auch gut gemacht. Olli hat es auch mal verdient, ein Länderspiel zu kriegen. Wir wissen noch nicht hundertprozentig, ob einer beide macht."

Baumann muss sich bis zur Premiere im DFB-Dress also übers Wochenende gedulden, bis die Ikone Neuer passenderweise in seiner Heimarena verabschiedet wird. Dort in München wäre der Druck für den 2020 als Neuer-Erben zu den Bayern gelockten Nübel womöglich zu groß gewesen.

Bei einem Fantalk am Dienstag bewiesen beide Kandidaten, dass sie sich gut verstehen, als sie gemeinsam vergnügt für die DFB-Kanäle ausgewählte Kinderfragen beantworteten. Interessant, dass Nübel neben seinen Eltern auch seine beiden Großmütter erwähnte, die ihn am meisten in der Karriere unterstützt hätten.

Mit 92 könne sie heute nur nicht mehr ins Stadion kommen.

Baumann kam an dieser Stelle zuerst Christian Streich in den Sinn, der ihm für "Fußball und Erziehung" beim SC Freiburg viel mitgegeben habe. Sein Vater starb vor zehn Jahren, deshalb nannte der 34-Jährige neben Frau und Bruder auch den einst ebenfalls im Breisgau beschäftigten DFB-Torwartcoach Kronenberg als maßgeblich für seine Entwicklung.

Daher lag die Vermutung nahe, dass Baumann vielleicht gleich zur Nummer eins aufsteigt. Zudem fing Nagelsmann 2016 als jüngster Bundesliga-Coach bei der TSG Hoffenheim an, wo Baumann gerade seine zweite Saison spielte.

Serge Gnabry, auch einst im Kraichgau aktiv, erinnert sich noch gut an einen "super Typ und super Torhüter, der immer sehr motiviert ist, gut vorangeht und die Mitspieler viel coacht". Heute ist der Keeper auch der Kapitän des in eine schwere Führungskrise getaumelten Klubs.

Dabei schätzt Baumann eigentlich die idyllische Ruhe, die gewöhnlich im Alltag in Zuzenhausen und Sinsheim herrscht. Für ihn ist es eine riesige Ehre, mit langem Anlauf zu seinem ersten DFB-Einsatz zu kommen. Doch seine in 467 Bundesligapartien erwiesene Klasse muss er erst noch im Nationalteam beweisen.

Nübel hat zwar erst 83 Spiele im Oberhaus gemacht, ist allerdings sechs Jahre jünger und sechs Zentimeter größer - zudem gilt der Ex-Schalker mit dem Fuß als leicht besser. Dennoch würde er die Prioritäten immer so setzen: "Als erstes auf der Linie Bälle halten, dann kommt irgendwann Fußball spielen."

An Nübel wie Baumann werden Trainingseifer und Lernwille, Verlässlichkeit und Lebenswandel ausdrücklich gelobt. Sie in einen offenen Zweikampf zu schicken, bis ter Stegen hoffentlich im nächsten Sommer zu alter Leistungsstärke zurückfindet, ergibt also durchaus Sinn.