sportstudio reportage: Wo dem DFB weiteres Unheil droht

    Die Finanzen machen Sorgen:Wo dem DFB weiteres Unheil droht

    von Markus Harm und Frank Hellmann
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    Der deutsche Fußball braucht einen Erfolg bei der EM, sonst sieht es finanziell ziemlich schlimm aus. Das zeigt der ZDF-Film "Millionenspiel EM - letzte Chance für den DFB?".

    Bernd Neuendorf (DFB-Präsident) und Julian Nagelsman (Bundestrainer)
    Der DFB, der größte Verband der Welt, schlittert von einer Krise in die Nächste. Sportlich nur noch Mittelmaß. Die EM im eigenen Land - letzte Chance für einen Neustart?22.03.2024 | 20:22 min
    Auf dem Campus des DFB hat sich die deutsche Nationalmannschaft für die Länderspiele gegen Frankreich (Samstag 21 Uhr/ZDF ab 20.15) und die Niederlande (Dienstag 20.45 Uhr/RTL) vorbereitet. Doch hinter der glitzernden Fassade mit dem prächtigen Blick auf die Frankfurter Skyline türmen sich Sorgen, wie der ZDF-Film "Millionenspiel EM - letzte Chance für den DFB?" zeigt.

    Spektakulärer Ausrüsterwechsel

    Der größte Fußballverband der Welt schreibt tiefrote Zahlen. Der wirtschaftliche Druck ist so groß geworden, dass sich der DFB demnächst von seinem ewigen Ausrüster Adidas trennen wird. Stattdessen wird der US-amerikanische Konkurrent Nike ab 2027 bis 2034 alle Nationalmannschaften ausstatten.
    Eine historische Zäsur nach sieben Jahrzehnten Zusammenarbeit. Weil der Konzern aus Herzogenaurach sparen wollte und ein für den DFB zu niedriges Angebot unterbreitet hat, wird der bis 2026 datierte Vertrag nicht verlängert.

    sportstudio reportage
    Quelle: ZDF

    Das deutsche Fußball-Nationalteam startet am Samstag, 23. März (21 Uhr), mit dem Testspiel gegen Frankreich ins EM-Jahr (ZDF ab 20.15 Uhr). Schon jetzt ist in der ZDFmediathek die "sportstudio reportage: Millionenspiel EM - letzte Chance für den DFB?" zu sehen. Der Film zeigt, wie sehr der deutsche Fußball und der DFB eine erfolgreiche EM benötigen.

    Der Film von ZDF-Reporter Markus Harm beleuchtet die "tiefroten Zahlen", die auch den aktuell viel diskutierten Ausrüsterwechsel nach 70 Jahren hervorgerufen haben. Der hohe Kostenfaktor DFB-Akademie, die finanzielle Zurückhaltung der großen Sponsoren und die drohende Aberkennung der Gemeinnützigkeit rücken dabei in den Fokus.

    Auch Volkswagen will sparen

    Holger Blask, Vorsitzender der Geschäftsführung der DFB GmbH & Co. KG, verhehlt nicht, dass es dem Verband bei der Ausschreibung ums Geld gegangen ist: "Nike hat das mit Abstand beste wirtschaftliche Angebot abgegeben."
    Auch mit einem anderen seiner wichtigsten Sponsoren hat der DFB große Sorgen. Dem ZDF liegt der Vertrag zwischen dem Verband und Volkswagen vor. Der läuft Ende des Jahres aus. 2023/24 zahlt der Konzern rund 40 Millionen Euro. Damit soll nun Schluss sein, wenn der Vertrag in diesem Jahr ausläuft.
    VW will nach ZDF-Informationen pro Saison nur noch 18 Million Euro für das Sponsoring überweisen, weniger als die Hälfte. Ein anderes Unternehmen steht nicht parat.

    Wo hat der DFB 15 Millionen gespart?

    Im Juni vergangenen Jahres bezifferte Schatzmeister Stephan Grunwald das strukturelle Defizit auf 19,5 Millionen Euro. Zum Jahresende 2023 gab der Verband den Finanzbericht für das Jahr 2022 heraus. Darin heißt es, der DFB habe nur noch ein Defizit von 4,2 Millionen Euro. Wie genau der Verband die rund 15 Millionen Euro eingespart hat, dazu will er keine Angaben machen.
    Oliver Bierhoff und Markus Harm
    Mai 2019: DFB-Sportdirektor Oliver Bierhoff, der Architekt der DFB-Akademie, im Gespräch mit ZDF-Reporter Markus Harm über das "Leuchtturm-Projekt", die Finanzierung, und die Zukunftsperspektiven des Verbands.03.05.2019 | 2:23 min
    Ein erheblicher Kostenfaktor ist die Akademie: Nach ZDF-Recherchen betrugen die Gesamtbaukosten 182 statt wie veranschlagt 150 Millionen Euro. Abgezogen von der Gesamtsumme sind schon die rund 13 Millionen Euro Zuschüsse von FIFA und UEFA, ansonsten wäre der Prestigebau unterm Strich noch viel teurer geworden.

    DFB will den Campus effektiver nutzen

    Der Unterhalt verschlingt 19 Millionen Euro im Jahr. Der Liga-Aufsichtsratschef und DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke sagt heute zum Campus: "Natürlich war der Bau zu groß und teuer."
    Jetzt gibt es unter Leitung von Alexander Wehrle, Vorstandsvorsitzender des VfB Stuttgart und Aufsichtsratsvorsitzender der DFB GmbH & Co. KG, neue Pläne, die Infrastruktur besser zu nutzen.

    Kölner Keller bald aus Frankfurt?

    Nach ZDF-Informationen soll der Kölner Keller nach Frankfurt umziehen. Also: das Herzstück für die Schiedsrichter beim VAR-Einsatz bei Bundesligaspielen und im DFB-Pokal.
    Damit will der Verband den Campus intensiver auslasten. Das wohl schon ab der neuen Saison. Watzke findet die Pläne "grundsätzlich ganz vernünftig".

    Neuendorfs Fehler

    DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat in seiner Amtszeit mit den Männern wie den Frauen jeweils eine nahezu unterirdisch schlechte WM erlebt. Bei der WM 2022 in Katar hat er sich mit der One-Love-Binde politisch verrannt, bei der Frauen-WM 2023 in Australien war er gar nicht anwesend.
    Erst hielt er an Hansi Flick fest, dann an Martina Voss-Tecklenburg - in beiden Fällen ein Fehler, der Zeit und Geld kostete.

    Aberkennung der Gemeinnützigkeit kostet Geld

    Erschwerend kommt hinzu: Dem DFB ist für die Jahre 2014 und 2015 vom Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkannt worden. Das kostet den Verband rund 30 Millionen Euro.
    Der Jurist Stefan Skulesch warnt davor, dass die Gemeinnützigkeit für weitere Jahre entzogen werden könnte: "2016, 2017 und 2018 bis hin zu 2020 werden noch einmal separat beurteilt. Die Finanzverwaltung wird keine wesentlich anderen Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung haben, als die die sie bereits 2014 und 2015 hatte."
    Aus seiner Sicht sei es "mehr als wahrscheinlich, dass das dann zur gleichen Beurteilung führen wird - und dann auch zum Entzug der Gemeinnützigkeit für diese Jahre. Also wir können hier unter Umständen von einer Steuermehrbelastung von 100 Millionen Euro sprechen." Das würde den Verband in seinen Grundfesten erschüttern.

    Von EM-Fieber keine Spur
    :Die Mehrheit glaubt ans Vorrunden-Aus

    Kaum Freude auf die EM, Image im Keller, Präsident in der Kritik: Eine Umfrage für den ZDF-Film "Millionenspiel EM - letzte Chance für den DFB?" liefert erschütternde Ergebnisse.
    von Markus Harm und Frank Hellmann
    21.11.2023, Fußball-Länderspiel Österreich - Deutschland. Im Ernst-Happel-Stadion habe deutsche Fans ihre Fahnen zurückgelassen.

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