Neuer Keeper für die SGE: Santos ersetzt verletzten Trapp
Neuer Keeper für die SGE:Brasilianer Santos im Blickpunkt
von Frank Hellmann, Frankfurt
|
Kauã Santos rückt bei Eintracht Frankfurt für den verletzten Kevin Trapp ins Tor. Der Brasilianer musste sich in Deutschland an vieles erst gewöhnen.
Der Brasilianer Kauã Morais Vieira dos Santos vertritt den verletzten Torwart Kevin Trapp bei Eintracht Frankfurt.
Quelle: Imago
Es war Ritual bei Heimspielen von Eintracht Frankfurt, dass die Fans beim Verlesen der Aufstellung den Namen ihrer Nummer eins besonders laut brüllten. Auf das "Kevin" von Stadionsprecher Daniel Wolf folgte ein langgezogenes "Traaaapp". Kevin Trapp, 34, ist schließlich Keeper und Kapitän und im neunten Jahr bei den Hessen.
Nun aber fehlt die Institution und Identifikationsfigur wegen einer Oberschenkelverletzung für mehrere Wochen. Die Blicke richten sich beim Bundesliga-Topspiel gegen Borussia Mönchengladbach (Samstag 18.30 Uhr/ausführlicher Spielbericht im aktuellen sportstudio ab 22.30 Uhr im Livestream) auf einen 21-jährigen Brasilianer, dessen vollen Namen Kauã Morais Vieira dos Santos selbst beim eigenen Anhang nicht jeder kannte.
Studiogast ist DFB-Sportdirektor Rudi Völler. Katrin Müller-Hohenstein moderiert die Sendung zum 250. Mal.21.09.2024 | 86:36 min
Der 2023 verpflichtete Nachwuchskeeper sollte eigentlich in Ruhe reifen. Santos bestritt vor seiner Einwechslung vergangenen Samstag beim VfL Wolfsburg (2:1) lediglich 13 Spiele für die U23 in der Regionalliga Südwest. Nun wird der 1,96-Meter-Hüne auch beim Europa-League-Auftakt gegen Viktoria Pilsen (26. September) gebraucht. Sollten ihm keine groben Patzer unterlaufen, könnte er bis zum Klassiker gegen den FC Bayern (6. Oktober) spielen.
Santos' Vorbild ist Nationalkeeper Ederson
Bis dahin wird man wissen, ob der Vertreter das Vertrauen rechtfertigt. Die Eintracht-Verantwortlichen haben ihrer Nummer 40 demonstrativ den Rücken gestärkt. Trainer Dino Toppmöller beteuerte, dass er den extrem geschmeidigen Santos ja deshalb zur Nummer zwei gemacht habe, weil "wir die großen Entwicklungsschritte und das große Talent sehen".
Hat Santos vielleicht sogar das Potenzial, sich zum internationalen Spitzenmann wie seine Landsleute Alisson (FC Liverpool) oder Ederson (Manchester City) zu entwickeln? Nationaltorwart Ederson gilt als Vorbild des jungen Familienvaters, der mit Frau Marya und Töchterchen Luisa in Frankfurt lebt.
Die Eintracht scoutet weltweit - auch bei Torhütern
Wie ist die Eintracht überhaupt auf einen Keeper vom Zuckerhut gekommen, wo doch gemeinhin Deutschland als Torwart-Land gilt? Mit Heurelho Gomes 2013 bei der TSG Hoffenheim gab es in der Bundesliga-Geschichte nur einen brasilianischen Tormann. Doch die Frankfurter Scouting-Abteilung fahndet datenbasiert auf der ganzen Welt nach Talenten. "Über unseren Algorithmus, über Daten", so Hardung, sei man auf Santos aufmerksam geworden.
Danach habe man sich näher mit dem in Vassouras in der Nähe von Rio de Janeiro geborenen und in der Akademie des Traditionsklubs Flamengo ausgebildeten Ballfänger beschäftigt und dann vor Ort Gespräche geführt. "So stellten wir fest, dass es gut passen könnten." 1,6 Millionen Euro soll die Verpflichtung letztlich gekostet haben.
Anfangs Probleme mit der Pünktlichkeit
Am Anfang mussten beide Seiten sich aneinander gewöhnen, wie Torwarttrainer Jan Zimmermann in einem Klub-Podcast verriet: "Wenn wir um 11 Uhr Training haben, gehört es bei uns dazu, um 10:15 Uhr im Gym anzufangen. Wenn ein Torwart das nicht macht, kann ich nicht sicher sein, dass er Profi wird."
Also hat er seinen Schützling einmal morgens um fünf Uhr zum Küchendienst antanzen lassen, um ein besseres Zeitgefühl zu vermitteln. In Brasilien sei die Ankunftszeit eher eine Handlungsempfehlung gewesen, erklärte Hardung mit einem Augenzwinkern. Mit der Pünktlichkeit hat der Profi nun kein Problem mehr.
Es war ihr Kindheitstraum, mittlerweile moderiert Katrin Müller-Hohenstein das aktuelle sportstudio schon seit fast zwei Jahrzehnten - am Samstag zum 250. Mal.
Lerninhalt für Santos: "Risikoabwägung"
Wichtig wird es sein, dass Santos auch den richtigen Zeitpunkt beim Abspiel nicht verpasst. Zimmermann nennt es "Risikoabwägung". Aus der Heimat brachte die Torwarthoffnung die Eigenschaft mit, recht lange den Ball am Fuß zu halten, mitunter einen Gegenspieler auszudribbeln, was er früher als Feldspieler beim Futsal lernte.
"Aber wir sind eben nicht beim Futsal, sondern beim Fußball", betont Hardung. "Als Torwart bist du der letzte Mann und stehst unter maximalem Druck." Erst recht beim ersten Auftritt in der Frankfurter Arena mit dem erwartungsfrohen Eintracht-Anhang.