Scientology und Kinder: Verfassungsschutz warnt vor Podcast

    Verfassungsschutz warnt:Scientology-Inhalte via Kinder-Podcast?

    Julia Klaus
    von Julia Klaus
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    Der Verfassungsschutz warnt in seinem Bericht vor Scientology-Formaten speziell für Kinder. Warum ein Podcast mit vermeintlich harmlosen Bauernhof-Geschichten noch verfügbar ist.

    Berlin: Scientology Kirche
    Scientology-Kirche in Berlin (Archiv)
    Quelle: Imago

    Der Verfassungsschutz warnt in seinem Jahresbericht erneut vor Scientology-Formaten im Internet, die Kinder ansprechen sollen. Darunter ist ein Podcast, der noch immer bei gängigen Anbietern verfügbar ist.
    "Tierische Abenteuer von Amandas Bauernhof" mutet auf den ersten Blick harmlos an. Es geht um zwei Mäusekinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen. Produziert hat ihn die Scientologin Gloria S. aus Niedersachsen. ZDFheute hatte vor einem Jahr Kontakt mit ihr, sie hat die Urheberschaft bestätigt - allerdings habe das nichts mit Scientology zu tun und sei ihr privates Projekt. Scientology geht oft mit Tarnorganisationen vor. Nichts an dem Podcast weist zunächst auf Scientology hin.

    Medienaufsicht hat Podcast geprüft

    Die Medienaufsicht Niedersachsen, die aufgrund des Wohnorts der Scientologin zuständig ist, hatte Anfang des Jahres geprüft, ob der Podcast Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung beeinträchtigt. Ergebnis: Man könne "keine medienrechtlichen Verstöße feststellen", schreibt ihr Direktor auf Anfrage von ZDFheute. Und weiter:

    Die Inhalte des Podcasts sind sehr generell gehalten, es gibt beim Hören keine direkten Rückschlüsse auf Scientology. Im Gegenteil: Mal geht es darum, dass man keine Drogen nehmen soll. In einer anderen Folge geht es darum, dass man nicht stehlen soll. Grundsätzlich gibt es an solchen Aussagen auch nichts zu beanstanden - auch, wenn sie von Scientology stammen.

    Christian Krebs, Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt

    Tatsächlich erleben die beiden Mäusekinder und andere Bauernhofbewohner in 25 Episoden mehrere "Abenteuer", die stets mit erzieherischen Inhalten verbunden sind. In der letzten Folge ist eine der Mäuse auf einem Drogen-Pilz-Tripp und erbricht sich danach. Laut der Scientologin Gloria S. ist der Inhalt für Kinder ab drei Jahren gedacht.

    Sekten-Experte: "Erwachsene in kleinen Körpern"

    Der Sekten-Experte Matthias Pöhlmann warnt indes vor Scientology-Maßnahmen gegenüber Kindern:

    Scientology sieht Kinder als Erwachsene in kleinen Körpern. Sie sollen früh indoktriniert werden.

    Matthias Pöhlmann, Sekten-Beauftragter der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern

    Das Konzept hinter solchen kinderspezifischen Scientology-Angeboten heißt "Applied Scholastics". Von Nachhilfe bis Kinderbetreuung sollen damit scientologische Inhalte vermittelt werden. In Dänemark hatte Scientology gar eigene Schulen betrieben. In Deutschland beobachtet der Sekten-Experte Pöhlmann ein ähnliches Bestreben:

    In Bayern gibt es ein Nachhilfeinstitut, das mit der Studiertechnik des Scientology-Gründers Lafayette Ron Hubbard arbeitet.

    Matthias Pöhlmann, Sekten-Beauftragter der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern

    Hubbard verfolgte mit Scientology das Ziel, eine neue Weltordnung zu schaffen, in der eine scientologische Elite über andere herrscht. Demokratische Wahlen sollte es in diesem System nicht mehr geben. Obwohl schon 1986 verstorben, wirken seine Ideen noch immer nach.

    250.000 Euro für höchste Bewusstseinsebene

    Scientology kann besonders in den USA vermögende Promis zu ihren Anhängern zählen. Dass es im System Scientology auch ums große Geld geht, wird oft kritisiert. Um die höchste Bewusstseinsebene zu erreichen, wären rund 250.000 Euro nötig, schätzt Experte Pöhlmann.
    Auf den ersten Blick spielt Scientology in Deutschland derzeit keine große Rolle. Im Verfassungsschutzbericht findet sich erst ganz am Ende ein Kapitel über die Organisation. Die Anzahl ihrer Anhänger schätzt das Bundesamt auf rund 3.600 - ähnlich hoch wie im Jahr zuvor. Doch eine potentielle Gefahr sehen die Verfassungsschützer sehr wohl: "Wesentliche Grund- und Menschenrechte, wie beispielsweise die Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit" wären in einer scientologischen Gesellschaft nicht gewährleistet.