Aussage zu Steuererhöhungen:Christian Lindner auf re:publica ausgebuht
von Dominik Rzepka
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Buh-Rufe für den Finanzminister: Christian Lindner argumentiert auf der Digitalkonferenz "re:publica" gegen Steuererhöhungen - und zieht damit den Zorn vieler Besucher auf sich.
Christian Lindner (FDP) auf der re:publica. Die Digitalkonferenz ist am Montag in Berlin gestartet.
Ganz am Ende wird's ungemütlich für Christian Lindner. Warum Unternehmen so selten besteuert werden, wenn sie an die nächste Generation vererbt werden, wird er gefragt. Doch der Finanzminister antwortet nicht so, wie die Mehrheit der Besucher sich das wünscht.
Soll der Staat einem Familienunternehmen denn Geld wegnehmen, wenn die Gründerin stirbt? Soll das Unternehmen dann Schulden machen, um an frisches Kapital zu kommen? Ist das nicht schlecht für die dortigen Arbeitsplätze? "Nein, ich halte das für keinen guten Rat. Mich überzeugt's nicht", sagt Lindner auf der "re:publica". Aus dem Publikum kommen Buh-Rufe.
"Furchtbar", sei der Auftritt von Lindner, sagt eine junge Besucherin am Rand der Bühne. Inhaltlich liege Lindner völlig falsch. Die junge Frau ist Mitglied der Grünen.
Millionenerbin fordert höhere Steuern für Reiche
Sie haben hier offenbar gehofft, dass der FDP-Vorsitzende heute keine FDP-Positionen vorträgt. Oder sie wollten ihm für seine FDP-Positionen zumindest einmal ordentlich Kontra geben.
Die Sympathien sind eindeutig verteilt. Direkt vor Lindner spricht Marlene Engelhorn, 30 Jahre alt, Millionenerbin. Sie fordert höhere Steuern für die Reichsten. Vor allem, wenn Unternehmen an die nächste Generation übertragen werden.
Am Auftritt des Kanzlers auf der re:publica 2022 gab es Kritik: Scholz hatte sich Moderatorin Linda Zervakis selbst ausgesucht. Daraus ziehen die Veranstalter jetzt Konsequenzen.
von Dominik Rzepka
mit Video
"Da sind wir uns überhaupt nicht einig"
Lindner hingegen hat einen schweren Stand. Vermögensteuer? Lehnt er ab. Eine Steuer auf Handwerksbetriebe? Lehnt er ab. Das Publikum wird unruhig. Lindner weiß, dass er die Halle gegen sich hat. "Da sind wir uns überhaupt nicht einig", sagt er. "Das ist Demokratie", sagt er. Und:
Lindner wirbt stattdessen für eine Steuer für große Konzerne wie Apple, eine Mindestbesteuerung. Er kündigt mehr Geld für Cybersicherheit an. Er verspricht einem 17-jährigen Besucher einen halbwegs stabilen Rentenbeitrag dank Aktienrente. Und am Schluss bietet er sich als Arbeitgeber an: Im Finanzministerium gebe es "Job opportunities", werbetextet er.
Von der Kunst des Scheiterns
Die meiste Zeit reden Lindner und die re:publica aneinander vorbei. An Co-Moderator Andreas Gebhard liegt das nicht. Man duzt sich. "Christian, wir kennen uns seit 23 Jahren", sagt er. Gebhard und Lindner haben schon einmal ein Unternehmen zusammen in den Sand gesetzt. "Hast du damals gelernt, mit Scheitern umzugehen?"
Wer in der FDP sei, müsse immer mit Scheitern umgehen, sagt Lindner. Und dass derjenige, der etwas Neues wagt, sich immer dem Risiko des Scheiterns aussetzt. Lindner hat mit seinem Auftritt auf der re:publica etwas Neues gewagt. Und ist gescheitert. Aber immerhin ist er sich hier und heute treu geblieben.
Auch Habeck und Neubauer werden auf der re:publica erwartet:
In Berlin startet die Digitalkonferenz re:publica unter dem Motto "Cash". Wirtschaftsminister Robert Habeck ist dabei, Finanzminister Christian Lindner und ein Fußball-Weltmeister.