Wahldebakel in Österreich: Ein "Tag zum Schämen" für die SPÖ

    Wahldebakel in Österreich :Ein "Tag zum Schämen" für die SPÖ

    Britta Hilpert
    von Britta Hilpert
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    Den falschen Vorsitzenden kürte die SPÖ-Wahlkommission am Samstag, musste sie heute zugeben. Man hatte die Stimmen falsch zugeordnet. Der SPÖ-Neuanfang ist damit in Trümmern.

    Andreas Babler spricht in ein Mikrofon und erhebt die Hand.
    Andreas Babler hat die Wahl jetzt doch gewonnen. Er wird nun neuer SPÖ-Chef.
    Quelle: dpa

    Andreas Babler lächelt nicht, als er ans Rednerpult tritt, obwohl er der Gewinner des Tages ist. Er spricht von einem "Tiefpunkt", er nennt es "schmerzhaft" für alle Beteiligten, das sind ungewöhnliche Sieger-Worte. Aber es ist der richtige Ton für den neuen SPÖ-Vorsitzenden, denn er ist Vorsitzender geworden einer Partei, die sich seit Monaten selbst zerlegt, die mit einer Vorsitzenden-Wahl damit abschließen wollte und nun statt einem Neuanfang einen "Tag zum Schämen" erlebt.
    Denn bei der Wahl des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Österreichs in Linz am Samstag war ein "technischer Fehler" passiert, so nennt es die Vorsitzende der Wahlkommission heute: in einer Excel-Tabelle wurden die Stimmen falsch zugeordnet.

    Doskozil wollte den Posten der amtierenden Vorsitzenden

    So kam es, dass es am Samstag zunächst hieß: Hans Peter Doskozil habe gewonnen, der Landeshauptmann des Burgenlandes und bekannt durch scharfe Worte und raue Stimme - beides hatte er in den letzten Jahren öfter hören lassen, Zielscheibe stets die amtierende SPÖ-Vorsitzende, Rendi-Wagner.
    "Dosko", wie man ihn in Österreich nennt, wollte ihren Sitz und Platz, er drängte auf Mitgliederbefragung, er ließ kaum ein gutes Haar an der Vorsitzenden. Die Umfragewerte gingen immer weiter abwärts. Irgendwann war es Rendi-Wagner leid, sie rief die Mitgliederbefragung aus.

    Bewerber-Chaos vieler

    Bezeichnend für die SPÖ ist aber, dass man sich erst dann Gedanken darüber macht, nach welchen Kriterien und Methode diese - für die SPÖ neue - Mitgliederbefragung über den Vorsitz ablaufen sollte. Und so versank der showdown zwischen Zweien erst einmal im Bewerber-Chaos von Vielen. Von vielen Scherz- oder unprofessionellen Bewerbungen blieben dann am Ende drei übrig:
    • die angeschlagene Rendi-Wagner,
    • der Herausforderer Hans Peter Doskozil
    • und Andreas Babler, Bürgermeister der niederösterreichischen Kleinstadt Traiskirchen.
    Babler wurde 2014 mit 75 Prozent zum Bürgermeister gewählt und wurde bekannt als eher linker Sozialdemokrat, als Kritiker der Asylpolitik, und der EU. Er beschrieb sie vor einigen Jahren einmal so: "es ist das aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat". Er hat das später relativiert, aber es zeigt, dass auch Babler ein Mann ist, der Zuspitzungen nicht scheut. Das und eine erfolgreiche Sozialpolitik in seiner Stadt macht ihn bei der SPÖ Basis populär.
    Bei den letzten Landtagswahlen in Österreich krieselte die SPÖ vor sich hin:

    Babler galt als glaubwürdige Alternative zu den streitenden Parteigranden

    Im Mitgliederentschied kam die bisherige Parteivorsitzende Rendi-Wagner auf den letzten Platz, sie zieht sich komplett aus der Politik zurück. Auf dem Parteitag in Linz am Samstag sollte die Delegierten-Stichwahl zwischen Doskozil und Babler entscheiden, wer ihr nachfolgen sollte. Babler zeigte sich kämpferisch, hielt eine flammende Rede - und dennoch gewann Doskozil - so der Eindruck. So der falsche Eindruck. Heute wurde nachgezählt und es kam heraus: 280 Stimmen für Doskozil, 317 für Babler, 5 ungültig.
    Für Doskozil zerschlägt sich damit das, was er selbst einen "Lebenstraum" nannte.

    Für mich ist damit das Kapitel Bundespolitik endgültig abgeschlossen.

    Hans-Peter Doskozil nach seiner Rückkehr ins Burgenland

    Erneute Auszählung angeordnet

    Andreas Babler ordnet erst einmal an, dass nochmals ausgezählt wird.

    Es ist jetzt wichtig, dass da keine Fragezeichen bleiben.

    Andreas Babler

    Das stimmt. Denn nach Monaten der SPÖ-Selbstbeschäftigung, streitenden Parteilagern und sinkenden Umfragewerten war die Art, wie die SPÖ ihren Vorsitzenden bestimmte, von Beginn an verstolpert. Beim Krönungsparteitag von Linz wurde das bisschen Aufbruchstimmung durch die "technische Panne" auch noch spektakulär verspielt.
    Es gibt heute kaum Sozialdemokraten, die nicht die Worte "Einigkeit" und "in die Zukunft blicken" betonen - denn im Herbst nächsten Jahres stehen Nationalratswahlen an. Wenn nicht sogar schon früher. Denn wie es ein Kommentator formulierte: "ich kann mir nicht vorstellen, dass man als politische Konkurrenz da keine Lust auf Neuwahlen hat".

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