SPD-General kritisiert FDP:Miete: Der nächste Streit der Ampel
von Hannah Freitag
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Neue Diskussion in der Ampel-Koalition: Die SPD will Mieter schützen und macht sich für einen bundesweiten Mietenstopp stark. Die FDP lehnt den Vorschlag ab.
Bei ihrer Klausurtagung auf Schloss Meseberg hat sich die Ampelkoalition fest vorgenommen, öffentlichen Streit künftig zu vermeiden. Wäre da nicht das Thema Mietenstopp.05.09.2023 | 7:45 min
Mit gesenktem Blick schaut Sandra Kieseheier aus Schwerte auf das neueste Schreiben ihres Vermieters: eine weitere Mieterhöhung. Seit dem Einzug ihrer Familie im Januar 2020 ist die Kaltmiete um 20 Prozent gestiegen.
Die Kieseheiers haben einen sogenannten Indexmietvertrag. Das heißt: Die Miete steigt mit der Inflation. Dazu kommen hohe Nebenkosten für Heizung und Strom.
"Es ist alles teurer geworden. Mit der Miete angefangen über die ganz normalen Sachen, die sowieso gestiegen sind", sagt Kieseheier im Gespräch mit ZDF frontal.
Wie Familie Kieseheier leiden Mieter in Deutschland unter hohen Wohnkosten. Bei einer aktuellen Umfrage von YouGov geben vier von zehn Teilnehmern an, sich ihre Wohnkosten "gerade so" noch leisten zu können. 7,4 Prozent sagen, sie könnten sich ihre Mieten "eigentlich nicht mehr" leisten.
Die Inflation spürt man nicht nur an der Ladenkasse oder der Zapfsäule. Auch bei den Wohnkosten stoßen viele Deutsche inzwischen an ihre Grenzen. Nebenkosten fast so hoch wie die Miete.10.11.2022 | 30:07 min
Ampel-Koalition will Mieter eigentlich besser schützen
Dabei hatte die Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag vereinbart, Mieter besser zu schützen. Zuständig für Mietrecht ist Justizminister Marco Buschmann (FDP). Sein Ministerium hat nach der Halbzeit der Koalition allerdings noch keine der Maßnahmen umgesetzt, um Mietsteigerungen zu drosseln.
"Jeder Tag, an dem die Kappungsgrenze - also die maximale Mieterhöhungsmöglichkeit - in einer angespannten Wohnlage nicht abgesenkt wird - und das passiert bislang wegen Herrn Buschmann nicht -, an jedem dieser Tage können exorbitante Mietsteigerungen vorgenommen werden", sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert im Interview mit frontal.
SPD fordert Mietenstopp, FDP ist dagegen
Die SPD hat unterdessen ein eigenes Maßnahmenpaket vorgelegt, das über die Beschlüsse im Koalitionsvertrag hinausgeht. Die Sozialdemokraten fordern unter anderem einen "bundesweiten Mietenstopp". In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt sollen die Mieten in den kommenden drei Jahren um maximal sechs Prozent steigen dürfen.
Sie gehören zur Mittelschicht, haben ein gutes und sicheres Einkommen – Familien, die zur Miete wohnen, aber eine neue Wohnung suchen. Oft bleibt ihre Wohnungssuche erfolglos.28.03.2023 | 7:36 min
Der Koalitionspartner FDP lehnt einen Mietenstopp ab. "Es wird nicht funktionieren, mit einem Mietenstopp die Preise einzufrieren", sagt der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst. "Das ist die falsche Antwort."
Neuer Streit in der Koalition. Dabei hatte der Kanzler bei der Regierungsklausur auf Schloss Meseberg Ende August Ruhe verordnet - zumindest in der Öffentlichkeit. "Wir werden hämmern und klopfen, aber mit Schalldämpfern", sagte Olaf Scholz. "Es soll ja nicht mehr gehört werden."
Trotz aller Meinungsverschiedenheiten sind sich die Parteien in einer Sache einig: Es gibt insgesamt zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Experten warnen, dass ein Mietenstopp den Bau neuer Wohnungen behindern könnte.
Expertin: Baubranche hat zu wenig Sicherheit
Damit sich Investoren zum Bau neuer Wohnungen entschließen, müssten sie Sicherheit über die Erträge - also die Mieteinnahmen - haben, sagt die Wirtschaftsweise Professorin Veronika Grimm. "Wenn jetzt die Politik dauernd wieder in den Markt eingreift, dann ist das nicht gegeben", sagte Grimm im Interview mit ZDF frontal. "Und das dürfte natürlich die Bautätigkeit einbremsen."
Der Mieterbund hält dagegen: Maßnahmen wie der Mietenstopp oder die Mietpreisbremse würde nur für Bestandswohnungen gelten, nicht für Neuvermietungen. "Das ist also kein Investitionshemmnis", erklärt Lukas Siebenkotten, Präsident Deutscher Mieterbund. "Der Neubau ist davon nicht betroffen."
Während die Koalition und Experten in Berlin diskutieren, sucht Sandra Kieseheier für sich und ihre Familie eine neue Wohnung in Schwerte, weil sie sich die hohe Miete nicht mehr leisten kann. Das Versprechen der Ampel-Koalition, sich um die Mieter zu kümmern, hilft ihnen jedenfalls nicht weiter.
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