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Mandate zurückgefordert:Bruch mit Wagenknecht: Linke vor Spaltung?
von Andrea Maurer
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Parteispitze und Parteivorstand der Linken haben den Bruch mit ihrer prominentesten Vertreterin einseitig vollzogen. Die Fraktionsspitze distanziert sich. Was nun? Eine Analyse.
Leitfigur und Zankapfel: Sahra Wagenknecht ist eine der prominentesten Linken. Wie lange gehört sie noch zur Partei? (Archivbild)
Quelle: epa
Es ist ein Bruch, von dem aus es kein Zurück mehr geben kann. "Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht", sagt Parteichef Martin Schirdewan.
Es ist ein Satz, der das Ende eines langen Wegs markiert, in dem die Parteispitze um eine Haltung zur prominentesten Vertreterin der Linkspartei gerungen hat. Einer Vertreterin, die sich immer wieder gegen Parteitagsbeschlüsse gestellt und in einem exklusiven Interview mit ZDFheute im Mai offen über einen Zeitplan für eine eigene Parteigründung nachgedacht hatte.
In der Linkspartei "zeigt sich der tiefe Riss", erklärt ZDF-Hauptstadtkorrespondent Theo Koll:
An Versöhnung glaubt in der Linken niemand mehr
Vorangegangen war ein Ultimatum, von dem bis zuletzt bestritten wurde, dass es eines gibt - das Parteichefin Wissler am Samstag aber bestätigte: Man habe ihr "als Parteivorstand zuletzt vor zwei Wochen sehr deutlich gemacht, dass sie öffentlich und zeitnah Abstand von dem Plan der Gründung einer konkurrierenden Partei" nehmen soll.
Am Tag als dieses Ultimatum verstrich gab Sahra Wagenknecht ein Interview in der "Welt" und wiederholte ihren Zeitplan:
Parteispitze und Parteivorstand können das nur als Provokation verstanden haben. Von einem "Damoklesschwert" spricht Janine Wissler, man werde nicht mehr hinnehmen, "dass es bis Ende des Jahres unsere Mitglieder und Wähler verunsichert." Der einstimmige Beschluss gestern, Wagenknecht zur Rückbgabe ihrer Mandate aufzufordern, ist der erste Beschluss des Parteivorstandes, in dem sie namentlich genannt wird. Es ist ein Ende der Formelkompromisse. An Versöhnung glaubt niemand mehr.
Ein "Knall" ohne Folgen? ZDF-Haupstadtstudioleiter Theo Koll mit einer Einschätzung:
Wie positioniert sich die Linken-Fraktionsspitze?
Soweit Parteispitze und Parteivorstand. Aber wie positioniert sich die Fraktion? Bis zuletzt sollen die Fraktionschefs Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali versucht haben, die Parteispitze zu überzeugen, Sahra Wagenknecht weiter einzubinden. An Sitzungen des Parteivorstandes können die Fraktionschefs als beratende Stimme teilnehmen, bei der Entscheidung gestern waren sie allerdings nicht anwesend, ist zu hören.
Amira Mohamed Ali twittert kurz nach dem Beschluss, dass sie die Entscheidung "für einen großen Fehler" hält. Es gehöre nicht zur Aufgabe, "Vorstandsbeschlüsse gegen eigene Mitglieder zu fällen und öffentlich breitzutreten." Deutlicher kann eine Distanzierung kaum sein. Dass Mohamed Alis eigener niedersächsischer Landesverband den Beschluss dagegen "begrüßt", zeigt die tiefe Spaltung, die durch die Linke geht.
Tweet von Amira Mohamed Ali
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Das wird auch durch das Statement der Bundestagsbgeordneten Klaus Ernst und Alexander Ulrich verdeutlicht. Ausgerechnet jene, die ihr Mandat Wagenknecht verdanken würden, würden sie nun zum Mandatsverzicht auffordern, heißt es in einer Mitteilung von Ernst und Ulrich. Der Parteivorstand spalte mit seinem Beschluss die Fraktion und führe sie "in die Bedeutungslosigkeit".
Bruch mit Wagenknecht: Es gibt jetzt nur noch Dafür oder Dagegen
In Partei und Fraktion kann es nur noch zwei Haltungen geben: Dafür oder Dagegen. Gesine Lötzsch, eine der drei Abgeordneten, deren Direktmandat die Linksfraktion im Parlament trotz 4,9-Prozent überhaupt möglich gemacht hat, twittert: "Warum fragt der Vorstand der @linke nicht mal nach unserer Meinung?" Andere wie der ehemalige Parteichef Bernd Riexinger stellen sich hinter die Entscheidung. Riexinger hofft auf eine Rückkehr ausgetretener Parteimitglieder.
Tweet von Gesine Lötzsch
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Über allem hängt das Damoklesschwert: Treten drei Abgeordnete aus der Fraktion aus, verliert die Fraktion ihren Status und wird zur Gruppe.
Kann sich Wagenknecht-Lager zurücklehnen?
Der Ball liegt nun im Feld von Wagenknecht und der Fraktion. Es gibt kein Parteiausschlussverfahren - das sei zu lang und zu kompliziert, sagt der Parteivorstand.
Auf die Frage, was passieren wird, ist aus dem Umfeld Sahra Wagenknecht zu hören: "Erstmal nichts." Das Wagenknecht-Lager kann sich gewissermaßen "erstmal" zurücklehnen. Es gibt die Aufforderung des Parteivorstandes an Wagenknecht und alle anderen Mitglieder, die mit dem Gedanken einer Parteigründung spielen, ihr Mandat niederzulegen - dann könnten Nachrücker von den Landeslisten in den Bundestag folgen. Aber niemand muss der Aufforderung nachkommen.
Die Entscheidungsschlacht ist jetzt "erstmal" der Fraktion überlassen. Ihre nächste Sitzung: am Dienstag.
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