"Letzte Generation" möchte Klima-Bürgerrat mit AfD-Wählern
"Letzte Generation" bei Lanz:Aktivisten wollen Klima-Rat mit AfD-Wählern
von Pierre Winkler
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Die "Letzte Generation" ruft nach einem Klima-Bürgerrat. Sprecher Theodor Schnarr betont bei Markus Lanz, dass sich dort auch Kritiker der Aktivisten einbringen sollten.
Über den Zustand der deutschen Gesellschaft und Protestkultur, zu den gesellschaftlich höchst umstrittenen Protesten der Klimabewegung sowie zur Verfasstheit der deutschen Demokratie20.07.2023 | 71:59 min
Tempo 100 auf deutschen Autobahnen und die dauerhafte Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets im öffentlichen Verkehr: Lange waren das die zentralen Forderungen der Klimaaktivisten der "Letzten Generation".
"Das waren Forderungen, wo ganz klar war: Das sind erste Sicherheitsmaßnahmen", sagte Theodor Schnarr, einer der Sprecher der Gruppe, bei Markus Lanz. "Das war auch noch vor dem letzten Winter, wo ganz klar gesagt wurde: Das sind Maßnahmen, wo wir nicht nur massiv CO2 sparen, Energie sparen, sondern eben auch Menschen das Geld in der Tasche lassen."
Was braucht es, um die Folgen des Klimawandels abzuwenden?
"Letzte Generation": Bunderegierung muss sich helfen lassen
Seitdem habe sich die Situation aber grundlegend geändert. Die Ampel-Koalition sei "orientierungslos" und nicht in der Lage, "diese einfachsten Sachen" umzusetzen. "Also muss sie sich helfen lassen von der Gesellschaft", sagte Schnarr. "Von uns als Gesellschaft, und das ist eben der Gesellschaftsrat."
Ein sogenannter Gesellschafts- oder auch Bürgerrat war schon früh eine Forderung der "Letzten Generation". Auf diesen solle sich jetzt alles konzentrieren. Ein solcher Klima-Bürgerrat, der die Bundesregierung für die Einhaltung der CO2-Ziele beraten solle, funktioniere so:
Klima-Bürgerrat soll "Lösungskatalog" erarbeiten
Die Rede war dabei zuletzt von 160 Personen. Schnarr wollte sich jetzt nicht auf eine genaue Größe festlegen. Über die genaue Form könne man sich noch unterhalten. Entscheidend sei, "dass aus den verschiedenen Lagern einzelne Menschen geholt werden, die dann auf Augenhöhe miteinander diskutieren können", sagte der Aktivist, "um dann einen Maßnahmenkatalog, einen Lösungskatalog zu erarbeiten, der dann, so wie er ist, an die Bundesregierung gegeben werden kann."
Scheitert die Ampel am Klimaschutz? Diese Frage wurde bei "maybrit illner" im Frühjahr diskutiert:
Dabei sollten auch Menschen zu Wort kommen, die den Aktionen und Zielen der "Letzten Generation" besonders kritisch gegenüberstehen:
Vor zwei Jahren bereits Bürgerrat
2021 hatte es bereits einen "Bürgerrat Klima" unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler gegeben. Dieser übergab im Herbst 2021 sein Gutachten mit insgesamt 77 Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung.
Expertinnen und Experten bewerteten den Einfluss dieses Berichts als überschaubar. "Es gibt viele Beispiele, dass das durchaus Foren sein können, die helfen können", räumt Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, bei Lanz ein.
Für die "Letzte Generation" seien Bürgerräte als Forderung allerdings schwierig: "Als das übergreifende Ziel, das passen soll zur Form der Proteste, das geht irgendwie nicht richtig zusammen." Sie riet den Aktivistinnen und Aktivisten, sich andere konkrete Ziele zu stecken, um die Menschen mit ihren Aktionen nicht vollends gegen sich aufzubringen.
"Was hat das noch mit repräsentativer Demokratie zu tun?"
Noch kritischer sieht der Journalist und Jurist Michel Friedman die Sache: "Was hat das noch mit repräsentativer Demokratie zu tun?", fragte er in der Sendung. Friedman zufolge verstehe die "Letzte Generation" ganz grundsätzlich die Sorgen der Menschen nicht.
Andere Probleme als der Klimawandel seien für viele noch dringlicher: Die meisten Menschen hätten momentan "Sorgen wegen der Inflation, die meisten Menschen haben Sorgen, über die Runden zu kommen".
Der weltweite Ausstoß von CO2 steigt weiter an: Für 2024 erwarten die Forschenden des Global Carbon Projects erneut einen Rekordwert. Welche Länder am meisten ausstoßen.