Exklusiv
Deutsche Zentrumspartei:Ex-AfD-Chef Meuthen wechselt in neue Partei
von Julia Klaus und David Gebhard
|
Der ehemalige AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen ist der christlichen Deutschen Zentrumspartei beigetreten. Früher fiel die mit radikalen Anti-Abtreibungskampagnen auf. Was will er dort?
Der ehemalige Vorsitzende der AfD, Jörg Meuthen, ist der christlich geprägten Deutschen Zentrumspartei (DZP) beigetreten. "Es ist die Deutsche Zentrumspartei, deren Mitglied ich seit ein paar Tagen bin", sagte er ZDFheute exklusiv. Und weiter:
Sehen Sie oben das komplette Interview.
Meuthens Weg in politische Bedeutungslosigkeit?
Die DZP spielt bundespolitisch keine Rolle, sie hat laut eigenen Angaben mehr als 500 Mitglieder.
Zentrums-Funktionäre haben kommunale Mandate inne und - weil das ehemalige AfD-Mitglied Uwe Witt zu ihnen übergelaufen ist - ein einziges Bundestagsmandat. Jörg Meuthen dürfte damit wohl bis auf weiteres in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwinden. Er sagt hingegen, man solle die Partei nicht "als Kreisliga darstellen".
Die DZP wurde 1870 gegründet und spielte im Kaiserreich und der Weimarer Republik als katholische Stimme eine wichtige Rolle. Konrad Adenauer war Zentrums-Mitglied, nach 1945 wurde die Partei bei Wahlen aber durch die CDU verdrängt.
Meuthens neue Rolle unklar
Ob er die Partei künftig führen werde, ließ er offen. Erst einmal wolle er einfaches Mitglied werden.
Die Partei passe zu ihm, "weil ich selbst ein religiöser Mensch bin mit einem klaren Gottesbezug und ich halte den Gottesbezug auch für vernünftig". Dass Meuthen gegen Geflüchtete hetzte und von "marokkanischen Netto-Nafris" gesprochen hatte, wischt er beiseite.
DZP: Tote Föten auf Pizza-Flyern
Meuthens neue Partei setzte sich in der Vergangenheit gegen Schwangerschaftsabbrüche ein. Vor einigen Jahren erregte sie Aufsehen mit Flyern, die auf den ersten Blick nach Werbung für Pizzen aussah. Auf den zweiten Blick jedoch waren darauf zerstückelte Föten zu sehen mit der Beschreibung: "Gemetzgert nach der Absaugmethode". Macht Meuthen bald mit bei provokanten Abtreibungsgegnern?
An dem Abtreibungsrecht würde er aber nichts ändern, so Meuthen. Aktionen wie die Flyer seien "Vergangenheit", das werde es künftig nicht mehr geben.
Daneben ist es gar nicht so einfach, die aktuellen DZP-Positionen zu erfahren. Ihr dreiseitiges Grundsatzprogramm, das mittlerweile von ihrer Webseite verschwunden ist, liest sich als christliches Allerlei, das aber kaum konkret wird. So betont man "christliche Grundsätze für Staat und Gesellschaft" und eine "Verantwortung vor Gott und den Menschen".
Es klingt auch so, als wolle die Zentrumspartei raus aus der EU, so richtig klar wird das aber nicht, denn sie bejaht lediglich "den konföderativen Zusammenschluss Europas aus souveränen Staaten".
Meuthens Weg ins politische Nirvana?
Meuthen war erst im Januar medienwirksam als AfD-Chef zurück- und aus der Partei ausgetreten. Er habe deren Kurs nicht mehr mittragen wollen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass er den Rechtsdrift jahrelang mitgetragen hatte und anfangs auch an Veranstaltungen der Rechtsaußen-Sympathisanten des mittlerweile aufgelösten "Flügels" teilgenommen hatte.
Meuthen könnte sich damit in eine Reihe von ehemaligen AfD-Vorsitzenden einreihen, die alle nach und nach im politischen Nirvana versunken sind: Bernd Lucke und Frauke Petry versuchten es mit eigenen Parteien, beide scheiterten. Meuthen hängt sich nun an eine bestehende ran. Seinen Sitz im EU-Parlament behält er. Er wertet die DZP damit auf.
Wird die Zentrumspartei zum Auffangbecken für gescheiterte AfDler?
Ob die DZP nun eine Art Auffangbecken für ehemalige AfDler wird? Der Bundestagsabgeordnete Witt war bereits zur DZP übergelaufen, nun folgt Meuthen. Dazu sagt er:
Einen Masseneintritt von ehemaligen AfD-Mitgliedern werde es nicht geben, weil es wichtig sei, die Mitgliedsaufnahme sorgsam zu überwachen. "Es reichen wenige Tropfen, um einen ganzen Brunnen zu vergiften." Er habe sechs oder sieben Mitgliedsanträge dabei.
Mit FDP, CDU oder Freien Wählern habe er keine Gespräche geführt.
Seine alte Partei, die in eineinhalb Wochen einen neuen Bundesvorstand wählt, bezeichnete er als "Auslaufmodell". Viele säßen "auf gepackten Koffern".
Thema