2:20 min
Neues Gesetz beschlossen:Ugandas queere Menschen in Lebensgefahr
von Susann von Lojewski
|
Das Parlament in Kampala hat harte Strafen beschlossen. Homosexuellen droht im schlimmsten Fall der Tod. Auch Heterosexuelle müssen mit Gefängnis rechnen - wenn sie helfen.
"Diese Personen sind Teufel, sie sollen zur Hölle fahren. Und wir werden diesen Kampf gewinnen." Musa Ecweru ist Abgeordneter in Uganda. Seine Rede gegen die queere Community wird immer wieder unterbrochen von Applaus und lautem Johlen.
So wie auch die seines Kollegen Charles Onen: "Es gibt für einen Mann nichts so Süßes und Gutes wie eine Frau." Anhaltender Beifall.
Verschärfung des Gesetzes gegen Homosexualität
Es ist erst wenige Tage her, dass das Parlament in Kampala über eine Verschärfung des Gesetzes gegen LGBTQ-Menschen abstimmte. Schon bis dahin waren sie nicht sicher in Uganda. Wer von Freunden, Nachbarn oder sogar der Familie denunziert wurde, landete im Gefängnis.
Viele flohen ins benachbarte Kenia. Auch dort ist Homosexualität verboten, bestraft aber wird nur, wer bei eindeutigen Handlungen erwischt wird. Homophobie aber - die ist auch hier weit verbreitet.
Schwule flüchten von Uganda nach Kenia
In einem Safe house am Stadtrand von Nairobi, Kenias Hauptstadt, leben schwule Flüchtlinge aus Uganda. Viele sind schon seit Jahren hier. Immer wieder müssen sie ihr Schutzhaus verlassen, weil die Vermieter ihnen kündigen. Homosexuelle nicht erwünscht.
Chris Wasswa lebt seit 2016 hier, er hat keinerlei Kontakt mehr zu seiner Familie in Kampala. Noch nach Jahren ist er fassungslos, was da passiert ist: "Meine Mutter hat mich geboren, sie hat mich aufwachsen sehen - und nun will sie nichts mehr mit mir zu tun haben, will, dass ich getötet werde". Lange hat der 28jährige versucht, seine Homosexualität zu bekämpfen.
Sein Mitbewohner Sulah Muwejje kümmert sich für die Organisation "NatureNetwork" um LGBTQ-Flüchtlinge. Seit das neue Gesetz verabschiedet wurde, bekommt er immer mehr Anrufe aus der alten Heimat. Schwule fragen nach einer Unterkunft. "Aber im Moment sind wir voll besetzt. Wir haben einfach nichts mehr frei". Sulah Muwejje hofft selbst auf Asyl in Kanada, doch seit sechs Jahren kann er nur eines - warten.
Abgeordneter will vors Verfassungsgericht ziehen
Zurück nach Uganda. Fox Odoi-Oywelowo war einer von nur zwei Abgeordneten, der gegen das Gesetz stimmte. Der studierte Jurist war einst Berater von Ugandas Präsident Yoweri Museveni. Seit er mit "nein" stimmte, werden er und seine Familie bedroht. "Menschen haben wochenlang versucht, mich zu beeinflussen. Sie haben mir wochenlang versucht, Angst einzujagen. Aber Du musst das Richtige tun, und das Richtige ist nicht, sich vom Mob bestimmen zu lassen."
Bisher steht die Unterschrift des Präsidenten unter das Gesetz noch aus. Sollte es dazu kommen, will Odoi-Oywelowo vor das Verfassungsgericht ziehen.
Ugandische Gesellschaft ist radikalisiert
Rechtssprechung ist das eine, homophobe Tendenzen das andere. Über 30 Länder in Afrika kriminalisieren Nicht-Heterosexuelle. So berichtet die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in ihrem neuesten Report von einer Transgender-Frau, die von Nachbarn bei der Polizei verraten wurde, dort geschlagen, ausgezogen und fotografiert wurde. Erst nach drei Tagen nackt und ohne Nahrung wurde sie entlassen.
Frank Mugisha, Geschäftsführer der Organisation Sexual Minorities Uganda, befürchtet, dass "die Strafverfolgungsbehörden gegen jede LGBTQ-Person vorgehen werden. Aber die ugandische Gesellschaft ist selbst schon radikalisiert. Sie werden gegen Mitglieder der Community Lynchjustiz üben." Das Büro der Organisation, die sich dem Schutz der queeren Community verschrieben hat, ist immer wieder von Schließung bedroht. Mugisha aber will sich davon nicht entmutigen lassen.