Gastro-Branche kämpft für dauerhafte Steuersenkung
Diskussion um Mehrwertsteuer:Gastro-Branche kämpft für Entlastung
von Torben Heine
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Die Umsätze in der Gastronomie liegen noch immer unter Vor-Corona-Niveau. Die Ampel will wohl nicht weiter mit Steuererleichterungen helfen. Die Branche hofft auf ein Umdenken.
Speisen im Restaurants wieder zum höheren Steuersatz? Die Gastronomiebranche wehrt sich gegen ein Auslaufen der aktuellen Regelung.
Quelle: colourbox.de
Die Gastronomie-Betriebe in Deutschland hangeln sich durch eine Krise nach der anderen: Erst waren es die harten Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch die Corona-Pandemie, seit Monaten stellen die galoppierenden Energie- und Erzeugerpreise die Branche vor große Herausforderungen.
Da kommt die Nachricht aus Berlin zur Unzeit: In den laufenden Haushaltsverhandlungen des Bundes deutet sich laut den Zeitungen der Mediengruppe Bayern an, dass die Ampelparteien den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen in der Gastronomie nicht verlängern wollen. Die bis 2023 befristete Sonderregelung aus der Corona-Pandemie, von der Getränke ausgenommen sind, könnte damit zum Jahresende auslaufen.
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Gastronomie nicht vollständig erholt
Die Gastronomie hat sich aber noch nicht wieder vollständig von den Krisen erholt. Daten des Statistischen Bundesamts zeigen: Die inflationsbereinigten Umsätze liegen nach wie vor unter dem Vor-Corona-Niveau.
Umsatzentwicklung der Gastronomie in Deutschland
ZDFheute Infografik
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Zudem geht die Anzahl der Betriebe stetig zurück: Gab es im Jahr 2019 noch 222.400 Gastronomie-Betriebe, waren es schon 2021 nur noch 186.000.
Opposition will dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer
Die CDU/CSU-Fraktion hatte in der vergangenen Woche einen Gesetzesentwurf zur dauerhaften Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes vorgelegt. Die Ampel-Fraktionen lehnten diesen ab.
"Dass nun SPD und FDP unseren Gesetzentwurf ablehnten, überrascht", sagt Antje Tillmann, Finanzsprecherin der CDU/CSU im Bundestag. "Die Ankündigungen des Finanzministers Anfang des Jahres und selbst die großzügigen Wahlversprechen von Olaf Scholz scheinen dort längst vergessen."
Linke: Steuererhöhung "grenzt Menschen aus und schadet dem Geschäft"
Die Linke warnt, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer letztlich an Kunden weitergegeben werden könnte:
Die Gefahr sieht auch der Branchenverband DEHOGA und mahnt an: "Eine Steuererhöhung zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe für die Betriebe und würde zu einem Preisschock für die Gäste führen - mit fatalen Folgen für die Gesellschaft, den Staat und die Gastgeber." Die dauerhafte Geltung der reduzierten Mehrwertsteuer sei "von zentraler Bedeutung für die Zukunftssicherung und Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe".
Explodierende Kosten für Lebensmittel, Energie und Personal belasten die Gastro-Betriebe. Die allgemeine Inflationsrate im April 2023 betrug bei Lebensmitteln 17,2 Prozent und bei Energie 21,1 Prozent. Nach einer Umfrage des Branchenverbandes DEHOGA vom April 2023 sind auch die Personalkosten deutlich höher als im Vorjahr - um durchschnittlich 21,5 Prozent.
Die Branche hat die steigenden Kosten dennoch nur bedingt an ihre Gäste weitergegeben. Die Preissteigerungen in der Gastronomie liegen laut DEHOGA bei vergleichsweise moderaten 9,4 Prozent.
Quellen: Statistisches Bundesamt, DEHOGA
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Ampel-Parteien sehen Verlängerung kritisch
Die Ampel-Parteien verweisen auf die laufenden Gespräche zum Bundeshaushalt. SPD und Grüne rechnen vor, dass der ermäßigte Steuersatz für den Staat jedes Jahr Mindereinnahmen von über drei Milliarden Euro bedeuten würde.
SPD-Finanzsprecher Michael Schrodi hält sich zu den Haushaltsverhandlungen daher bedeckt: "Zunächst muss es Klarheit über die Spielräume im Haushalt geben", sagt er. Über den ermäßigten Steuersatz werde man "zu gegebener Zeit" entscheiden.
Grüne: Entlastung würde "nicht ausreichend den gewünschten Effekt bewirken"
Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Katharina Beck, gibt einen bürokratischen Extra-Aufwand durch die Mehrwertsteuersenkung zu bedenken. Zudem würden die Entlastungen einer dauerhaften Mehrwertsteuersenkung "wahrscheinlich nicht ausreichend den gewünschten Effekt des ökonomischen Aufschwungs in der Gastro bewirken".
Nicht nur Kostendruck macht Gastronomie zu schaffen
Auch der Branchenverband DEHOGA sieht hier Handlungsbedarf. Zusätzlich zur Entlastung durch eine dauerhafte Steuersenkung müsse Bürokratie abgebaut, die Wertschätzung von Ausbildungsberufen gestärkt und die Ausbildungsbetriebe mehr unterstützt werden.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz lobt der Verband als richtigen und wichtigen Schritt.
Ampel will Haushaltsentwurf im Juli vorlegen
Die Beratungen für den Bundeshaushalt 2024 dauern an. Anfang Juli wollen die Ampel-Fraktionen einen Entwurf vorlegen. Über die Verlängerung der Sieben-Prozent-Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants dürfte bis dahin noch intensiv diskutiert werden.