Frankreich: Verbot von Abayas an Schulen

    Ganzkörpergewänder in Frankreich:Diskussion um Abaya-Verbot an Schulen

    von Lukas Nickel
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    In Frankreich ist das Tragen religiöser Symbole an Schulen verboten. Dazu zählt die Regierung nun auch Abayas, also Ganzkörpergewänder. Das sorgt für Streit zum Schulanfang.

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    Pünktlich zum Schulanfang hat der neue Bildungsminister eine Entscheidung gefällt: Das Tragen der Abaya, einem langen Gewand aus der arabischen Welt, ist künftig untersagt.04.09.2023 | 2:03 min
    Die Regierung werde "nichts durchgehen lassen", was Abayas und ihr männliches Pendant Qamis betreffe, bekräftigte der französische Präsident Emmanuel Macron am vergangenen Freitag im Rahmen eines Schulbesuchs.
    Macrons Bildungsminister Gabriel Attal hatte am Vortag das Verbot von Abayas offiziell gemacht. In einem Rundschreiben des Bildungsministeriums heißt es:

    Das Tragen solcher Kleidung, die im schulischen Umfeld demonstrativ eine religiöse Zugehörigkeit zum Ausdruck bringt, darf dort nicht geduldet werden.

    Rundschreiben des französischen Bildungsministeriums

    Strenge Trennung von Religion und Staat in Frankreich

    Die Abaya ist langes Gewand, das ursprünglich aus dem arabischen Raum kommt und nun auch in Frankreich vermehrt getragen wird. Sie wird meist über die eigentlichen Kleider gelegt und verdeckt in der Regel den gesamten Körper bis auf die Hände und das Gesicht.
    Frankreich versteht sich als laizistisches Land. Das bedeutet die strikte Trennung von Religion und Staat. Die französische Republik soll ihre Neutralität gegenüber dem Glauben wahren und gleichzeitig dessen freie Ausübung im Privaten schützen. Für den Staat, so die Idee, sind alle gleich.
    Amtsträger wie zum Beispiel Lehrer dürfen deswegen anders als in Deutschland keine religiösen Symbole wie Kopftücher tragen - denn das würde ihre Religionszugehörigkeit zeigen.
    Seit 2004 ist das Tragen von religiösen Symbolen an Schulen verboten. Jetzt werden auch Abayas darin eingeschlossen.

    Kritik von links, Freude von rechts

    Dass die Ganzkörpergewänder religiöse Zeichen sind, ist allerdings umstritten. Der französische Rat der Muslime ist der Ansicht, dass die Abaya kein religiöses Zeichen der Muslime ist.
    Auch die französische Linke verurteilt das Verbot. Manuel Bompard von La France Insoumise sagte beim französischen Fernsehsender France2, dass dieses Verbot "wieder einmal zu einer Diskriminierung junger Frauen insbesondere muslimischen Glaubens führen wird". Die Partei hat angekündigt, das Verbot vor das französische Verfassungsgericht zu bringen.
    Beifall gibt es vom rechten politischen Lager. Éric Ciotti von der Partei Les Républicains schrieb auf dem sozialen Netzwerk X (ehemals Twitter):

    Wir haben wiederholt das Verbot von Abayas in unseren Schulen gefordert. Ich begrüße die Entscheidung des Bildungsministers, die uns Recht gibt.

    Éric Ciotti, Präsident Les Républicains

    Auch die französische Gewerkschaft Syndicat National des Personnels de Direction de l'Education Nationale (SNDPEN) für Kräfte im Bildungswesen, begrüßt die Entscheidung. Es gebe endlich eine Antwort in der Abaya-Frage. "Wir haben nun eine klare Regel, und alleine das ist positiv", so Cyril Coupaud, Generalsekretär der SNDPEN, zum ZDF.

    "Zuerst wurde das Kopftuch verboten, dann Stirnbänder, und nun Abayas"

    Die Meldungen wegen Verstößen gegen den Laizismus stiegen im vergangenen Schuljahr von 2.167 auf 4.710. So die Zahlen des französischen Bildungsministeriums, auf die die französische Tageszeitung "Le Figaro" Zugriff hat.
    Zwischen April und Juli 2023 hätte gut die Hälfte aller Meldungen aus dem Tragen von religiösen Symbolen bestanden. Gleichzeitig hätten allerdings nur 150 das Tragen einer Abaya oder eines Qamis gemeldet.
    Rima Hanano
    Viele Muslime erleben auch in Deutschland täglich Rassismus und Diskriminierung. Doch viele melden die Vorfälle nicht.29.06.2023 | 5:06 min
    Solche Zahlen seien problematisch und schwer zu interpretieren, findet Philippe Portier, Politologe an der Pariser Universität Science Po. Es sei oft unklar, was mit religiösen Zeichen gemeint sei, und auch was eine religiöse Gemeinschaft sei, deren Angehörigkeit man nicht zeigen darf.

    Diese Fragen sind noch nicht geklärt, aber die Regierung nutzt sie dennoch, um eine autoritärere Gesetzgebung und Regulierung als in der Vergangenheit durchzusetzen.

    Philippe Portier, Politologe

    Fürs Erste stehen zum Schulstart in Frankreich knapp 500 Schulen unter näherer Beobachtung, gut 2.000 speziell geschulte Kräfte sollen dort für die Einhaltung des Verbots sorgen.
    Eine kurzfristige Lösung, so der Experte Portier: "Zuerst wurde das Kopftuch verboten, dann Stirnbänder und nun Abayas. Es ist aber ziemlich sicher, dass die jungen Frauen in zwei bis drei Jahren ein anderes Symbol finden werden. Es ist ein Rennen ohne Ende à la française".