Andreas Bovenschulte (SPD) ist der Wahlsieger der Bürgerschaftswahl in Bremen.
Quelle: Reuters
Bei der 21.
Bürgerschaftswahl legt die
SPD deutlich zu und wird jetzt wieder stärkste Partei vor der
CDU.
Die Grünen haben erstmals bei einer Landtagswahl seit 2019 Verluste,
die Linke bleibt in Bremen relativ stark. Die
FDP bewegt sich kurz nach Schließung der Wahllokale im Bereich der Fünf-Prozent-Hürde, die Bürger in Wut (BIW) schaffen bei einer Wahl ohne die
AfD ein starkes Ergebnis.
Ergebnis: SPD-Zugpferd und AfD-Nutznießer
Bei einer stark kommunal geprägten Bürgerschaftswahl punktet die SPD mit Parteiansehen, guter Senatsarbeit und allem voran mit ihrem überlegenen Spitzenkandidaten Andreas Bovenschulte. Bei einem erheblichen Leistungsgefälle im rot-grün-roten Senat profitiert die SPD außerdem von indisponierten Grünen, die BIW profitiert maßgeblich vom AfD-Ausschluss.
Parteiansehen: Grüne stürzen ab
Dass die SPD bei dieser Wahl zulegen kann, liegt zunächst an einer beachtlichen Imagekorrektur vor Ort. Beim Ansehen der Parteien in Bremen rangiert die SPD (+5/-5-Skala: 1,6; 2019: 0,7) jetzt wieder klar vor der CDU (0,6; 2019: 0,5). Die Bremer Grünen, beim Ansehen vor vier Jahren noch vor der CDU, erleben den stärksten Imageverlust einer grünen Landespartei seit über zwei Jahrzehnten (minus 0,6; 2019: 0,8) - flankiert von einem Reputationseinbruch der Grünen im Bund.
Spitzenkandidaten: Klare Verhältnisse
Hinzu kommen bei den Grünen eine schlecht bewertete Arbeit im rot-grün-roten Senat und eine Spitzenkandidatin mit Negativimage: Maike Schaefer stürzt auf der +5/-5-Skala ab auf minus 1,1 (2019: 1,1). CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff erreicht positive 1,1, liegt aber weit hinter dem SPD-Amtsinhaber. Andreas Bovenschulte, dem 76 Prozent gute Arbeit bescheinigen, schafft es mit 2,6 in die Ministerpräsidenten-Spitzenklasse. Letztendlich wünschen sich im kleinräumigen Bremen, wo das politische Top-Personal traditionell viel Gewicht besitzt, 60 Prozent Bovenschulte auch zukünftig als Regierungschef im Stadtstaat. 23 Prozent sind in diesem direkten Duell für CDU-Herausforderer Imhoff.
Themen: CDU punktet in Problembereichen
Nachdem die CDU bei Parteiansehen und Spitzenkandidat nur bedingt überzeugt, punktet sie mit Sachkompetenz. Sowohl im Bereich Verkehr als auch im beim Top-Thema Bildung und Schule wird der CDU am meisten zugetraut; der rot-grün-rote Senat hat indes für 84 Prozent "viel zu wenig für Bildung und Schule getan".
Beim
Klimaschutz setzen zwar die meisten Befragten auf die Grünen. Allerdings ist das Thema bei dieser Wahl weniger relevant, zumal auch 55 Prozent meinen, dass es die Grünen "bei den Klimaschutz-Maßnahmen übertreiben".
Wenn es darum geht, soziale Probleme zu lösen, bekommt die Linke viel Zuspruch. Beim Parteiansehen schafft die Linke (0,2; 2019: 0,0) einen Rekordwert im Westen. Die FDP (minus 0,5; 2019: minus 0,5) bleibt sehr schwach, das Image der BIW (minus 2,0; 2019: minus 2,6) ist schlecht.
BIW: Erfolg nach AfD-Mustern
Ähnlich wie sonst die AfD wird die BIW von Bürger*innen gewählt, die neben der Landes- auch die Bundesregierung schlecht bewerten, die häufig Angst vor ökonomischem Abstieg haben und sich durch Kriminalität bedroht fühlen. Für 65 Prozent der Bremer*innen liegt der große BIW-Erfolg jedoch "nur am AfD-Ausschluss".
Wer wählte wen: Große Alters- und Bildungsunterschiede
Die SPD erzielt ihr bestes Ergebnis bei den ab 60-Jährigen (38 Prozent, plus fünf), kann aber auch bei allen unter 60-Jährigen zulegen. Die CDU hat in der beteiligungsstarken Generation 60plus deutliche Einbußen (29 Prozent; minus fünf). Bei den unter 30-Jährigen bleibt die CDU sehr schwach (14 Prozent) und rangiert hier weiter hinter SPD, Grünen und Linke (23, 19 bzw. 17 Prozent).
Während die Grünen jetzt besonders bei den Frauen verlieren (minus acht), legt die BIW bei Frauen wie Männern klar zu (plus neun bzw. plus sieben). Auffällig sind zudem heftige Bildungseffekte: Grüne und Linke gewinnen mit Ansteigen des formalen Bildungsniveaus der Wähler*innen sehr deutlich an Zuspruch, bei der BIW ist das umgekehrt.
Nächster Senat: SPD-Führung mit Bovenschulte
Was den nächsten Senat betrifft, ist die Zustimmung zu einer großen Koalition stärker als zu Rot-Grün-Rot. Dass sich 54 Prozent der Bremer*innen grundsätzlich einen SPD-geführten Senat wünschen (CDU-geführt: 35 Prozent), liegt vor allem auch an Andreas Bovenschulte - in einem Stadtstaat, in dem die SPD seit 1945 den Regierungschef stellt und in dem Bürgerschaftswahlen immer auch Bürgermeisterwahlen sind.
Die Zahlen basieren auf einer telefonischen Befragung der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.623 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Bremen in der Woche vor der Wahl sowie auf der Befragung von 11.110 Wähler*innen am Wahltag.
Die SPD ist stärkste Kraft in Bremen: Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis holte die Partei um den amtierenden Bürgermeister Andreas Bovenschulte 29,8 Prozent der Stimmen.
Quelle: Forschungsgruppe Wahlen