Test für die Brandmauer? Erfurter CDU auf AfD angewiesen
FAQ
Grunderwerbsteuer in Thüringen:Geht CDU-Antrag mit AfD-Stimmen durch?
|
Eine geplante Steuersenkung sorgt in Thüringen für Wirbel. Die CDU-Opposition könnte die Grunderwerbsteuer senken - aber nicht ohne AfD. Bröselt die Brandmauer? Darum geht es.
Für ihre Steuerpläne braucht die CDU-Thüringen die AfD - ein Test für die vielbeschworene Brandmauer?
Quelle: dpa
In Thüringens Landtag kann es zu einem in der deutschen Parlamentsgeschichte besonderen Ereignis mit neuer Rollenverteilung kommen: Die Opposition hat am Donnerstag in Erfurt gute Chancen, gegen die rot-grüne Regierungskoalition eine Steuersenkung mit einem Volumen von etwa 50 Millionen Euro durchzusetzen.
Hinzu kommt, dass die oppositionelle CDU-Fraktion, die die Grunderwerbsteuer von 6,5 auf 5,0 Prozent drücken will, das nur kann, wenn neben ihr auch die in Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestufte AfD zustimmt. Die rot-rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) spricht von einem "einzigartigen Vorgang" und einem "Pakt mit dem Teufel".
Das will die CDU in Thüringen
Es gehe ihm um die Entlastung vor allem von Familien beim Erwerb des eigenen Heims, um Impulse für die angeschlagene Bauwirtschaft, begründete CDU-Fraktionschef Mario Voigt die Initiative der CDU und verweist auf Unterstützung der Industrie- und Handelskammern. Thüringen gehört zu den Bundesländern mit dem höchsten Steuersatz beim Immobilienerwerb. Das Gesetz liege seit langem auf dem Tisch, seine Fraktion habe auf Vorschläge von Rot-Rot-Grün vergeblich gewartet.
"Wir können doch die Lösung von Problemen nicht davon abhängig machen, dass die falsche Seite mit Zustimmung droht. Die Leute draußen erwarten, dass man sich um deren Themen kümmert. Unser Vorschlag liegt seit zwei Jahren auf dem Tisch, jetzt wird abgestimmt", sagte Voigt der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
Die CDU und die Brandmauer zur AfD
Voigt hält es für offenkundig, dass die rot-rot-grüne Koalition von Ramelow, die seit Amtsantritt 2020 keine Mehrheit im Landtag hat, den Vorschlag deshalb ablehne, um der CDU eine Falle zu stellen. "Es geht darum, die CDU in eine Ecke zu drängen und die Abstimmung zu skandalisieren." Es habe keine Gespräche mit der AfD gegeben, es bestehe keine Zusammenarbeit, die Brandmauer stehe.
"Wir haben eine sehr klare Haltung zu Herrn Höcke und der AfD. Wir werben für unsere Positionen und stimmen keinem Antrag der AfD zu", sagte Voigt. Zudem habe auch Rot-Rot-Grün bereits mit der AfD gestimmt: bei einer Änderung der Kommunalordnung und der Änderung eines Untersuchungsausschuss-Auftrags zur Personalpolitik der Regierung.
Das meint die Regierungskoalition
Die Fraktionsspitzen von Linke, SPD und Grünen haben in den vergangenen Tagen immer wieder davor gewarnt, der AfD Gestaltungsspielraum bei einer Steuersenkung und damit beim Landeshaushalt zu geben. Die CDU nehme wissentlich und willentlich in Kauf, dass die Senkung der Grunderwerbsteuer nur möglich sei, wenn die AfD zustimme, sagte SPD-Chef und Innenminister Georg Maier.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sprach von keiner neuen Entwicklung, dass die CDU in Thüringen teils aus Angst, teils aus Überzeugung an Distanz zur AfD verliere. Die Bundes-CDU verfüge über keinerlei Autorität, den von Friedrich Merz ausgerufenen Kurs der AfD-Abgrenzung bei den Parteifreunden in Erfurt durchzusetzen.
"Es ist Zeit für einen Richtungsstreit in der CDU", kommentiert SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert die Aussage von Friedrich Merz, auf kommunaler Ebene mit der AfD kooperieren zu wollen.24.07.2023 | 6:31 min
Was CDU-Chef Merz und die weitere Parteispitze dazu sagen
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat die jüngsten Vorwürfe zurückgewiesen. "Wir machen das, was wir in den Landtagen wie auch im Deutschen Bundestag diskutieren, nicht von anderen Fraktionen abhängig", sagte Merz am Donnerstag im "Frühstart" von RTL/ntv.
"Die CDU im Thüringer Landtag bringt wie in anderen Landtagen auch einen entsprechenden Antrag ein, die Grunderwerbsteuer für junge Familien zu senken. Und wenn die SPD und die Grünen, so wie sie es hier in Berlin ja auch beschlossen haben, der Sache zustimmen, gibt es eine Mehrheit auch ohne die AfD." Eine Zusammenarbeit mit der AfD werde es auf Bundes- und Landesebene nicht geben, sagte Merz in der Sendung weiter.
CDU-Vizevorsitzende Karin Prien vom eher liberalen Flügel sprang ihren Thüringer Parteikollegen zur Seite: "Den wichtigen Kampf gegen Rechtsextremismus für parteipolitische Scharmützel innerhalb der demokratischen Mitte zu missbrauchen, schadet unserem Land und nützt der AfD", erklärte die Schleswig-Holsteinerin in der "Bild-Zeitung.
Die Grunderwerbssteuer zu senken, sei ein vernünftiges politisches Ziel, um Entlastung für Familien zu schaffen. "Es muss der CDU möglich sein, ohne die ständige Unterstellung von Nähe zur AfD konstruktive Oppositionsarbeit zu machen."
Kooperation mit der AfD? Ein Miteinander im Einzelfall? Darf und soll es für viele eigentlich nicht geben. Brandmauern sind gezogen - und doch schon überwunden.