FAQ
NSU-Morde:Was Rechtsterroristin Zschäpe ausgesagt hat
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Vor einem Ausschuss hat Rechtsterroristin Beate Zschäpe über ihre Mitschuld an den Morden des NSU gesprochen, deutlicher als zuvor. Was hat sie preisgegeben - und was nicht?
Die verurteilte Terroristin Beate Zschäpe äußerte sich vor einem Ausschuss in Bayern zu den Morden des NSU. (Archivbild)
Quelle: reuters
Es ist wohl der bislang größte Erfolg des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses im bayerischen Landtag: Die 2018 zu lebenslanger Haft verurteilte Rechtsterroristin Beate Zschäpe stand den Abgeordneten am Montag stundenlang Rede und Antwort.
Grundlegend neu muss die Geschichte der Mordserie an zehn Menschen, die die Republik nachhaltig erschütterte, nicht geschrieben werden. Aber manches Neue hat Zschäpe doch gesagt, über ihre toten Mitstreiter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, und über ihre ganz persönliche Mitschuld. Zschäpes Aussagen im Überblick:
Hat sich Zschäpe zuvor schon zu den NSU-Morden geäußert?
Die erste Neuigkeit ist bereits, dass Zschäpe dem Ausschuss überhaupt Rede und Antwort stand - und dann auch noch mehrere Stunden lang. Es war das erste Mal, dass sie sich seit Prozessende äußerte, und das erste Mal überhaupt, dass sie direkt auf Fragen antwortete.
Zur Erinnerung: Im Prozess hatte sie sich - abgesehen von zwei kurzen Wortmeldungen - nur schriftlich geäußert.
Was war das Neue an Zschäpes Aussage?
Nach Angaben ihres Anwalts Mathias Grasel räumte sie eine Mitschuld an der NSU-Mordserie "deutlich intensiver" ein als im Prozess.
Nämlich, wenn sie sich damals der Polizei gestellt hätte. "Ich habe das Leben von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fälschlicherweise über das Leben der Opfer gestellt."
Hat sie ihre Tatbeteiligung zugegeben?
Grundsätzlich blieb sie dabei: An konkreten Mordplänen will sie nicht beteiligt gewesen sein, geschweige denn an den Taten. "Eine aktive Mitwirkung gab es nicht, weder in der Vorbereitung noch in der Durchführung", sagte Grasel.
Aber: Erstmals hat Zschäpe zugegeben, dass sie von den Ausspähungen potenzieller Opfer gewusst habe. Dass es dabei eben nicht nur um Ziele von Raubüberfällen ging, um Supermärkte und Tankstellen, sondern um Menschen.
Die Kriterien seien gewesen: "ausländisch klingender Name, vorzugsweise türkisch, und gute Fluchtmöglichkeit", sagte Grasel. Der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl (Grüne) sagte: "Sie wusste, dass auch für Morde ausgespäht wurde." Dass ein Mordopfer griechischstämmig war? Er sei wohl für einen Türken gehalten worden, sagte Zschäpe laut Schuberl. Alle Opfer seien nach Darstellung Zschäpes Zufallsopfer gewesen.
Welche neuen Details wurden preisgegeben?
Einige Details waren durchaus neu. Schuberl zitierte Zschäpe etwa damit, dass sich das Trio nach dem Auffliegen eines bekannten V-Mannes gewundert habe, warum man nicht geschnappt wurde. Zu den Gesprächen innerhalb des Trios soll sie erklärt haben:
- Dass Mundlos sich über Ermittlungsfehler der Behörden, die man über die Medien mitbekam, sehr amüsiert habe
- Böhnhardt sei es dagegen lieber gewesen, wenn die Morde als rechtsextreme Taten eingeordnet worden wären
- Alle drei hätten sich gewundert, warum der rechtsextreme Hintergrund der Mordserie nicht erkannt worden sei
Andererseits sagte Zschäpe nach Angaben von Abgeordneten auch, dass Tatorte weit weg vom eigenen Wohnort ausgewählt worden seien, damit sie - die drei Rechtsextremisten im Untergrund - nicht in Verdacht gerieten.
Welche Fragen bleiben offen?
Eine zentrale Frage ist und bleibt auch nach Zschäpes Befragung: Hatte der NSU Unterstützer und Helfer an den Tatorten? Zschäpe sagte dazu laut Schuberl, Mundlos und Böhnhardt hätten potenzielle Tatorte ausgespäht, immer "städteweise" und in zeitlichem Abstand zur dann folgenden Tat. Aber niemand sonst. Es habe keine Helfer etwa in Bayern gegeben, so fassten mehrere Abgeordnete ihre Aussagen zusammen.
Und Zschäpe habe auch sonst keine Kontakte nach Bayern dargelegt - und zudem bestritten, selbst mehrfach in Nürnberg gewesen zu sein. Ob all das so stimmt? Darin gibt es große Zweifel. Auch der ehemalige bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) hatte zuletzt ausgesagt, er gehe weiterhin fest von Helfern an den Tatorten aus. Und die Angehörigen der Opfer werden sich weiter vor allem die Frage stellen, warum ausgerechnet ihr Ehemann, Vater, Sohn sterben musste.
Die Taten des NSU:
Enver Simsek
Enver Simsek war das erste NSU-Mordopfer. Der aus der Türkei stammende 38-Jährige wurde am 9. September 2000 vor seinem mobilen Blumenstand in Nürnberg mit acht Schüssen aus zwei verschiedenen Waffen niedergeschossen und starb zwei Tage später im Krankenhaus.
Quelle: dpa
Quelle: dpa