Was einen Tauchgang zur "Titanic" so riskant macht

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    Expedition im Atlantik:Was den "Titanic"-Tauchgang so riskant macht

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    Brigitte Saar ist bereits zum "Titanic"-Wrack hinabgetaucht. Sie erklärt, wie eine Mission abläuft, wer an Bord ist - und was eine Expedition besonders gefährlich macht.

    Hunderte Kilometer vor der nordamerikanischen Küste im Atlantik ist ein Tauchboot am Sonntag für eine Expedition zum Wrack der "Titanic" abgetaucht - und seither nicht mehr gesehen worden. ZDF-Reporterin Brigitte Saar reiste selbst schon mal zu dem untergegangenen Schiff. In ZDFheute live schätzt sie die Lage ein.

    Wie viel Platz hat man an Bord?

    Der Raum an Bord sei "hauptsächlich erstmal eng", schildert Saar ihre Erlebnisse. Sie reiste selbst schon mal in einem kugelförmigen U-Boot mit einem Innenraumdurchmesser von 2,10 Meter zu dem Wrack.
    Die nun verschollene "Titan" sei mit fast sieben Metern zwar länger, der Platz für die Mitreisenden sei jedoch auch hier stark begrenzt: "Diese 'Überlebensfähre' ist im Idealfall 2,5 Meter mal 1,5 Meter", so Saar.

    Man ist sich schon bewusst: Das ist ein Abenteuer, das ist gefährlich.

    Brigitte Saar

    Welche Besonderheiten hat dieses U-Boot?

    Die Tauchkapsel "Titan" sei "ein wenig ungewöhnlich, was die Ingenieursarbeit angeht", sagt Saar. Sie spricht von einem "Pionier", mit dem bisher weitaus weniger Erfahrungen gesammelt wurden, als mit anderen Tauchkapseln. Insgesamt sei es der dritte Tauchgang dieser Kapsel zum Wrack der "Titanic".
    Im Vergleich zu vorherigen Modellen sei sie aus Carbonfaser - statt wie bisher aus Metall. Auch in der Form gebe es deutliche Unterschiede: Vor der "Titan" setzte man auf eine Kugelform, vor allem aus physikalischen Gründen: "Eine Kugel leitet den Druck gut ab. Das hat sich bislang bewährt." Ob Material und Form eine Rolle beim Verschwinden spielten, müsse man allerdings abwarten.
    Karte, Titanic
    Quelle: ZDF

    Wer ist an Bord?

    Den begrenzten Platz im Boot teilen sich insgesamt fünf Menschen, darunter drei zahlende Passagiere. Zu ihnen zählen der wohlhabende britische Unternehmer, Pilot und Weltraumtourist Hamish Harding sowie der prominente pakistanische Geschäftsmann Shahzada Dawood und sein Sohn Suleman, die einer der reichsten Familie des Landes angehören. Ein Platz als Passagier in dem Tauchboot kostet laut Website 250.000 Dollar (rund 229.000 Euro).
    Mit an Bord sind zudem der erfahrene französische Tiefseetaucher und "Titanic"-Experte Paul-Henri Nargeolet sowie der Vorstandschef von OceanGate Expeditions, Stockton Rush. OceanGate betreibt die "Titan".
    Die Reisenden säßen in zwei Reihen, sagt Saar. Eine feste Sitzordnung gebe es nicht. So könne man während der Fahrt die Plätze wechseln. Auch in der hinteren Reihe, die nicht durch das große Bullauge an der Front blicken kann, könne man über Bildschirme im Live-Feed die Umgebung um das U-Boot betrachten.

    Wie lange dauert ein Tauchgang?

    Ein normaler Tauchgang nehme in der Regel mit Auf- und Abtauchen rund zehn Stunden in Anspruch, sagt Saar. Die ersten 2,5 bis 3 Stunden sinke die Kapsel auf den Meeresgrund. Da es weder Heizung noch Klimaanlage gebe, wechsele im Boot während der Fahrt die "Temperatur von ganz warm zu ganz kalt", so Saar.
    "Es wird Stück für Stück kälter." Die Wassertemperatur beim Wrack der "Titanic" betrage schließlich um die 2 Grad Celsius, weswegen die Crew im Verlauf der Reise immer mehr wärmende Kleidung anziehe.

    Am Schluss saßen wir da in Thermoanzügen.

    Brigitte Saar

    Historisches schwarz-weiß-Foto der Titanic im Hafen von Southampton.
    Am 14. April 1912 kollidierte die "Titanic" mit einem Eisberg und sank. Motiv für viele Filme, Bücher und Kunstwerke. Warum fasziniert uns der Schiffbruch so sehr?14.04.2023 | 7:40 min

    Was war das letzte Lebenszeichen der "Titan"?

    Die letzte Botschaft war eine standardmäßige Nachricht 1:45 Stunde nach Beginn des Tauchgangs. Danach erfolgte keine Kommunikation mehr zwischen Kapsel und Schiff. Die nächste Nachricht wäre eigentlich eine Viertelstunde später geplant gewesen.
    Prinzipiell sei die Kommunikation mit den Tauchbooten nur sehr eingeschränkt möglich, so Saar. Die Wassersäule über dem Boot behindere die Übertragung von Signalen, Kontakt per Voice-Recorder gebe es deswegen keinen.
    Die Kapsel sei nur schriftlich mit der Außenwelt verbunden. "Mal kurz anrufen, das geht nicht." Je tiefer diese Tauchkapsel komme, desto schwieriger sei die Kommunikation nach oben. Auch könnte die möglicherweise fehlende Energie dazu beitragen, dass kein Notsignal abgesendet wurde. Eine Blackbox, wie bei Flugzeugen, gebe es nicht.

    Es hat, glaube ich, keiner darüber nachgedacht, eine Art Blackbox unterzubringen, da man immer davon ausging, dass die Kapsel intakt ist.

    Brigitte Saar

    Wie viel Zeit bleibt?

    Das große Problem seien derzeit die lebenserhaltenden Systeme, deren Kapazitäten zeitlich begrenzt sind. Diese versorgen die Kapsel derzeit noch mit Sauerstoff und filtern das giftige Kohlenstoffdioxid aus der Luft. Hier sei nicht gänzlich klar, wie lange die Versorgung gewährleistet werden könne, sagt Saar.
    Die 96 Stunden, die "immer angegeben werden, sind im Prinzip die technisch berechnete Zahl für die Reserve, die sie haben", sagt Saar. Aber: Das beinhalte nicht den Sauerstoff und die Filter, die sie sowieso für "die normale Expedition an Bord hatten".

    Da gibt es quasi einen separaten Tank, den man aktivieren kann, wenn es eng wird.

    Brigitte Saar

    Laut Saar bedeutet dies: Auf die 96 Stunden kommt noch die Kapazität, die die "Titan" sowieso standardmäßig an Bord hatte.
    Titanic-Expertin Brigitte Saar
    ZDF-Reporterin Brigitte Saar bei einer Expedition zum Titanic-Wrack
    Quelle: ZDF

    Warum stellt nicht nur die Tiefe eine Gefahr dar?

    Laut Szenarien könnte sich die Kapsel mit den Passagieren am Wrack verheddert haben - aber auch manövrierunfähig auf der Oberfläche des Atlantiks treiben. Beide Szenarien seien gleichermaßen lebensbedrohend, sollte die Kapsel nicht entdeckt werden, erklärt Saar.
    Denn: Nachdem die Reisenden das Boot betreten haben, würde dieses von außen mit langen Schrauben zugeschraubt. Eine Tür, die man von innen öffnen kann, gebe es nicht.

    Die Menschen sind im Schiff festgeschraubt.

    Brigitte Saar

    Das bedeute, dass die Besatzung selbst, wenn sie nicht kilometertief festsitzt, die Kapsel nicht verlassen oder eine Signalrakete senden - und noch viel wichtiger - die Zufuhr von lebenswichtigem Sauerstoff sicherstellen kann.

    Vermisstes "Titanic"-Tauchboot
    :"Titan"-Suche: Neue Klopfgeräusche gemeldet

    Noch gibt es Hoffnung, wie die Küstenwache versichert, doch die Zeit wird knapp. Einsatzkräfte haben bei der Suche nach der "Titan" weitere Klopfgeräusche registriert.
    Tauchboot "Titan" des Unternehmens  OceanGate Expeditions
    Quelle: ZDF, AFP, AP