Tickets für Mega-Events: Wie der Schwarzmarkt funktioniert

    Schwarzmarkt bei Mega-Events:1.500 Euro ärmer - und trotzdem ohne Tickets

    von Gregor Lischka
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    Konzerte von Taylor Swift, die Fußball-EM oder Olympia: Tickets für solche Mega-Events sind rar. Viele Menschen suchen ihr Glück daher auf dem Ticket-Schwarzmarkt.

    Fans warten vor der Veltins-Arena auf ein Konzert von Taylor Swift.
    Warten auf Taylor Swift: Die Tickets für die Deutschlandkonzerte waren schnell ausverkauft. Wer kurzfristig noch ein Ticket will, muss mit hohen Preisen und Abzocke rechnen.
    Quelle: dpa

    "How much one Ticket?", "You have one Ticket or three Tickets"? "400, one Ticket!" - Schon am Ausgang des S-Bahnhofs vor dem Frankfurter Waldstadion fühlt man sich in einen Basar hineinversetzt. Es ist das EM-Endrundenspiel zwischen Portugal und Slowenien und ähnlich wie auf anderen Mega-Events, etwa bei der Konzerttour von US-Popstar Taylor Swift, strömt bereits zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn eine Meute aus feierlustigen Fans und Schaulustigen aus den überfüllten Bussen und Bahnen in Richtung der Stadiontore.
    Sie alle werden von Menschen empfangen, die ihre Ticketgesuche lautstark kundtun. 50 bis 250 Euro kostete ein Ticket über die offizielle Ticketverlosung der UEFA. Wer dort nicht fündig wurde, probiert es hier. Auf dem Schwarzmarkt.

    Organisierte Banden kontrollieren den Markt

    Eine Sache ist allerdings auffällig: Fast alle der Pappschilder, die da in die Höhe gereckt werden und unisono die Beschriftung "I need Ticket" tragen, haben das gleiche Design, sind sogar einlaminiert. Man merkt: Da steht anscheinend jemand nicht zum ersten Mal für ein Ticket an. Und: Sie wollen obendrein so viele Tickets ergattern, wie es nur irgend geht - dabei stehen sie meist allein am Wegesrand und machen nicht den Anschein, als würden sie sich überhaupt für das Event interessieren.
    Taylor Swift auf Bühne
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    "Ganz vorne am Bahnhof stehen die Ticketeinkäufer", klärt mich auf dem Fußmarsch zum Stadion ein Fan auf, der die Erfahrung nicht zum ersten Mal macht.

    Die versuchen die echten Fans, die dort ankommen und vielleicht noch eine Karte übrighaben, abzugreifen und ihnen die Tickets abzukaufen.

    Fußball-Fan

    Vorm Stadion würden ihre Kollegen die Karten dann für das Dreifache verkaufen. "Vorne wird eingekauft, hinten verkauft" lautet seine Analyse. Der Eindruck bestätigt sich. Fast alle Verkäufer, die sich vor den Toren des Stadions zusammenfinden, haben ein ähnliches Auftreten, dieselben einlaminierten, gelben Schilder. Egal, wen man anspricht und wie man verhandelt: Die Preise sind überall gleich und überall: extrem teuer.
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    Mehrere eigens aus dem Ausland angereiste Fans sind angesichts dieser Praxis entrüstet. 800 Euro je Ticket habe man von ihnen verlangt. "They are crazy" - die seien verrückt, so das Urteil der zwei Mexikaner, die an diesem Abend eigentlich nur angereist sind, um Megastar Cristiano Ronaldo sehen zu können. "No thanks" - "Nein Danke", habe man da aber angesichts dieser Preisvorstellungen aber gesagt. Sie wollen ihr Glück weiter probieren. Noch ist schließlich etwa eine Stunden Zeit bis zum Anpfiff.

    Ein unbarmherziger Markt

    Eigentlich kommt der Schwarzmarkt für solche Fans wie gerufen. Sie hatten kein Glück über die Loslotterie, sind aber trotzdem bereit, viele Mühen auf sich zu nehmen, um irgendwie ins Stadion zu kommen. Die UEFA, wie auch die Veranstalter anderer Events in dieser Größenkategorie, untersagen allerdings den privaten Verkauf der meist rein digital erhältlichen Tickets.
    Ein paar junge Fans, die extra aus Stuttgart angereist sind, haben die ewig gleichen Angebote der organisierten Ticketverkäufer, die von 400 bis 800 Euro reichen, satt. Sie stehen in einem Halbkreis auf dem Vorplatz des Stadions, stecken die Köpfe zusammen, jeder starrt angestrengt auf das Display seines Smartphones. Sie vergleichen die Preise auf den zahlreichen dubiosen Online-Ticketportalen, die, ebenfalls ohne Genehmigung der UEFA, Tickets für das Spiel an diesem Abend feilbieten.
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    Auch hier werden sie aber entmutigt - die Preise sind sogar noch höher als auf dem Schwarzmarkt vor ihrer Nase und den Toren des Stadions. "Abwarten" sei jetzt ihre Taktik, erzählen sie. "Je näher es zum Spiel kommt, desto eher sinken dann die Preise", meint einer der Jungs hoffnungsvoll. "Die Ticket-Verkäufer wollen ja auch irgendwann ihre Tickets mal loswerden."
    Nur: Auch wenige Minuten vor Anpfiff geben die Preise nicht nach. Die Ticket-Verkäufer zeigen keinerlei Anzeichen von Nervosität. "Die verlangen gefühlt immer das Gleiche" beschwert sich ein Fan über die Marktsituation. Im Hintergrund ertönen der Anpfiff und das darauffolgende Gegröle der Fans im Stadion. "Das Spiel hat doch schon angefangen, wer schaut sich ein halbfertiges Spiel an?", fragt er sich.

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    Achtung Abzocke

    Tatsächlich streunen auch dreißig Minuten nach Anpfiff noch Dutzende Menschen vor den Stadiontoren im Licht der Dämmerung schüchtern von Verkäufer zu Verkäufer - in der Hoffnung, doch noch einen akzeptablen Preis zu erzielen. Der gibt aber nicht wirklich nach: 300 Euro lautet der Mindestpreis - für die schlechteste Sitzplatz-Kategorie.
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    Erst zum Halbzeitpfiff geben ein paar der Fans auf und trotten in Richtung des verlassenen S-Bahnhofs. "Ich wurde abgezogen", erzählt mir ein junger Fan aus Frankfurt auf dem Weg nach Hause. Er selbst habe nun mal kein Glück beim Losverfahren gehabt, war aber bereit, 1.500 Euro an einen der Verkäufer zu überweisen, um für sich und seine Freunde drei Tickets zu organisieren. "Dann ist er einfach weggelaufen." Er zeigt mir seine Banking-App. Tatsächlich: 1.500 Euro wurden kurz vor Anpfiff abgebucht.
    Das Spiel startet in diesen Minuten im Stadion in die zweite Halbzeit und er sitzt in der S-Bahn auf dem Weg zu einem Fernseher. "Ich sag mal so: Der Schwarzmarkt hat auch seine schwarzen Seiten", prustet es lachend aus einem der Jungs heraus.

    Der hatte da Kunden, die die drei Tickets für 1.200 Euro kaufen wollten und wir haben gesagt, er soll die lieber für 1.500 Euro an uns verkaufen.

    Fußball-Fan

    Sie müssen angesichts ihres Versagens selbst lachen. Sie seien halt "drei Fanboys, die unbedingt Ronaldo sehen wollten". Drei Fanboys, die nun 1.500 Euro ärmer sind. Es sind Geschichten, die wohl nur der Schwarzmarkt schreibt.

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