Neue Serien und Filme: Die Streaming-Highlights im Juni

35 Jahre lang gab es seit 1960 an Heiligabend die Sendung "Wir warten aufs Christkind" in der ARD. Warum das gerade jetzt, kurz vorm Sommeranfang, erwähnenswert ist? Nein, nicht weil mancher im Juni eine Party zu Halbweihnachten schmeißt, sondern: Auch Erwachsene können manchmal richtig ungeduldig sein. Und diesen Juni werden so manche Serienfans das Monatsende kaum erwarten können.

Warum? Am 29. Juni, also wirklich ganz am Ende, kommt bei Netflix die dritte Staffel von "The Witcher". Von vielen heiß ersehnt - und gleichzeitig schon jetzt verdammt. Denn es wird das letzte Mal sein, dass Henry Cavill als Geralt von Riva zu sehen sein wird.

Okay, mit Liam Hemsworth (Tribute von Panem) ist für die vierte Staffel, deren Erscheinen bereits bestätigt ist, sicherlich ein würdiger Nachfolger gefunden. Aber es sind schon recht große Fußstapfen, die zu füllen sein werden. Doch bis dahin ist ja noch Zeit - und erst einmal dominiert die Freude über eine dritte Runde auf der Jagd nach Monstern in Fantasy-Kulisse. Apropos: Um Monster ganz anderer Art (nämlich solche im Kopf) geht es im ersten Tipp dieses Monats.

Selten hat man einen Film oder eine Serie mit so vielen unangenehmen Charakteren auf einem Haufen gesehen. Irgendwie mag man sich anfangs mit keiner einzigen Person wirklich gerne identifizieren oder mit ihr mitfühlen.

Nicht mit Norah, der jungen Journalistin, die gerade von Berlin nach Wien gezogen ist, um dort beim aus dem Boden gestampften Magazin Neue Normalität zu schreiben. Nicht mit ihren blasierten, karrieregeilen Kolleginnen und Kollegen in der Redaktion. Erst recht nicht mit ihrem so offensichtlich selbstverliebten und in allen Facetten falsch wirkenden Chef.

Und irgendwie wirkt auch Theresa, die junge Frau, die eine Etage über Norah wohnt, nicht ganz sauber. Oder der Künstler Wolfgang Balder, über den Norah ein Porträt schreiben soll - ein letztes, wie sich herausstellt, denn Balder hat nur noch Wochen zu leben.

Nicht gerade einladend ist auch die Prophezeiung einer Bettlerin, dass Norah an einem bestimmten Datum einen Menschen umbringen wird - einen Mann namens Arthur Grimm. Für die Journalistin erschütternd: Dieses Datum entspricht dem Tag, an dem sich ihre beste Freundin Valerie das Leben genommen hat. Ein Suizid, unter dem Norah auch deshalb noch sehr leidet, weil sie sich dafür verantwortlich fühlt.

Der Neuanfang im sommerlich überhitzten Wien entwickelt sich für Norah zu einer mehrfachen Belastungsprobe: Sie muss die Trennung von ihrem Ex-Freund verdauen, sich mit Mobbing durch Kollegen auseinandersetzen, mit einem Interviewpartner umgehen, den sie eigentlich verabscheut - und dann auch noch der Sache mit dem Mord, den sie laut Prophezeiung begehen soll, auf den Grund gehen. Eine Belastung, der sie psychisch nicht standhält.

Sechs Folgen á 45 Minuten haben wir Zeit, Norah dabei zu beobachten, wie sie sich Zentimeter um Zentimeter dem Abgrund des Wahnsinns nähert. Und fast sind wir so weit, dass wir ihr eine multiple Persönlichkeitsstörung diagnostizieren.

Bis dann schließlich … ja, bis wir schließlich erleben dürfen, wie Melanie Raabe, Autorin der Romanvorlage zu Der Schatten, uns manipuliert und in ihren Bann zieht. Und ganz zum Schluss - versprochen! - erscheint uns manche Figur gar nicht mehr so unsympathisch. Manche hingegen schon, aber die haben es auch nicht anders verdient.

Und hier nun unser gesamter Überblick mit ausgewählten Angeboten der Streamingportale im Juni:

Was macht den Unterschied aus zwischen einem ganz normalen Musiker und den Superstars der Rockszene? Wer genauer hinschaut, kann feststellen: Diejenigen, die es ganz an die Spitze geschafft haben, waren oder sind Männer mit gewaltigen Ecken und Kanten: häufig destruktiv, gewalttätig, Opfer von Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Personen mit schwierigen Lebensläufen.

Diese ersten vier mal 90 Minuten widmen sich Ozzy Osbourne (Black Sabbath), Bruce Dickinson (Iron Maiden), David Lee Roth (Van Halen) und Alice Cooper. Weitere Folgen dann im August.

Das Projekt Partnersuche kann ganz schön schwierig werden. Vor allem dann, wenn man ein sehr spezieller Charakter ist. In dieser Serie gibt es davon eine ganze Menge. In Folge 1 (von 6) ist Hundetrainerin Claudia mit ihrer Schirmmütze dabei, die jemanden zum Pfötchenhalten sucht. Ebenso die Cookmix23-Propagandistin Bettina, die so besessen ist von ihrem Produkt, dass sich auch im Privaten alles um die Kochmaschine dreht. Und Malte, der Polizist, dem sein übergriffiger Vater ständig die Show stiehlt.

Schrullige Charaktere auf dem Castingsofa, noch mehr Figuren drumherum - und ein Darsteller: Torge Oelrich, den die meisten eher als Freshtorge von YouTube kennen dürften und der in alle Rollen schlüpft. Krasse Überzeichnungen, das Spiel mit unserer Fremdscham und herrlich platte Anarcho-Gags. Richtig witzig also.

Keine Frage, Arnold Schwarzenegger ist eine Legende. Der Governator, diese Mischung aus Bodybuilder, Schauspieler, Politiker und Unternehmer, hat es definitiv geschafft, gleich mehrere Träume zu verwirklichen. Wie es zu dem traumhaften Werdegang dieses Kindes aus der Steiermark in den USA kam, welche Menschen ihn auf seinen verschiedenen Lebensstationen begleitet haben - darum geht es in dieser Doku. Ein Tribut an einen Star, der seit mehr als 50 Jahren im Rampenlicht steht.

Dass Kubas Hauptstadt Havanna für Liebhaber von Oldtimern ein ewiger Quell der Freude ist, dürfte sich herumgesprochen haben. Aber Mexiko? Ganz offensichtlich ja, würde Netflix sonst diese Serie starten? Hier kommt eine wilde Mischung aus Youngtimern, Musclecars und anderen (optischen und motorisierten) Boliden, die wie kleine Schätze von mexikanischen Schrottplätzen gehoben und in den USA restauriert werden. Klingt nach einem großartigen Schrauberspaß!

Aus schwierigen Lebensumständen in die kriminelle Eskalation: Bonnie und Clyde, das legendäre Schwerverbrecher-Duo der 1930er Jahre, hat vorgemacht, wie ein alptraumhafter Trip ins Verderben führen kann. Eine ähnliche Reise treten in dieser niederländischen Serie Esra und ihr Freund Greg an.

Bei einem Hafturlaub, fünf Monate vor der Freilassung aus der Jugendhaft, kriegt Esra nicht die Kurve zurück und begibt sich mit Greg auf einen Pfad, der die beiden in eine trügerische Freiheit führt, die sie so nie gekannt haben. Natürlich voller Gewalt, die von Mal zu Mal zunimmt. Angelehnt an Ereignisse, die im Jahr 2014 so geschehen sind. Ungeschminkt und spannend.

Black Clover ist die Geschichte der beiden Brüder Asta und Yuno. Während Yuno angeborene Zauberkräfte hat, ist diese Gabe an Asta vorbeigezogen. In der ursprünglichen Mangaserie raufen sie sich schließlich zusammen und erleben gemeinsam große Abenteuer - mittlerweile auch sehr erfolgreich in der umfangreichen Anime-Serie.

Dieser Film hier ist nun ein Spin-off und beschäftigt sich mit dem jungen Asta, der auch ohne Zauberkräfte zum Wizard King werden möchte. Ein Handlungsstrang, der im Manga bislang so nicht erzählt wurde. Zielgruppe im Ursprungsland Japan: 9 bis 18 Jahre. Dürfen natürlich auch alle ansehen, die sich das Kind im Herzen bewahrt haben.

18 Jahre nach Veröffentlichung der Romanvorlage kommt Ritualmord nun als frisch verfilmte Free-TV-Premiere: Kiki, eine Polizeitaucherin in Brüssel, findet bei einem Einsatz zwei abgehackte Hände. Pikant: Der Fundort ist in direkter Nähe zum Grundstück einer belgischen Familie, deren Reichtum auf Kautschukgeschäften im Kongo während der Kolonialzeit gründet.

Kiki ist mit solchen historischen Hintergründen gut vertraut, weil ihr Vater als Rechtsanwalt Menschenrechtsaktivisten unterstützt hat. Doch dann starben er und seine Frau bei einem Tauchunfall. Vor einem Jahr. Nach und nach entsteht ein schrecklicher Verdacht: Waren es am Ende genau diese Aktivisten, die nun für grausame Verstümmelungen verantwortlich sind? Und auch für den Tod ihrer Eltern?

Christian Warlich, Tätowierer-Ikone von der Reeperbahn, soll sich zeitlebens an eine Grundregel gehalten haben: Er tätowierte seine Kundschaft nur an solchen Stellen, die von langer Hose und Anzughemd auch bedeckt werden konnten. Heute werden Tattoos offenherziger getragen und sind ein weitverbreitetes Ausdrucksmittel für ein ganz bestimmtes Körpergefühl.

Diese vierteilige Doku schaut in die Studios von insgesamt acht Tätowierkünstlern in Berlin, Hamburg und Leipzig. Während wir ihnen bei der Arbeit zusehen dürfen, erzählen sie aus ihrem Leben - und gehen auch der Frage nach, was Tattoos mit uns und was wir mit Tattoos machen.

Ist die Tour de France noch zeitgemäß? Diese Frage steht im Mittelpunkt der dreiteiligen Doku. Drumherum werden viele Geschichten und Legenden um diesen 120 Jahre alten Wettbewerb erzählt, der mehr als einmal vor dem Aus stand - und doch immer wieder zurückgekommen ist. Trotz seiner Skandale und großen Dramen. Vielleicht wegen der triumphalen Momente? Es ist halt ein ganz großer Klassiker mit allen Facetten, die der Leistungssport zu bieten hat.