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Umfrage zu Paragraf 218:Mehrheit: Abtreibung soll Straftat bleiben
von Katja Belousova, Michael Hölting
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In der Ampel gibt es Bestrebungen, den Abtreibungs-Paragraf 218 zu kippen. Laut Umfrage spricht sich aber eine Mehrheit der Bevölkerung für die Beibehaltung des Paragrafen aus.
Die Deutschen und der Paragraf 21806.06.2023 | 9:57 min
Eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung spricht sich dafür aus, den Abtreibungs-Paragraf 218 des Strafgesetzbuches (StGB) beizubehalten. Dies geht aus einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag von ZDF frontal hervor (Ende Mai 2023).
Demnach sprechen sich 54 Prozent der Befragten dafür aus, dass ein Schwangerschaftsabbruch weiterhin als Straftat gilt, die unter bestimmten Voraussetzungen aber nicht geahndet wird. 36 Prozent plädieren für die Abschaffung des Paragrafen. Drei Prozent fordern, Schwangerschaftsabbrüche ohne Ausnahmen zu verbieten.
Paragraf 218 StGB regelt, dass in Deutschland ein Schwangerschaftsabbruch verboten ist und bis zur 12. Schwangerschaftswoche nur in Ausnahmen straffrei bleibt, etwa nach einer Pflichtberatung bei einer staatlich anerkannten Stelle. In der Ampel-Koalition gibt es Bestrebungen, den Paragraf zu kippen.
Immer weniger Ärzte und Kliniken führen Schwangerschaftsabbrüche durch. Zudem häufen sich Proteste von radikalen Abtreibungsgegnern vor Praxen. Für betroffene Frauen bleibt oft nur der Weg ins Ausland.18.03.2023 | 4:59 min
Jüngere und Frauen seltener für Beibehaltung von Paragraf 218
Eine Abschaffung des Paragrafen befürworten laut der Umfrage mehrheitlich junge Menschen unter 30, vor allem Frauen. Je älter die Befragten sind, umso eher sprechen sie sich für eine Beibehaltung aus.
Unterschiede gibt es auch nach Parteienpräferenz: Wähler von CDU/CSU wollen mit deutlichem Abstand (67 Prozent) nicht am Paragraf 218 rütteln, gefolgt von AfD (57 Prozent), FDP (55 Prozent) und SPD (52 Prozent). Nur bei Anhängern der Grünen (46 Prozent) und Linken (31 Prozent) sprechen sich weniger als die Hälfte der Befragten für eine Beibehaltung des Paragrafen aus.
Ein Schwangerschaftsabbruch ist laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs für alle Beteiligten rechtswidrig. Unter bestimmten Voraussetzungen bleibt der Abbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche allerdings straffrei. Bevor man eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen kann, muss ein Gespräch bei einer staatlich anerkannten Beratungsstelle stattfinden und dort ein Beratungsschein ausgestellt werden. Erst drei Tage später ist ein Schwangerschaftsabbruch straffrei möglich. Auch nach einem Sexualdelikt oder bei medizinischen Gründen kann ein Schwangerschaftsabbruch straffrei bleiben.
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Die Kosten werden nur von der Krankenkasse übernommen, wenn ein medizinischer Grund oder ein Sexualdelikt vorliegt. Wenn die betroffenen Frauen allerdings sozial bedürftig sind, besteht ein Anspruch auf Kostenübernahme. Die Einkommensgrenze liegt momentan bei 1.335 Euro und erhöht sich, wenn Miete gezahlt werden muss und pro Kind, das bei der Frau lebt.
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Kommission soll Abtreibung-Regulierung prüfen
In der Ampel-Koalition sprechen sich vor allem Grüne und Sozialdemokraten für eine Abschaffung von Paragraf 218 aus, die FDP ist dagegen. Die Bundesregierung hat eine Kommission aus Ärzten, Medizinethikern und Juristen eingesetzt, die prüfen soll, ob Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch jenseits des Strafgesetzbuches möglich sind.
In Deutschland gibt es rund 100.000 Schwangerschaftsabbrüche jährlich - damit handelt es sich um einen der häufigsten gynäkologischen Eingriffe hierzulande.
Kritiker verweisen jedoch darauf, dass Paragraf 218 ihn zu einem medizinischen Eingriff mit nicht unerheblichen strafrechtlichen Risiken und Nebenwirkungen mache - für Ärzte wie für Schwangere.
Quelle: ZDF
Sehen Sie mehr zum Thema bei frontal, am Dienstag, 6. Juni 2023, um 21 Uhr im ZDF und in der ZDF-Mediathek.
Die Umfrage wurde von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 23. bis 25. Mai 2023 bei 1.257 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte.