Es ist acht Uhr am Morgen, als Zivil-Fahrzeuge der Staatsanwaltschaft Köln vor dem Hauptgebäude des Erzbistums vorfahren. Eine Ermittlerin klingelt. Nichts passiert. Sie klingelt noch einmal. Dann kommt Kardinal Rainer Maria Woelki höchstpersönlich und öffnet das schwere Eisentor.
Die Ermittler stellen sich vor, der Kardinal gewährt Einlass. Er greift zum Handy und telefoniert kurz. Dann verschwinden Woelki und die Staatsanwälte in Begleitung von Polizeibeamten im Haus. Gut ein Dutzend Journalisten stehen vor dem Gittertor und können hin und wieder sehen, was sich in dem Haus abspielt.
Hat der Kardinal gelogen oder nicht?
Die Ermittler sind auf der Suche nach Beweisen. Unterlagen, Dokumente, Briefe, die Licht ins Dunkel bringen könnten. Die die Frage beantworten, ob der Kardinal gegen das achte Gebot verstoßen hat: "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten". Sinngemäß heißt das: "Du sollst nicht lügen!" Denn genau das ist der Anfangsverdacht, dem die Staatsanwaltschaft Köln nachgeht.
Der Vorwurf: Meineid und eine falsche Versicherung an Eides Statt.
Worum geht es?
Im März hatte Kardinal Woelki vor Gericht ausgesagt. In dem Verfahren wurde ein Priester des
sexuellen Missbrauchs beschuldigt, er soll sich an mehreren Minderjährigen vergangen haben. Woelki wurde als Zeuge geladen. Er bestritt vor Gericht, von den Neigungen des Geistlichen gewusst zu haben. Er schloss seine Aussage mit den Worten: "Ich schwöre, so wahr mir Gott helfe!"
Nun aber sind Dokumente aufgetaucht, die belegen könnten, dass Woelki nicht die Wahrheit gesagt hatte. Es geht vor allem um einen Brief, den Woelki schon im Jahr 2018 an den Vatikan geschrieben haben soll, in dem er die Neigungen des beschuldigten Priesters beschreibt. Und dies sogar recht detailliert.
Dieser Brief und andere Dokumente zu dem Sachverhalt liegen dem
WDR vor.
Staatsanwaltschaft spricht von "Anfangsverdacht"
Nun also hat die Staatsanwaltschaft seit dem Morgen mehrere Gebäude des Erzbistums Köln durchsucht, darunter die Räume des Generalvikariats, des Erzbischöflichen Hauses und die Räume eines EDV-Dienstleisters.
In ihrer Pressemitteilung betont die Staatsanwaltschaft, dass die Maßnahmen der "Erhellung eines lediglich anfänglichen Verdachtes und soweit auf die Feststellung sowohl belastender als auch entlastender Umstände" dienen. Auch betont sie, dass Woelki selbst keine Beteiligung an einem Missbrauch vorgeworfen wird.
Am Mittag haben die Ermittler das Erzbistum wieder verlassen. Bis die Unterlagen und Datenträger ausgewertet sind, wird es noch dauern.