35 Jahre nach Flugunglück:Ramstein: Als der Tod vom Himmel fiel
von Marion Geiger und Christel Haas
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Am 28. August 1988 stießen beim Flugtag auf der US-Airbase Ramstein drei Militärflugzeuge zusammen. Eines stürzte auf Zuschauer, 70 Menschen starben - Augenzeugen erinnern sich.
Marc-David Jung weiß noch, dass alle fröhlich waren und er Eis gegessen hat an diesem 28. August. Damals war er vier Jahre alt.
Das Ereignis ist der Flugtag auf der US-Airbase Ramstein. Ein Ereignis, das sich rund 350.000 Menschen anschauen wollten.
Das "durchstoßene Herz" der "Frecce Tricolori" brachte das Inferno
Die italienische Flugstaffel "Frecce Tricolori" will ihr größtes Kunststück zeigen: das durchstoßene Herz. Dann passiert es: Drei Flugzeuge stoßen zusammen, eine brennende Maschine stürzt auf die Zuschauer - es ist ein Inferno.
Die Geistesgegenwart seiner Mutter rettet Marc-David das Leben: sie zieht ihn mit bloßen Händen aus den Trümmern, mit schwersten Verbrennungen. Monatelang wird er im Krankenhaus behandelt, etliche Male wird er operiert. Er hat überlebt, seine Mutter auch, der Vater nicht.
Drei Militärflugzeuge der italienischen Flugstaffel kollidieren beim Flugkunststück "durchstoßenes Herz".
Quelle: dpa
70 Tote und 450 Schwerverletzte nach Flugtagunglück
70 Menschen kommen damals ums Leben, 450 werden schwer verletzt. Vor Ort herrscht Chaos. Das US-Militär räumt sofort das Gelände. Auch Schwerverletzte werden unversorgt abtransportiert.
Klaus-Peter Wresch ist einer der ersten deutschen Notärzte vor Ort. Er erinnert sich:
Die Verletzten werden planlos in Krankenhäuser gebracht, die schnell überfordert sind und bleiben teilweise Stunden sich selbst überlassen. Die Verantwortung dafür wird aus Sicht der Opfer nie wirklich geklärt, Versäumnisse bei Sicherheitsmaßnahmen für das Publikum nicht eingestanden.
Ehrenamtliche Nachsorgegruppe bietet bis heute Hilfe an
Viele der Überlebenden, der Angehörigen und der Rettungskräfte sind traumatisiert und fühlen sich alleine gelassen. Hilfe bietet eine ehrenamtliche Nachsorgegruppe, die bis heute besteht und den Betroffenen Halt gibt.
"Sie haben das Gefühl, sie sind nicht alleine. Sie teilen das, was sie erlebt haben", sagt Sybille Jatzko, eine der Gründer*innen der Gruppe. Marliese Witt erzählt:
Fast täglich sprechen sie und ihr Mann über ihren Sohn Mario. Er war damals auch in Ramstein. Er ist nie zurückgekommen.
Überlebender: Strategie ist "der Blick nach vorne"
35 Jahre sind eine lange Zeit, aber vergessen ist die Katastrophe nicht. Marc-David Jung ist dankbar, dass er am Leben ist, trotz der Verbrennungen, die heute noch sichtbar sind. Er ist Softwareentwickler geworden. Er hat gelernt, zu akzeptieren, was nicht zu ändern ist.
Seine Strategie, sagt er, das sei "der Blick nach vorne. Der eiserne Blick nach vorne, um einfach die Zukunft zu sehen und eine Zukunft zu haben." Vor kurzem hat er geheiratet.