Britischer King wird 75 Jahre:Charles: Der rastlose König feiert Geburtstag
von Hilke Petersen, London
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Harte Arbeit, Umweltschutz, Einsatz für Menschen: König Charles hat viele Seiten - zu seinem 75. Geburtstag startet er ein Wohltätigkeitsprojekt. Doch es gibt auch Kritik an ihm.
König Charles III. feiert Geburtstag - vorab auf seinem Landsitz Highgrove in Gloucestershire schon mal zusammen mit anderen 75-Jährigen, ein paar Wohltätigkeitsorganisationen und einigen Promis aus der TV- oder Unterhaltungsbranche. Das alles mit dreistöckiger Geburtstagstorte. Doch wer ist Charles? Was macht ihn aus? Und wie steht er in der Gunst der Menschen? Fakten zum Oberhaupt der Briten.
König in Eile
Mit 74 Jahren wurde Charles im Mai dieses Jahres gekrönt. Er ist damit der älteste Monarch, der in der tausendjährigen Geschichte der britischen Krone je den Thron bestieg. Königin Camilla ist zwei Jahre älter als Charles. Queen Elizabeth war junge 26 Jahre alt bei ihrer Krönung, vermittelte dem Land Aufbruch in den Nachkriegsjahren.
Charles verspricht softe Modernisierung der "Firma", des Königshauses. Dass er nicht viele Jahrzehnte auf dem Thron bleiben wird, liegt auf der Hand. Die royale Kommentatorin Camilla Tominey sagt:
Royale Fitness und Disziplin
Charles ist für sein großes Arbeitspensum bekannt, dass er täglich hinkriegen will. Unzählige Termine, fast das ganze Jahr hindurch. Um fit zu sein, macht er Leibesübungen im Militärstil, lässt das Mittagessen ausfallen. Seine frühere Privatsekretärin Elizabeth Buchanan sagt:
Wer mit Charles Bergwandern geht, hat Mühe, Schritt zu halten. Will er wirklich abschalten, zieht er sich zurück auf sein Anwesen in Siebenbürgen, Rumänien. Dort malt er und geht auf Wandertouren, zuletzt im Sommer dieses Jahres, allein, ohne Camilla. Das 17 Hektar große Krongut hatte Charles 2008 erworben. Warum dort? Vielleicht, weil die britische Adelsfamilie Windsor Vlad den Pfähler zu ihren Vorfahren zählt - besser bekannt als Fürst Vlad Dracula.
Familienstreit schwelt weiter
In der engen Familie herrscht kein Frieden. Sohn Harry, der viele Details aus seiner Kindheit und über den Umgang mit seiner Frau Meghan im Königshaus enthüllt hatte, ist zur kleinen Familien-Geburtstagsfeier heute nicht mal eingeladen worden.
Kein Kontakt seit Monaten zu Vater Charles, heißt es. Dass Harry vorhabe, ihn heute anzurufen - das ist nur ein Gerücht, das aber taugt, eine Schlagzeile abzugeben. Zuletzt jedenfalls herrschte Funkstille zwischen Harry, seinem Vater und auch seinem Bruder William. Die Königshaus-Expertin Emily Andrews weiß, dass es schon technisch nicht so einfach ist, dass sie sich erreichen:
Dass sie nicht miteinander sprechen, schmerzt Charles. Seine Enkelkinder, die im kalifornischen Montecito zuhause sind, sieht er nie.
Die Biografie "Spare" von Prinz Harry hat für mächtig Wirbel gesorgt. Viele fragen sich, wie es mit den Windsors weitergeht und ob die Monarchie Schaden nehmen wird.07.02.2023 | 43:29 min
Der menschliche König
Es ist ziemlich offensichtlich, dass Charles seit früher Kindheit ein ganz anderes Leben lebt als seine Untertanen. Doch der Mensch Charles geht dennoch im grellen Licht der Öffentlichkeit durch alle Höhen und Tiefen, die wohl jeder kennt.
Sei es der Familienstreit mit dem abtrünnigen Sohn Harry oder seine dramatisch gescheiterte Ehe mit Diana. Nach harten persönlichen Kämpfen und gegen alle Widrigkeiten heiratet er 2005 die Liebe seines Lebens, Camilla.
Als er jetzt während des November-Gedenkens zum Ende des Ersten Weltkriegs die Bronzestatuen seiner verstorbenen Eltern an der Royal Albert Hall in London enthüllt, sieht das Königreich ihn mit feuchten Augen aufblicken, offenbar sehr bewegt in der Erinnerung an Vater Philip und Mutter Elizabeth II.
Ihre königliche Fassade wahrte Queen Elizabeth II. immer. Charles lässt eher durchblicken in Seele und eigene Verfassung. Das macht seinen Anspruch glaubwürdig, sich um andere kümmern zu wollen.
An seinem Geburtstag startet er ein neues Projekt: The Coronation Food Project, ein Zentrum außerhalb von London, über das Essensverteilung im ganzen Land organisiert und Verschwendung von Lebensmitteln reduziert werden soll. Ein neues Portrait des Königs erscheint dazu auf einem Titelblatt, dem der Obdachlosen-Zeitung "Big issue".
Einer der Geburtstags-Gäste in Highgrove, Mitarbeiter der Kings Foundation, die sich um die Förderung benachteiligter Jugendlicher kümmert, sagt über Charles:
Wie zeitgemäß ist die Monarchie?
Das zu zeigen, wird eine der großen Herausforderungen für den alternden König. Letzte Umfragen belegen, dass etwa 62 Prozent der Briten die Monarchie noch gutheißen. Kritik und Skepsis aber kommen vor allem von den Jungen im Königreich und vielfach von denen, die die Frage nach historischer Schuld des Königshauses für Kolonialismus und Sklaverei im Zeitalter des British Empires stellen.
Viele fordern von Charles, sich dafür zu entschuldigen. Er aber drückt stets nur sein Bedauern für solche Menschenrechtsverletzungen aus, denn die Entschuldigung wäre ein politischer Akt, vermutlich verbunden mit Entscheidungen über Reparationszahlungen. Der König aber hat politisch neutral zu sein.
Die Bewegung "Republic" ist aktiver, seit Charles König ist. Steht am Straßenrand und skandiert "Not my King", wenn Charles zu offiziellen Anlässen in der Öffentlichkeit auftaucht - wie kürzlich auf dem Weg ins Parlament, um mit der traditionellen Kings-Speech eine neue Sitzungsperiode des Parlaments zu eröffnen.
Doch im Palast dürften sie eher zufrieden sein mit den persönlichen Umfragewerten von Charles III. Die sind gestiegen, seit er König ist.
Hilke Petersen ist Leiterin des ZDF-Studios London.
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