Vom Protestsymbol zum Kulturgut:New York: Geburtsstätte der Hip-Hop-Kultur
von Johanna Sethe, New York
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Vor knapp 50 Jahren wird die South Bronx in New York zur Geburtsstätte einer Jugendkultur, die später die ganze Welt erobern soll. Bis heute prägt Hip-Hop die Stadt.
Die "Welthauptstadt" unterliegt stetigem Wandel. Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und wirtschaftlichen Hintergrund zeichnen hier ein Bild von ihrer Stadt.09.09.2023 | 43:21 min
Momente wie diese seien es, die sie antrieben, weiterzumachen und ihr zeigten, wie Musik verbinden könne. Am Ufer des East River in Brooklyn will Ashen an diesem Abend eine Live-Version ihres Songs "Like This" aufnehmen.
New York als Ort, seinen Träumen nachzujagen
Ashen ist Rapperin und als Kind jamaikanischer Einwanderer in East New York aufgewachsen. Unter der Woche arbeitet die 23-Jährige als Kellnerin, nachts und an Wochenenden spielt sie Konzerte überall in der Stadt. The streets'll wear you - die Straßen werden dich zermürben - rappt Ashen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses leuchtet die Skyline von Manhattan.
Gleichzeitig findet sie: New York sei die Stadt, in der man den eigenen Träumen nachjagt, der Ort, an dem man entscheide, nicht aufzugeben und immer weiterzumachen.
Die Bronx wird in den 70er Jahren als einer der ärmsten Stadtteile New Yorks zur Geburtsstätte des Hip-Hop. Einer der dabei war, erzählt.27.12.2022 | 1:42 min
Hip-Hop: Ursprung in der von Gewalt und Kriminalität geprägten Bronx
Der Widerspruch von Härte und Antrieb, Hoffnungslosigkeit und Zuversicht zieht sich durch die Geschichte dieser Stadt - und durch die des Hip-Hop. In den 70ern brennen in der New Yorker South Bronx täglich Häuser, die Politik lässt den armen Stadtteil, in dem vorwiegend schwarze Menschen leben, kalkuliert verfallen.
Und dennoch: Junge Menschen treffen sich zu sogenannten "Block Parties" und weil kein Geld für teure Instrumente da ist, werden Plattenspieler, Ghettoblaster und die eigene Stimme zum Instrument. Erste DJ-Techniken, Breakdance Moves und Rap entstehen so, maßgeblich beeinflusst von afroamerikanischem Funk und Soulmusik.
Hip-Hop schafft neue Währung für Respekt
Hip-Hop schafft damit in der von Gewalt und Kriminalität geprägten Bronx auch eine neue Währung, sich Respekt zu verdienen. Fortan zählt auch: Wer kann besser tanzen, kreativer texten? Wessen Name steht am häufigsten und buntesten auf Zügen und Wänden der sonst so grauen Stadt?
Martha Cooper ist Fotografin und damals eine der ersten, die in dem verrufenen Stadtteil nachts mit Sprayern auf Tour geht, fasziniert ist von dem, was junge Menschen hier erschaffen.
Hip-Hop ist reine Jugendkultur
Die "Bibel des Graffiti" - so wird Cooper’s Buch "Subway Art" aus den 80ern genannt. Die Fotos von New Yorker Graffitis darin inspirieren Sprayer in der ganzen Welt und tragen entscheidend zur Verbreitung der Straßenkunst bei.
Weil Verlage in den Graffitis anfangs nicht Kunst, sondern Vandalismus sahen, sei es schwer gewesen, das Buch zu veröffentlichen, erzählt Cooper. Was einst als dreckig und kriminell galt, sei schließlich die größte Kunstbewegung der Welt geworden, findet sie. Das Besondere daran?
Kurtis Blow bekommt als Rapper ersten großen Plattenvertrag
Im New York der 1960er, zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung aufgewachsen, sieht Kurtis Blow den Motor der Hip-Hop-Kultur im kulturellen Trauma der Afroamerikaner. Er selbst war der erste Rapper, der damals einen großen Plattenvertrag bekam. "Wir waren so viel Rassismus, Ungerechtigkeit, Schmerz und Gewalt ausgesetzt. Und um diesem Schmerz zu entkommen, musste man irgendwie mehr daraus machen", so Blow.
21.000 Tote in den USA im letzten Jahr durch Waffengewalt. Viele Amerikaner rüsten illegal auf, besorgen sich Waffenteile im Internet und montieren sie zusammen. Der Markt für sogenannte "ghost guns", Geisterwaffen, boomt. 18.05.2022 | 6:14 min
Mit Hip-Hop dem Rassismus entkommen
Hip-Hop als künstlerische Ausdrucksform der afroamerikanischen Unterschicht. Was ist heute von dieser Form der Verarbeitung übrig? Aus Subkultur ist Weltkultur geworden. Während Hip-Hop damals Sprachrohr für jene war, die systematisch nicht gehört wurden, ist es heute auch die Kunst derer, die mit ihr Konzerthallen füllen, Werbegesichter für Luxusmarken sind und für Reichtum stehen.
In der Dokumentation "New York, New York" von US-Korrespondent Johannes Hano erzählen Ashen, Kurtis Blow und Martha Cooper, wie sie die Entstehung des Hip-Hop wahrgenommen haben, wie sie die Szene heute sehen und welche Rolle New York als Stadt dabei spielt.
Die Doku können Sie am 2. Januar um 19:25 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit in der ZDF-Mediathek.
Die Doku können Sie am 2. Januar um 19:25 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit in der ZDF-Mediathek.
Ashen jedenfalls hofft, irgendwann groß rauszukommen. Den Ursprüngen des Hip-Hop fühlt sie sich aber auch heute noch nah. Ihre jamaikanische Herkunft und ihre Erfahrungen mit Druck und Existenzängsten haben ihren Blick auf New York, ihr Leben und ihre Musik geprägt. Rap gebe ihr die Möglichkeit, das auf eine gesunde, aber radikal ehrliche Art auszudrücken.
"Rap zeichnet ein lebendiges Bild davon, wie die Person, die rappt existiert", meint Ashen.