Mount Everest: Warum 2023 so viele starben wie nie

    Bergsteigen zum höchsten Gipfel:Mount Everest: Warum so viele starben wie nie

    Mark Hugo
    von Mark Hugo
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    18 Menschen ließen 2023 ihr Leben auf dem Mount Everest. So viele wie nie. Behauptungen, dass daran vor allem die Folgen des Klimawandels schuld sind, stimmen aber wohl nicht.

    Mehre Menschen in bunter Bergsteiger Ausrüstung erklimmen den schneebedeckten Mound Everest.
    Der Aufstieg zum Mount Everest ist gefährlich.
    Quelle: AP/Pasang Geljen

    "Die Dächer der Welt stürzen ein", mahnte UN-Generalsekretär António Guterres vor wenigen Wochen beim Besuch der Everest-Region. Denn auch dort im Himalaja seien die Folgen des Klimawandels dramatisch.
    Im Blick hatte er dabei die Menschen, die auf die Frischwasserversorgung durch die schwindenden Gletscher angewiesen sind. Auf die Everest-Bergsteigerinnen und Bergsteiger ging er dagegen nicht ein.

    Totenzahl so hoch wie noch nie

    Dabei ist die Zahl der Toten unter ihnen im Jahr 2023 mit insgesamt 18 so hoch wie nie. Und für Yuba Raj Khatiwada, Direktor der nepalesischen Tourismusbehörde, ist auch dabei der Zusammenhang klar: "Die Hauptursache sind Wetterwechsel", so wird er im britischen "Guardian" zitiert. Die Bedingungen seien sehr variabel gewesen.

    Der Klimawandel hat in den Bergen schwere Folgen.

    Yuba Raj Khatiwada, Direktor der nepalesischen Tourismusbehörde

    Immerhin dem letzten Satz stimmt der österreichische Geograf und Alpinist Lukas Furtenbach zwar zu. Allerdings ist er davon überzeugt, dass der Klimawandel für keinen der 18 Todesfälle im Jahr 2023 verantwortlich gemacht werden kann.
    Im Gespräch mit ZDFheute erläutert er, dass drei Sherpas während des Vorbereitens der Route beim Einsturz eines Eisturms verunglückt und ein Expeditionsteilnehmer "unten am Berg" an einem Infarkt gestorben seien.

    Die restlichen 14 Toten sind zur Gänze Bergsteiger, denen am Gipfeltag der Sauerstoff ausgegangen ist, die also keine Sauerstoffflaschen mehr gehabt haben oder die von ihrem Bergführer allein gelassen worden sind und dann hilflos irgendwo am Gipfelgrat langsam gestorben sind.

    Lukas Furtenbach, Alpinist

    Dort in der Todeszone seien die Bedingungen so lebensfeindlich, dass man ohne Hilfsmittel unabhängig vom Wetter "früher oder später immer stirbt".
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    Wenn nepalesische Regierungsvertreter die Fälle nun auf Wetter und Klimawandel zurückführen, dann sei das ein "Wegschauen vom eigentlichen Problem, nämlich Mindeststandards für Everest-Veranstalter einzuführen". Gemeint sind Grundvoraussetzungen für die Sicherheit.

    Für Sicherheit schließlich bezahlt

    Bei so vielen Toten "würde ich mich als Verantwortliche schon fragen: Was ist da schiefgelaufen?", so Furtenbach. Er bietet mit seinem Unternehmen selbst Everest-Besteigungen an - bisher ohne Todesfälle. "Dafür werde ich ja schließlich bezahlt", sagt er.
    Als wichtigsten Sicherheitsfaktor nennt er die Sauerstoffversorgung, als einen anderen den Blick aufs Wetter. 2023 sei das in der Besteigungssaison im April und Mai übrigens völlig normal gewesen.

    Der Mount Everest ist der höchste Berg der Erde.
    Quelle: Sun Fei/XinHua/dpa/Archivbild

    Der Mount Everest ist mit 8.849 Metern der höchste Berg der Erde und noch immer ein Mythos. Das erklärt den wachsenden Ansturm auf den Gipfel. Trotz hoher Kosten von bis zu 100.000 Euro pro Besteigung haben es 2023 rund 600 Menschen auf den Gipfel geschafft. Auch die Zahl der Toten nimmt zu, liegt aber noch im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Andere 8.000er sind weit tödlicher. Der K2 zum Beispiel. Fast jeder Vierte überlebt den Versuch, ihn zu erklimmen, nicht. Beim Annapurna ist es sogar etwa jeder Dritte.

    Der Klimawandel macht aber natürlich auch vor dem Dach der Welt nicht halt. Aktuelle Studien belegen das, darunter eine des International Centre for Integrated Mountain Development (ICIMOD): Die 79 Gletscher, die den Everest umgeben, sind danach in nur 60 Jahren um mehr als 100 Meter dünner geworden. Sie schmelzen mit einer Geschwindigkeit, die sich seit 2009 fast verdoppelt hat. Betroffen sei auch der Khumbu-Gletscher, von dem aus die meisten Expeditionen starten. 

    Gletscher schmelzen schnell

    Forschende der University of Maine kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Sie haben bis 2022 die Daten mehrere Wetterstationen ausgewertet. Die Gletscher hätten bereits einen Punkt erreicht, an dem sie jedes Jahr so viel Eis verlieren, wie sie früher über mehrere Jahrzehnte angesammelt hatten.
    Längerfristig könne das auch Berg-Expeditionen erschweren, so die Autoren, nämlich wenn die sich statt durch Eis und Schnee an manchen Stellen durch Geröll arbeiten müssten.

    Lukas Furtenbach
    Quelle: Furtenbach Adventures

    … ist Höhenbergsteiger, Geograf, Steilwandskifahrer und Veranstalter. Der Tiroler bietet mit seinem Unternehmen auch Expeditionen auf den Mount Everest an. Nach eigenen Angaben legt er dabei viel Wert auf Sicherheit. Dazu gehöre auch, Kundinnen und Kunden abzulehnen, wenn sie körperlich nicht fit genug sind.

    Kurze Hose und T-Shirt als Bekleidung im Basislager

    Für den Everest selbst sieht Lukas Furtenbach kurzfristig aber keine unmittelbaren Auswirkungen - außer, dass es im oberen Bereich im Schnitt wärmer sei, was den Aufstieg sogar erleichtere. Und:

    Man kann sich heuer im Basislager um die Mittagszeit durchaus mit kurzer Hose und T-Shirt aufhalten, ohne dass man friert. Das war vor ein paar Jahren noch undenkbar.

    Lukas Furtenbach, Expeditions-Veranstalter

    In Zukunft allerdings könne die zunehmende Wärme "die Route im unteren Teil gefährlicher" machen, weil dort zunehmend Eisformationen zusammenbrechen könnten. Und oben könne das Schwinden eines großen Gletschers den Grataufbau destabilisieren. Auf die Route könne das längerfristig "massive Auswirkungen" haben.

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    Eine Milliarde Menschen betroffen

    Noch weit gravierender aber werden die Folgen des Klimawandels die Menschen der Region treffen - auch weit abseits des Everest-Tourismus. "Gletscher sind eisige Wasserspeicher", erklärte UN-Generalsekretär Guterres. "Diese hier im Himalaja versorgen mehr als eine Milliarde Menschen mit frischem Wasser. Wenn sie schwinden, dann schwinden auch die Flüsse." Der Klimawandel sei "Wahnsinn", mahnt er, und müsse daher von den Menschen so schnell wie möglich gestoppt werden.
    Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion

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