Hydrologe zu Klimawandel:Wie Deutschland sein Grundwasser verliert
von Anna Grösch
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Wie können wir trotz Klimaerwärmung gut leben? Hydrologe Borchardt plädiert bei Lanz dafür, rechtzeitig vorzusorgen. Denn eins scheint klar: Der Klimawandel wird Europa verändern.
Zur Wärmewende, den Herausforderungen für die kommunale Wärmeplanung u. dem Umfragehoch der AfD, über die Zunahme von Wetterextremen u. die Auswirkungen auf die Wasserqualität- u. Versorgung15.06.2023 | 75:24 min
Dürre, Waldbrände, trockene Böden - für uns in Mitteleuropa war das lange Zeit unbekannt. Wie können wir also mit den Herausforderungen des Klimawandels in Zukunft noch gut leben? Dieser Frage geht der Hydrologe Dietrich Borchardt, Professor für Aquatische Ökosystemanalyse und -management an der TU Dresden, nach.
Die Bilder von gelblich-verqualmten nordamerikanischen Städten gingen in den vergangenen Wochen durch die Medien. Smog und Rauch, schlechte Sicht - Grund dafür waren massive Waldbrände in Kanada, deren Rauschwaden auch über die USA zogen.
USA, New York: Waldbrände in Kanada hüllen im Juni den Nordosten der USA in Dunst und verfärben den Himmel.
Quelle: dpa
Große Waldbrände auch in Deutschland denkbar
Zeigen diese Bilder eine neue Dimension von Naturkatastrophen? Während die Brände an sich nicht ungewöhnlich seien, seien es Größe und Fläche sehr wohl, erklärt Borchardt bei Markus Lanz.
Auch der frühe Zeitpunkt im Jahr sei ungewöhnlich. Man könnte nun sagen: Kanada ist weit weg. Doch große Waldbrände seien auch in Deutschland denkbar, sagt Borchardt - und auch Städte könnten davon in Mitleidenschaft gezogen werden: "Wenn ein großer, flächenhafter Waldbrand in diesen Dimensionen östlich von Berlin ausbrechen würde und wir haben gerade Ostwind - dann sind solche Bilder, wie wir sie jetzt für New York gesehen haben, auch für Berlin denkbar."
Die Hydrologie ist die Wissenschaft, die sich mit Wasser in der Biosphäre der Erde befasst. Wie der Bundesverband Geothermie erklärt, betrachten Hydrologen das Wasser hinsichtlich seiner Erscheinungsform, Zirkulation, Verteliung in Raum und Zeit und nach seinen physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften.
Über langen Zeitraum fehlt der Niederschlag
Doch wie wahrscheinlich ist das? Schließlich war der Winter in Deutschland in diesem Jahr immerhin nasser als in den vorigen Jahren:
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Borchardt erklärt: "Diese Dürre, die wir jetzt sehen ist ja schon seit mindestens 2017 da ist und ein zusammenhängendes Ereignis." Es gehe um eine Dürreperiode, nicht um ein singulares Ereignis.
Es müsste also 1,5 Jahre lang regnen, damit diese Defizite wieder ausgeglichen seien, so der Hydrologe. Denn der Wasserkreislauf habe ein "langes Gedächtnis". Unser heutiges Grundwasser werde aus der Tiefe gewonnen und habe möglicherweise "hundert Jahre gebraucht, um dahinzukommen". Komme nur noch wenig nach, werde das in einigen Jahrzehnten zum Problem.
Eine historische Trockenperiode
Bei der jetzigen fehlenden Bodenfeuchte gehe es um die oberen zwei Meter, erklärt Borchardt. Diese würden eher durch jährliche Niederschläge aufgefüllt. So komme es dazu, dass die oberen dreißig Zentimeter des Bodens feucht seien, darunter bleibe es aber "trocken wie in der Steppe".
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Eine solche Dürreperiode wie in den vergangenen fünf Jahren sei Analysen zufolge in den vergangen 2.000 Jahren in Mitteleuropa so nicht vorgekommen.
Ernstzunehmende Prognosen gingen davon aus, dass in den Jahren 2050 bis 2060 bei 20 bis 40 Prozent der Fläche Mitteleuropas Trockenheit herrsche. Ein Problem dabei: Besonders die Nahrungsmittelsicherheit sei eng mit dem Wasser verknüpft. Borchardt sagt, dass es nun wichtig sei, sich auf die sich ändernden Gegebenheiten der Zukunft anzupassen.
Hydrologe: Müssen rechtzeitig Vorsorge treffen
Möglicherweise müsse man in den kommenden dreißig Jahren 30 bis 40 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewässern - heute werden diese Flächen kaum bewässert. Die große Frage werde dann sein, ob genug Wasser für die Landwirtschaft und die Trinkwassernutzung da sei. Auch über Wasser-Rationierung müsse man möglicherweise sprechen.
Zudem gebe es in Deutschland nicht überall gleich viel Niederschlag. Im Voralpenraum beispielsweise regne es noch wesentlich mehr als in Berlin. Und auch die Böden nehmen Wasser unterschiedlich auf.
Niederschlag hat sich verändert
Möglicherweise müssen wir also in Zukunft verstärkt Wasser sparen. Laut Borchardt verbraucht jeder und jede in Deutschland durchschnittlich rund 125 Liter Wasser pro Tag. Zwar sei diese Zahl in der Vergangenheit noch höher gewesen und im internationalen Vergleich noch gering, auch dank guter und gepfleger Infrastruktur.
Doch der Niederschlag habe sich verändert: Die Gesamtmenge im Jahresdurchschnitt sei einigermaßen gleich geblieben, sagt Borchardt. Aber der Niederschlag sei gleichmäßiger gewesen. Mittlerweile habe sich die Verteilung stark geschoben. Hierzulande füllten die Wasserspeicher im Boden sich vornehmlich im Winter auf. Durch die Winterdürre der letzten Jahre passiere das allerdings nur spärlich.
Der Grund für diese Verschiebung könnte in der Erwärmung der Pole und den damit zusammenhängenden Veränderungen im Jetstream liegen. Man müsse sich auf die Klimaerwärmung einstellen. "Und damit werden vielleicht auch solche Perioden wie 2018 bis 2022 oder jetzt das Jahr 2023 in vielleicht vierzig fünfzig Jahren unsere Normaljahre sein", sagt Bochardt. Das müsse man ernstnehmen.
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