Videokonferenzen und Streaming:Wie umweltschädlich ist das Internet?
von Klaus Weber
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Das Internet ist alles andere als nachhaltig. Vor allem Streaming und Online-Werbung sind wenig umweltfreundlich. Doch wie lässt sich die Ökobilanz des World Wide Web verbessern?
Rechenzentrum eines Internetdienstanbieters.
Quelle: dpa (Symbolbild)
Kennen Sie das? Tagsüber jagt eine Online-Konferenz die nächste. Dazwischen schnell ein paar Daten runterladen und WhatsApps checken, bevor man noch ein paar wichtige Mails für den nächsten Tag verschickt. Am wohlverdienten Feierabend braucht man Ablenkung vom stressigen Arbeitstag. Spielt entweder Online-Spiele oder entspannt sich beim Streamen seiner Lieblingsserie. Daneben wird auf dem "second screen" natürlich noch ein wenig gechattet.
Ein ganz normaler digitaler Alltag also, der uns sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Nochmals deutlich verstärkt durch die Pandemie. Dabei machen sich wohl die wenigsten von uns Gedanken darüber, wie viel Energie unser Handeln eigentlich verbraucht.
Quelle: ZDF, Getty Images / [M] Corporate Design
Heizung herunterdrehen, Licht ausmachen, Strom sparen: Die Energiekrise ist im Alltag der Menschen angekommen und viele fragen sich: Wie wird der Winter angesichts von Energieknappheit und hohen Preisen? Der ZDF-Themenschwerpunkt "Energiekrise" beleuchtet vom 11. bis 18. November diese und weitere Fragen zu Energiekosten und Energiewende. In den aktuellen Magazinsendungen des ZDF, in Doku-Formaten wie "plan b", "planet e.", "ZDFzeit" und "ZDFzoom", in einem "moma vor ort" aus Ludwigshafen, im ZDF-Polittalk oder online auf ZDFheute rückt die aktuelle "Energiekrise" in den Fokus, ausgelöst durch Russlands Angriff auf die Ukraine.
Mehr Treibhausgase als Flugverkehr
Nach einer Studie der Universität Lancaster war die IT- und Telekommunikationsindustrie sogar schon im Jahr 2019 für 2,8 Prozent der globalen fossilen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der vielgescholtene Flugverkehr hingegen nur für 1,7 Prozent. Ist das Internet also ein Klimakiller?
"Kann man so nicht sagen", meint Friederike Rohde vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, "denn unsere Internetnutzung trägt im Vergleich zu Sektoren wie Energie und Transport in sehr viel geringerem Ausmaß zum Ausstoß von CO2-Emissionen bei. So verursacht eine Stunde Zoomen in HD-Qualität zwischen zwei Laptops beim derzeitigen Strommix etwa 3,8 Gramm CO2, während jeder gefahrene Kilometer mit dem öffentlichen Verkehr 57 Gramm CO2 verursacht."
Energiefresser Streaming und Onlinewerbung
Dennoch längst kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen. Denn dem Wesen des Menschen ist immanent, dass er immer mehr will. Die Digitalisierung wird weiter kräftig voranschreiten und mit ihr deren Energieverbrauch. Auch wenn im Augenblick vor allem das Streaming die CO2-Bilanz des Internets extrem belastet, sind für Vivian Frick, ebenfalls vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Einfluss und Verhalten der Nutzer*innen nur nachrangig. Denn noch mehr ins Gewicht fällt das sogenannte Online-Marketing.
Das "Aufploppen" von Werbung hat kaum eine Nutzer*in selbst in der Hand. "Das zeigt", so Frick: "Wie viel Energie das Internet verbraucht, entscheiden digitale Unternehmen und letztlich muss diesen Unternehmen mit Regulierung - wie etwa der Datenschutz-Grundverordnung - Einhalt geboten werden. Ob das Internet der Umwelt schadet, darüber haben Nutzer also nur wenig Entscheidungsgewalt."
Besonders umweltschädlich: kurze Lebensdauer der Geräte
Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch für User*innen Möglichkeiten, den eigenen Energieverbrauch im Netz zu steuern. Und dies betrifft vor allem die Geräte. Frick erläutert dies so: "Nutzen wir etwa den Smart TV beim Streaming, verbrauchen wir deutlich mehr Energie und Ressourcen als mit dem Handy. Und je kürzer die Lebensdauer dieser Geräte, desto schlechter ist das für die Umwelt - denn in den Geräten sind wertvolle Ressourcen verbaut, deren Gewinnung im globalen Süden ökologisch und sozial kritisch ist."
Für den CO2-Abdruck ist es also besser, nicht jedes Jahr das neueste iPhone oder den schicksten HD-Fernseher zu kaufen. Zudem steckt viel Einsparpotenzial in der Videoqualität. Ultra-HD verbraucht etwa zehnmal mehr Strom als Standardqualität. Daneben lässt sich auch über gemeinschaftliche Gerätenutzung viel Energie sparen.
Stellschrauben für Nutzer*innen
Mit diesen Fragen beschäftigt sich auch Martin Gobbin, Technik-Redakteur bei der Stiftung Warentest. Sein Tipp: Nicht jeder Film müsse gestreamt werden, wenn er auch im Fernsehen laufe. "Wenn zehn Millionen Menschen einen Film im Fernsehen schauen, löst das nur eine einzige Ausstrahlung aus. Wenn aber zehn Millionen Menschen einen Film streamen, löst das auch zehn Millionen Übertragungen aus. Das verursacht also einen massiv höheren Stromverbrauch."
Bedeutet also: Auch wenn in erster Linie ordnungspolitische Eingriffe für ein "grüneres" Internet sorgen könnten, gibt es auch für uns Verbraucher*innen jede Menge Stellschrauben, um das Netz nachhaltiger werden zu lassen.