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FAQ
"Hallo Mama"-Masche:Messenger-Betrug - immer öfter und perfider
von Oliver Klein
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Es ist der Enkeltrick 2.0: Polizei und Verbraucherschützer warnen vor einer starken Zunahme der Betrugsmasche mit "Hallo Mama"-SMS. Die Strategien der Täter werden immer perfider.
Die Nachrichten klingen immer ähnlich: "Hallo Mama! Mein Handy ist kaputt. Das ist meine neue Nummer. Die alte kannst du löschen!" Betrüger verschicken sie massenweise via SMS oder Messenger-Diensten, meistens WhatsApp.
Es ist praktisch der Enkeltrick 2.0: Die Täter geben sich als vermeintliche nahe Angehörige aus. Beißt ein Opfer an, bitten sie irgendwann um eine Banküberweisung - meist unter dem Vorwand, dass es mit dem neuen Handy technische Probleme mit dem eigenen Online-Banking gebe. Der Polizei werden immer mehr solcher Fälle bekannt. Wer sind die Täter und wie kommen sie an die Handynummern? Mit welchen Tricks arbeiten sie? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.
Wie groß ist das Problem?
"Das ist in letzter Zeit auf jeden Fall mehr geworden", berichtet Hauke Mormann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit Blick auf die Betrugs-Nachrichten.
Landeskriminalämter der Bundesländer berichten für 2022 jeweils von Schäden in Millionenhöhe. Die Zahl der Fälle stieg 2022 deutlich an und ist derzeit weiter "auf einem hohen Niveau", heißt es auch vom Bundeskriminalamt (BKA): "Im Jahr 2022 entstand schätzungsweise bundesweit ein Schaden im zweistelligen Millionenbereich. Durchschnittlich erzielen die Täter pro Vollendung 1.000 bis 3.000 Euro", schreibt das BKA auf Anfrage von ZDFheute. Doch das ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs, weil viele Fälle - oft aus Scham - nicht zur Anzeige gebracht werden.
Typischer Chatverlauf bei der "Hallo Mama"-Masche.
Quelle: Bundeskriminalamt
Allein im Zuständigkeitsbereich der Polizei Viersen in Nordrhein-Westfalen ergaunerten Betrüger im Januar über 20.000 Euro innerhalb nur einer Woche, wie die Polizei bei Facebook mitteilte. Demnach waren die Täter im vergangenen Jahr nur im Kreis Viersen in fast 100 Fällen mit der Masche erfolgreich. Die Beute: über 250.000 Euro.
Die Masche funktioniert nicht nur in Deutschland: In Österreich hatten Anzeigen von derartigen Fällen gegen Ende des vergangenen Jahres um 350 Prozent zugenommen, berichtete das österreichische Bundeskriminalamt.
Wie kommen die Täter an die Telefonnummern?
Meist finden die Betrüger die Handynummern im Internet - aber auf ganz unterschiedlichen Wegen. Eine wichtige Quelle: Daten-Leaks. "Es gab ja zum Beispiel einen größeren Daten-Hack bei Facebook, bei dem viele Handynummern in die Öffentlichkeit gelangt sind. Aus diesem Pool wird sicherlich immer noch geschöpft", erklärt Mormann. Eine andere Möglichkeit: Die Täter suchen nach Nummern, die irgendwo im Internet stehen, zum Beispiel in Anzeigen.
Mit welchen Tricks arbeiten die Betrüger?
Besonders perfide: Um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen, schreiben die Täter inzwischen sogar teils persönliche Informationen in ihre Nachrichten - sprechen ihre Opfer beispielsweise mit Namen an oder kennen den genauen Wohnort.
"Manche Betrüger betreiben zusätzlich noch sogenanntes 'Social Engineering' - suchen also online Informationen über ihre Opfer zusammen", erklärt Mormann. Die Täter hätten dann in der Regel schon SMS-Texte mit Platzhaltern beispielsweise für die Namen vorbereitet, in die die persönlichen Informationen nur noch eingebaut werden. So lassen sich massenweise Nachrichten verschicken, die alle eine persönliche Note beinhalten. Wenn auch nur bei einem kleinen Bruchteil dieser Nachrichten ein Opfer anbeißt, lohnt es sich für die Täter bereits.
Konzerttickets privat bei Facebook kaufen? Ganz normal. Dachte sich auch Sarah, bis sie plötzlich merkt, dass sie Opfer von Identitätsdiebstahl wurde. Seitdem nutzen Betrüger ihre Identität – Name, Fotos – um andere in die Falle zu locken. Reporter Tim Schrankel will wissen: Wer steckt dahinter?27.02.2020 | 22:56 min
Wer sind die Täter?
In der Regel sind die Betrüger keine Einzeltäter: Erste Erkenntnisse aus Ermittlungsverfahren der zuständigen Landespolizeien "deuten grundsätzlich auf organisierte Täterstrukturen hin", heißt es vom BKA gegenüber ZDFheute. Dazu kommt: Die Täter sitzen oft im Ausland, die Nummern sind in der Regel nicht zurückverfolgbar - und das, obwohl die Betrüger in der Regel mit deutschen Telefonnummern agieren und anonyme Prepaid-SIM-Karten in Deutschland ja eigentlich verboten sind. Doch es gibt Schlupflöcher:
Eine weitere Möglichkeit, wie die Täter an SIM-Karten kommen: Es sei keine Seltenheit, dass SIM-Karten in großen Chargen beispielsweise von unseriösen Kioskbetreibern abgekauft werden, heißt es auf Nachfrage von ZDFheute von der Polizei in Viersen.
Wie kann man sich schützen?
Gesundes Misstrauen ist der beste Schutz vor dieser Masche. Der Rat von Polizei und Verbraucherschützern: Erhält man so eine Nachricht, sollte man Rücksprache mit dem jeweiligen Familienmitglied halten, beispielsweise die alte, bekannte Handynummer anrufen. Ohne eine solche Absicherung sollte man niemals auf Geldforderungen eingehen.