YouTube-Chefin Susan Wojcicki hatte Anbieter von Videoinhalten auf der Plattform vor Kurzem mit drastischen Worten dazu aufgerufen, in der Debatte um die EU-Urheberrechtsreform gegen mögliche Upload-Filter zu protestieren. Sie sollten sich darüber informieren, wie der Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsrichtlinie ihre YouTube-Kanäle betreffen werde und ihnen geraten, sofort zu handeln.
Artikel 13 sieht in der vom Europaparlament zuletzt verabschiedeten Fassung vor, dass sich Online-Plattformen Lizenzen von Rechteinhabern sichern müssen – und für Urheberrechtsverletzungen von Nutzern haften. Obwohl Upload-Filter nicht ausdrücklich erwähnt werden, halten Kritiker sie für eine wahrscheinliche technische Lösung, um die neuen Vorgaben umzusetzen. In Kraft getreten ist dieses Prozedere noch nicht.
Per Filter überprüft
„Mit der reformierten Richtlinie soll das Urheberrecht innerhalb der EU harmonisiert werden“, erklärt Michael Terhaag, Fachanwalt für IT-Recht. „Besonders kritisch wird hier die Problematik um die sogenannten Upload-Filter und das Leistungsschutzrecht gesehen.“ Die Upload-Filter bedeuten, dass hochgeladene Videos vor der Veröffentlichung zuerst durch Programme auf urheberechtlich geschützte Bestandteile untersucht werden. Werden geschützte Inhalte festgestellt, wird das Video nicht veröffentlicht.
Der Vorstoß, die Rechte von Fotografen, Komponisten und Filmemachern stärker zu schützen, sei zu begrüßen, sagt Michael Terhaag. „Das Problem ist aber, dass das Recht einige Ausnahmetatbestände vorsieht, bei denen das Urheberrecht zurücktreten muss. Dazu gehört das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Zitatrecht oder die Kunstfreiheit. Computerprogramme können die hierzu erforderliche Güterabwägung und individuelle Bewertung nicht vornehmen“, konkretisiert der Fachanwalt.
Als Beispiel führt er das Geschichtszitat und dessen künstlerische Bearbeitung an, aus der ein neues, schützenswertes Werk entstehen kann. „Die Bewertung, ob dies zulässig ist oder nicht, kann0 nicht von einem Maschinenprogramm vorgenommen werden“, so Terhaag. Die Folge werde das sogenannte Overblocking sein: „Es wird zu viel nicht veröffentlicht werden, nur um nicht haftbar gemacht zu werden.“
Nur noch Inhalte großer Unternehmen?
Der Vorschlag der EU zwinge Plattformen wie YouTube, nur Inhalte von einer Handvoll großer Unternehmen zuzulassen, bei denen sichergestellt werden könne, dass die Lizenzen vorhanden sind, sagte YouTube-Chefin Susan Wojcicki. „Das geht bei kleinen Bloggern zwar grundsätzlich auch, ist aber um ein Vielfaches aufwendiger“, weiß Michael Terhaag. Außerdem sei ein kleiner Blogger wirtschaftlich gar nicht in der Lage, die Kosten zu übernehmen, sollte es zu Urheberrechtsverletzungen kommen.
Susan Wojcicki warnte zudem davor, dass die Neuregelung das Internet, wie man es heute kennt, drastisch verändern könne. Michael Terhaag beschwichtigt: Er glaube nicht, dass YouTube alle Kanäle dicht mache und damit sein Geschäftsmodell völlig über den Haufen werfe. Ein Sprecher der EU-Kommission betonte, dass der Gesetzesvorschlag nicht auf YouTube-Nutzer oder andere Plattformen ziele. Die Nutzer werden weiterhin in der Lage sein, das zu tun, was sie heute tun, etwa Anleitungen oder andere kreative Inhalte hochzuladen. Stattdessen solle die Position von Rechteinhabern gestärkt und ihre Inhalte besser vergütet werden.
Mit Material von ZDF, dpa