Weinbau in Norddeutschland ist bislang noch eine Besonderheit: Vergleicht man die rund 100.000 Hektar Reben, die in den 13 deutschen Weinanbaugebieten wachsen, mit den Flächen in nördlichen Regionen, ist der Anbau sehr überschaubar. „Insofern sind die Weine aus den norddeutschen Regionen eine Spezialität. Sie werden oftmals nur zu besonderen Anlässen ausgeschenkt und sind über die klassischen Vertriebswege kaum erhältlich“, so Weinexperte Steffen Schindler. „International sind diese Weine völlig unbekannt und auch in Deutschland wissen nur wenige Menschen, dass beispielsweise in Schleswig-Holstein oder Berlin Reben wachsen.“
Aufgrund des Klimawandels und der damit einhergehenden Erwärmung sind die Voraussetzungen für den Weinanbau auch im Norden Deutschlands in den letzten Jahren besser geworden. Oftmals werden dort pilzwiderstandsfähige Rebsorten angebaut, die weniger Pflanzenschutz benötigen und dadurch einen geringeren Aufwand in der Bewirtschaftung bedeuten. Eine der erfolgreichsten Sorten dieser Art, die umgangssprachlich auch als „Piwi“ bezeichnet wird, ist die rote Rebsorte „Regent“. Bei Weißweinrebsorten findet man mittlerweile recht häufig Neuzüchtungen, beispielsweise „Solaris“ oder „Johanniter“.
Mit der Neuregelung des Weinanbaus in Deutschland, die vorerst bis 2020 gilt, dürfen seit 2016 in allen Bundesländern jährlich rund fünf Hektar Rebflächen neu angelegt werden. Vorher galt für viele Jahrzehnte europaweit ein Verbot für Neuanpflanzungen von Weinbergen. Jedoch sind die Rebflächen in Norddeutschland rechtlich gesehen keine neuen Weinanbaugebiete in denen Qualitätswein erzeugt werden darf. Lediglich in Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Brandenburg wurden Landweingebiete ausgewiesen. Die Weine von dort dürfen beispielsweise als Mecklenburger Landwein oder Schleswig-Holsteiner Landwein vermarktet werden.