Wer unter akuten Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Durchfall leidet, kann sich oft auch akut mit einem Medikament behelfen – und es dann wieder weglassen. In vielen anderen Situationen sieht das aber anders aus, da kann eigenmächtiges Absetzen dramatische Folgen haben.
Es gibt eine Reihe von Krankheitsbildern und dazu verabreichten Medikamenten, bei denen man auf keinen Fall die Therapie ohne Rücksprache mit dem Arzt beenden sollte:
Blutverdünner
Eine aktuelle Studie zeigt das für die Blutverdünnung nach einem Herzinfarkt. Patienten nach einem Herzinfarkt sollten lebenslang Acetylsalicylsäure (ASS) in niedriger Dosierung einnehmen. Diese Substanz verhindert, dass Blutplättchen zusammenklumpen und als Pfropf wieder ein Gefäß im Herz verschließen. Die Studie ergab nun, dass etwa zehn bis 20 Prozent der Betroffenen das ASS innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Infarkt auf eigene Faust wieder absetzen. Bei ihnen lag die Gefahr für einen erneuten Verschluss in den folgenden drei Jahren um 37 Prozent höher als bei Patienten, die die Therapie fortführten.
Blutdrucksenker
Blutdrucksenkende Medikamente (Antihypertensiva) müssen in der Regel auf Dauer genommen werden. Es gibt aber Fälle, in denen zum Beispiel durch eine Gewichtsabnahme oder Sport der Blutdruck sinkt und sich die Antihypertensiva zumindest reduzieren lassen. Bei einigen Substanzen geht das problemlos von heute auf morgen, nicht aber, wenn es sich um Betablocker handelt.
Setzt man Betablocker schlagartig ab, kann es passieren, dass der Organismus darauf übertrieben reagiert und der Blutdruck akut auf enorm hohe Werte ansteigt. Das birgt zum Beispiel die Gefahr eines Schlaganfalls. Betablocker müssen daher langsam – über etwa ein bis zwei Wochen – bis zum endgültigen Absetzen herunterdosiert werden.
Migräne (Vorbeugung)
Betablocker finden auch zur Vorbeugung von Migräneattacken Verwendung. Wirken sie dort nicht ausreichend oder werden nicht vertragen, kann man diese Prophylaxe auch wieder stoppen.
Aber auch hier gilt: langsam die Menge reduzieren. Anders als bei Patienten mit Bluthochdruck drohen bei abruptem Stopp zwar keine Blutdruckkrisen, aber zum Beispiel Schweißausbrüche und Herzrasen.
Antidepressiva
Die Depression verläuft bei vielen Patienten in Episoden, die wieder abklingen. In den Zeiten dazwischen besteht vielfach die Möglichkeit, Antidepressiva zu reduzieren oder ganz wegzulassen. Die Entscheidung darüber muss aber unbedingt der Arzt treffen, wer auf eigene Faust seine Therapie beendet, riskiert einen raschen Rückfall. Befürwortet der Arzt die Pause, kann man bei einer Reihe von Substanzen die Einnahme sofort beenden.
Doch Vorsicht bei der Gruppe der sogenannten selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI) bzw. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmern (SNRI) . Werden Sie von heute auf morgen abgesetzt, kommt es bei vielen Patienten zu einer Art Entzug. Er äußert sich zum Beispiel durch Stimmungsschwankungen, Unruhe, Muskelzuckungen oder Schlafstörungen. Manchmal lassen sich diese Symptome nur schwer von denen eines Rückfalls in die Depression unterscheiden und die Medikamente werden weiter verordnet. Um gar nicht erst in diese Lage zu geraten, sollten SSRI und SNRI sehr langsam - über Wochen bis Monate – unter schrittweiser Reduktion der Dosis „ausgeschlichen“ werden.
Säureblocker
Zu den am häufigsten verordneten Medikamenten überhaupt gehören Säureblocker, die sogenannten PPI. Sie lindern die Symptome durch Rückfluss von saurem Magensaft (Reflux) in die Speiseröhre wie Sodbrennen. Manche Menschen nehmen sie nur bei Bedarf ein, etwa wenn sie nach einem fetten Essen unter Sodbrennen leiden. Viele erhalten sie aber als Dauertherapie. Durch Umstellung der Ernährungsgewohnheiten oder Gewichtsreduktion lässt sich aber oft der Reflux eindämmen und die PPI werden verzichtbar.
Ähnlich wie bei Betablockern kann es beim plötzlichen Weglassen von PPI aber zu einer heftigen Gegenreaktion des Körpers kommen, er produziert dann vermehrt Säure und die Beschwerden kehren rasch und heftig zurück. Deshalb empfiehlt es sich, auch PPI über mehrere Tage hinweg herunter zu dosieren, ehe man sie ganz absetzt.