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Lesen: gut, Rechnen: mangelhaft

Auf Kriegsfuß mit den Zahlen

Viele Kinder können Mathe nicht leiden - doch manche leiden an einer Rechenschwäche, auch Dyskalkulie genannt. Eine Therapie kann helfen.

Datum:
02.08.2017
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Mathematik ist für viele Schüler nicht gerade das Lieblingsfach. Doch einige Kinder sind einfach nicht so gut wie die anderen - und können nichts dafür: Sie leiden an einer Rechenschwäche, Dyskalkulie genannt.

Rechenstörung, auch Dyskalkulie genannt, ist eine schulische Entwicklungsstörung. Betroffene Kinder haben grundlegende Probleme im Verständnis von Mengen und Zahlen, was sich meist zu Beginn der Schulzeit bemerkbar macht. Typisch sind Schwierigkeiten mit den Grundrechenarten, aber auch im Umgang mit Geld, Maßeinheiten oder der Uhrzeit.

Mathematik gehört zu den versetzungsrelevanten Kernfächern. Klassenarbeiten und Hausaufgaben werden daher häufig zum belastenden Kraftakt und enden in Tränen, Wut oder Frustration. Eine nicht erkannte Rechenstörung kann zu generellem Schulversagen und emotionalen Störungen führen. Angaben zur Häufigkeit der Dyskalkulie schwanken zwischen drei und sechs Prozent.

Ursachen unklar

Die Dyskalkulie ist eine komplexe Störung, deren Ursachen noch nicht genau erforscht sind. Die Fähigkeit, mit Zahlen und Mengen umzugehen, hängt von den sogenannten neuronalen Vorgängen im Gehirn ab. Bereits Säuglinge können Mengen und Mengenveränderungen im Zahlenraum bis drei erkennen. Die Fähigkeit, komplexe Rechenaufgaben zu bewältigen, entwickelt sich mit der Entwicklung des Gehirns.

Bei Rechenschwachen konnte eine deutlich verminderte Aktivität in verschiedenen Bereichen des Gehirns nachgewiesen werden. Mangelnde Übung und Einflüsse des Elternhauses sind vermutlich keine Ursachen der Dyskalkulie, können aber den Verlauf und Schweregrad beeinflussen.

Eins und eins gleich drei?

Kinder mit Dyskalkulie haben große Probleme beim Erfassen und Vergleichen von Mengen (mehr/weniger) oder Zahlen (größer/kleiner) und infolgedessen auch mit den Grundrechenarten. Sie verstehen Zahlen meist nur als Positionen auf einem Zahlenstrahl, es fehlt das Verständnis, dass Zahlen Stellvertreter von Mengen sind. Häufig zeigen sich zudem Probleme im Umgang mit Uhrzeit, Geld oder anderen Maßeinheiten.

In der Regel fällt den Lehrern oder Eltern auf, dass mit dem Kind „etwas nicht stimmt“, weil es an relativ einfachen Rechenaufgaben scheitert. Allerdings nutzen Kinder auch Ausweichstrategien und kommen durch Abzählen an den Fingern oder an einem imaginären Zahlenstrahl sowie Auswendiglernen zu Beginn der Schulzeit oft noch auf korrekte Ergebnisse. Bei größeren Zahlenräumen ab der zweiten Klasse werden die Lösungswege allerdings länger, aufwendiger und fehleranfälliger.

Störung ungleich Schwäche

Eine Trennung der Begriffe Rechenstörung und Rechenschwäche wird in der kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis vorgenommen, deren Stellungnahme auch für die Beantragung außerschulischer Hilfen notwendig ist. Dazu sind neben einer Befragung zur Entwicklung, zum Verhalten und zur Schullaufbahn des Kindes vor allem ein standardisierter Rechentest und ein allgemeiner Intelligenztest nötig. Ein großer Unterschied zwischen der allgemeinen intellektuellen Begabung und dem Versagen im Rechnen deutet auf eine Rechenstörung hin. Ist der Unterschied gering, wird eher eine Rechenschwäche angenommen.

Eine Rechenstörung liegt außerdem nur vor, wenn die Rechenprobleme nicht allein auf eine allgemeine Lernstörung, eine neurologische Erkrankung, eine Hör- oder Sehminderung, unqualifizierten Unterricht oder Schulversäumnis zurückzuführen sind.

Was aber hilft?

Üben mit den Eltern hilft Kindern mit Dyskalkulie in der Regel nicht weiter. Zudem könnte dadurch die Eltern-Kind-Beziehung belastet werden. In Schulen fehlt es meistens an Kapazitäten und Qualifikationen, um Kinder mit Dyskalkulie ausreichend zu unterstützen. Qualifizierte Lerntherapeuten dagegen können auf die individuellen Besonderheiten einer Rechenstörung eingehen und den Kindern spielerisch wichtige mathematische Kompetenzen vermitteln. Da die Bezeichnung Lerntherapeut nicht geschützt ist, sollten Eltern die Qualifikationen der Anbieter erfragen.

Durch gezielte Therapie und Förderung können betroffene Kinder wichtige mathematische Fähigkeiten für die Schule und den Alltag erlernen und oftmals emotionale Störungen verhindert werden. Des Weiteren sind Förderung sowie Nachteilsausgleiche und Notenschutz in der Schule sinnvoll, sofern dies das Schulsystem des Bundeslandes und die jeweilige Schule erlauben.

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