Laut einer Studie wohnen 90 Prozent der über 80-Jährigen zu Hause (Alterssurvey 2014). In ein Pflegeheim gehen? Für viele keine Option. Viele erwachsene Kinder betreuen daher ihre Eltern, auch wenn diese weit weg wohnen.
Doch in vielen Fällen lassen sich Beruf, Kinder und Betreuung der Eltern nicht unter einen Hut bringen. Spätestens, wenn etwa ein Schlaganfall zu einer Pflegebedürftigkeit der Eltern führt, muss eine andere Lösung her. Doch welche Möglichkeiten gibt es, wenn der Pflegefall eintritt? Und vor allem: Wie können Senioren und die erwachsenen Kinder dauerhaft entlastet werden?
Sozialdienst im Krankenhaus erster Ansprechpartner
Michael Zemski ist Krankenpfleger und beim Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nord-West. Aus eigener Erfahrung mit seinen Eltern weiß er, wie wichtig es ist, sich frühzeitig, „also möglichst vor Eintritt des Unterstützungsbedarfes“, offen mit dem Thema zu beschäftigen.
Im Falle eines Schlaganfalls etwa sollten sich die Kinder mit dem Sozialdienst des Krankenhauses, dem Pflegepersonal und dem behandelnden Arzt in Verbindung setzen, um das weitere Vorgehen abzusprechen, denn: „Der Krankenhaus-Arzt kann vor der Entlassung eine Verordnung häuslicher Krankenpflege für bis zu sieben Tage ausstellen, die für eine Übergangslösung sorgen kann“, so Zemski. Genauso sei eine Eileinstufung in einen der fünf Pflegegrade möglich. Die erwachsenen Kinder hätten im Fall der kurzfristigen Pflegebedürftigkeit der Eltern zudem die Möglichkeit, eine Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Tagen beim Arbeitgeber geltend zu machen.
Pflegegrad bestimmt Höhe der Kostenübernahme
Generell muss zwischen stationärer Pflege – also etwa einem Altenheim – und ambulanter Pflege unterschieden werden. Bei den ambulanten Möglichkeiten bewohnen die Senioren nach wie vor ihre eigenen vier Wände und werden von Pflegepersonal versorgt, je nach Bedürftigkeit und Pflegegrad nur wenige Stunden in der Woche oder 24 Stunden am Tag.
Kosten für den ambulanten Pflegedienst werden von der Pflegeversicherung aber nur dann übernommen, wenn mindestens der Pflegegrad zwei besteht. Dafür muss eine „erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ vorliegen. Insgesamt gibt es fünf Stufen. Genau wird der Pflegegrad mit einem Kriterienkatalog von einem medizinischen Gutachter der Krankenversicherung vorgenommen. Dabei wird geprüft, inwieweit die Mobilität, die Kommunikation und das Denken beeinträchtigt sind, aber auch psychische Probleme, Selbstständigkeit und soziale Kontakte werden berücksichtigt. Je höher der Pflegegrad, desto mehr Geld, also die sogenannten Pflegesachleistungen, erstattet die Pflegeversicherung.
Die Pflegesachleistungen sind also in erster Linie dafür da, den ambulanten Pflegedienst zu bezahlen und unterscheiden sich damit vom sogenannten Pflegegeld. Dieses kommt dann zum Einsatz, wenn beim Pflegegrad von mindestens zwei nicht der ambulante Pflegedienst, sondern die Angehörigen selbst die Pflegeleistungen übernehmen. Das Pflegegeld beträgt etwa die Hälfte der Pflegesachleistungen und wird ebenfalls den Pflegebedürftigen direkt ausgezahlt. Ambulante und familiäre Pflege können aber auch kombiniert werden, in dem Fall werden auch Pflegesachleistungen und Pflegegeld anteilig berechnet. Wer in den eigenen vier Wänden gepflegt wird, hat zusätzlich Anspruch auf 125 Euro monatlich, den sogenannten Entlastungsbeitrag. Er wird auch bei Pflegegrad eins ausgezahlt.
Hausnotruf in jedem Fall sinnvoll
Doch auch wenn der Pflegefall nicht eintritt – vielen Berufstätigen fehlt die Zeit, am Wochenende zu ihren Eltern zu fahren. Krankenpfleger Zemski rät: „Es gibt die Möglichkeit, einen Hausnotruf zu nutzen, bei dem der Alarm zum Beispiel in einer Hausnotrufzentrale aufläuft.“ Aber auch regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen in der Gemeinde oder „Essen auf Rädern“ sowie gemeinsame Telefonzeiten mit der Familie seien Möglichkeiten, der Einsamkeit entgegenzuwirken. Für ein kleines bisschen Entspannung am Wochenende statt langer Pendelstrecken.