Die Verbraucherzentrale hat 26 Nahrungsergänzungsmittel für Kinder überprüft: Bei 85 Prozent der Produkte lag mindestens eines der Vitamine oder Mineralstoffe über dem Referenzwert der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Vier- bis Siebenjährige. Vor allem bei Vitaminen in Form von Bonbons oder Bärchen bestehe zudem die Gefahr, mit Süßigkeiten verwechselt und in größeren Mengen verzehrt zu werden. Laut Untersuchung können solche Nahrungsergänzungsmittel pro Kind bis zu 500 Euro im Jahr kosten.
Für gesunde Kinder überflüssig
„Kinder in Deutschland leiden kaum an Vitamin- oder Mineralstoffmangel“, sagt Arzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht. Selbst im Winter sei eine mögliche Unterversorgung nicht so dramatisch, dass sie mit zusätzlichen Präparaten ausgeglichen werden müsse. Selbst wenn ein Kind nur wenig Obst und Gemüse esse, sei eine Gabe nicht notwendig, da in den meisten verarbeiteten Lebensmitteln genügend Vitamine und Mineralstoffe enthalten seien. „Trotzdem bekommen Studien zufolge etwa zehn Prozent aller Kinder im Alter von zwei bis 18 Jahren hierzulande Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel.“
Oft sei eher ein schlechtes Gewissen der Grund für die Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln, als ein tatsächlicher Mangel. „Vielleicht haben die Eltern es mit der Ernährung der Kinder nicht so genau genommen und denken dann, sie tun ihnen mit den Präparaten etwas Gutes.“ Erkaufen lasse sich die Gesundheit der Kinder aber nicht, so Specht: „Es gibt keine Alternative zu vernünftiger Ernährung, ausreichendem Schlaf und viel Bewegung an der frischen Luft.“ Eine übermäßige Zufuhr von Nährstoffen führe nicht zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit oder der Gehirnfunktion.
Anreicherung im Körper
Sinnvoll könnten Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sein, die chronisch krank sind oder nicht raus an die frische Luft kommen. „Diese Kinder sind in der Regel aber sowieso in ärztlicher Behandlung und bekommen Spezialpräparate verschrieben“, sagt Dr. Christoph Specht.
Eine zu hohe Dosis wasserlöslicher Vitamine sei nicht schädlich für den Körper, sie werden wieder ausgeschieden. „Die fettlöslichen Vitamine A oder D können sich aber im Fettgewebe des Körpers anreichern und zu Kopfschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit führen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was man erreichen will“, sagt Dr. Christoph Specht.
Schlechte Ernährung kann nicht ausgeglichen werden
„Wenn man seinen Kindern etwas Gutes tun will, sollte man dafür sorgen, dass sie genug schlafen, an die frische Luft in die Sonne gehen und sich viel bewegen“, rät Dr. Specht. Fehlende Bewegung im Kindesalter könne später nicht mehr aufgeholt werden, denn der Haupt-Muskelaufbau sei im Alter von 25 Jahren abgeschlossen.
Es sei natürlich nicht gut, wenn Kinder kein Gemüse essen, aber fehlendes Gemüse könne nicht durch Nahrungsmittelergänzungsmittel ersetzt werden. Ohnehin habe schlechte Ernährung großen Einfluss auf den Körper: Nehme man zu viel Fett, Zucker und Kohlenhydrate zu sich, verändere sich das Geschmacksempfinden. „Man gewöhnt sich daran und empfindet andere Geschmacksrichtungen nicht mehr als lecker. Die Folge ist eine Gewichtszunahme“, so Specht.