Kalte, blasse Finger vor allem im Winter – das ist gerade für junge Frauen nichts Neues. Doch wenn die Finger bei sinkenden Temperaturen fast schon absterben, ist Vorsicht geboten. Dahinter könnte sich das sogenannte Raynaud-Syndrom verbergen, auch als „Weißfingerkrankheit“ oder „Leichenfinger“ bekannt. Und das deutet nicht selten auf etwas viel Schwerwiegenderes hin.
Betrifft Finger und Zehen
Das Raynaud-Syndrom bekam seinen Namen im 19. Jahrhundert, nachdem der französische Arzt Maurice Raynaud es als erster wissenschaftlich untersucht hatte. Inzwischen gibt es auch Bezeichnungen wie „Weißfingerkrankheit“ oder „Leichenfinger“. Das Raynaud-Syndrom bezeichnet eine plötzliche, anfallsartige Durchblutungsstörung der Finger (oder Zehen), die vor allem durch Kälte, aber auch durch Stress ausgelöst wird. Etwa drei bis sechs Prozent der Bevölkerung leiden darunter, Frauen etwa viermal häufiger als Männer.
Typisch ist das sogenannte „Trikolore-Phänomen“: In der ersten Phase sind die Finger durch die eingeschränkte Durchblutung weiß, wenn dann das Blut wieder beginnt einzufließen, verfärben sie sich blau - und weil der Körper dann mit einem vermehrten Bluteinstromfluss reagiert, werden sie rot.
Primär oder sekundär?
Das Raynaud-Syndrom ist oft mit starken Schmerzen verbunden, vor allem in der letzten Phase. Es kann wenige Minuten, aber auch über Stunden andauern. Mediziner unterscheiden ein primäres Raynaud-Syndrom (auch Morbus Raynaud genannt) von einem sekundären. Beim primären gibt es keine fassbare Ursache, es zeigt sich schon in jungen Lebensjahren und die Anfälle hinterlassen keine Schäden. Dem sekundären liegt in der Regel eine – meist rheumatologische – Erkrankung zugrunde und es tritt klassischerweise erst nach dem 30. Lebensjahr auf. Auch manche Medikamente, Drogen, Verletzungen (beispielsweise Erfrierungen) oder Vibrationen können die Durchblutungsstörung auslösen.
Bei schweren Grunderkrankungen kommt es auf Dauer durch die Durchblutungsstörungen zu irreparablen Gefäßveränderungen. Dadurch drohen auch Schäden am Gewebe wie zum Beispiel Geschwüre an den Fingern. Bei den Grunderkrankungen dominieren solche an anderen Gefäßen (Vaskulitiden) oder am Bindegewebe (Kollagenosen). Beim primären Raynaud-Syndrom behält der Daumen normalerweise seine normale Farbe und Temperatur, beim sekundären ist er mit betroffen. Wenn die Anfälle immer länger anhalten und unter Umständen auch bei Zimmertemperatur auftreten, die Haut dicker wird oder spannt und spätestens, wenn sich Geschwüre bilden, muss man nach solchen Erkrankungen gezielt suchen.
-
Wie behandeln?
Zur Vorbeugung gegen das Raynaud-Syndrom sollten Betroffene in erster Linie Kälte und Nikotin meiden. Handschuhe, beheizbare Gelkissen, Taschenofen oder erwärmbare Therapiebälle bieten einen gewissen Schutz und versprechen Linderung. Auch physikalische Therapien (beispielsweise Kohlensäurebäder, Hirse zum Kneten oder biomechanische Stimulierung sowie Entspannungstrainings) kommen zum Einsatz.
Die Therapie bei sekundärem Raynaud-Phänomen richtet sich nach der verantwortlichen Grunderkrankung. Von ihr hängt auch die Prognose im Hinblick auf die Durchblutungsstörung ab. Bei manchen Krankheiten führt eine erfolgreiche Therapie auch dazu, dass die Anfälle aufhören, bei anderen bleiben sie trotz Linderung des Grundleidens erhalten. Dann kann es nötig werden, das Phänomen selbst separat zu behandeln. Dazu werden durchblutungsfördernde Medikamente, die vorwiegend aus der Therapie des Bluthochdrucks stammen, eingesetzt.