Die in Arztpraxen häufig angebotenen Selbstzahler-Leistungen sind aus Sicht von Medizinexperten der Krankenkassen oft nutzlos oder können sogar schaden. Früherkennungen per Ultraschall, Messungen des Augeninnendrucks und andere Igel-Leistungen widersprächen teils den Empfehlungen von Fachverbänden, teilte der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen mit.
Geschäftsführer Peter Pick sagte, die Angebote orientierten sich nicht am nachgewiesenen Nutzen, sondern an Vorlieben von Arztgruppen und Umsatzinteressen der Praxen: „Zum Teil werden Patienten unter Druck gesetzt, damit sie solche Leistungen annehmen. Das ist nicht hinnehmbar“, kritisiert Pick. Etwa eine Milliarde Euro geben gesetzlich Versicherte jährlich in deutschen Arztpraxen für solche Leistungen aus. Das Spektrum reicht von der professionellen Zahnreinigung über die Laserbehandlung von Krampfadern und Reiseimpfungen bis zur Augeninnendruckmessung zur Früherkennung des grünen Stars.
Mehr Schaden als Nutzen?
Insgesamt bekommt jeder zweite Versicherte beim Arztbesuch Leistungen angeboten, die privat zu zahlen sind. Zu den häufigsten erbrachten Leistungen gehört die Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung. Eine solche alleinige Messung ohne eine Augenspiegelung werde vom Berufsverband aber als „Kunstfehler“ eingestuft, erläuterte der Medizinische Dienst. Diese Leistung wurde jedem Fünften (22 Prozent) angeboten, gefolgt vom Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung bei Frauen (19 Prozent). Zur Ermittlung der meistverkauften IGel-Leistungen wurden 2000 gesetzlich Versicherte von 20 bis 69 Jahren befragt.
Weitere Topseller sind demnach der Ultraschall der Brust zur Krebsfrüherkennung (zwölf Prozent) und der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern (sieben Prozent). Alle diese genannten Untersuchungen stuft der von der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierte "Igel-Monitor" als negativ, tendenziell negativ oder bestenfalls unklar ein. Wie die Umfrage weiter zeigt, ging nur bei vier Prozent der erbrachten Selbstzahlerleistungen die Initiative vom Patienten aus. Mehr als jeder dritte Patient gab an, dass er sich bedrängt und unter Druck gesetzt fühlte.
Mit Material dpa/afp