Menschen mit Suizidabsichten befinden sich häufig in einer Art „Tunnel“ und sind für ihre Umgebung nur schwer erreichbar. Sie sind völlig verzweifelt und sehen keine andere Lösungsmöglichkeit mehr, als sich das Leben zu nehmen. Dem geht allerdings oft über einen längeren Zeitraum ein „Erwägungsstadium zwischen „sein“ und „nicht sein“ voraus. In diesem Stadium ist die Steuerungs- und Distanzierungsfähigkeit vom Suizid noch erhalten. Dann kann es mithilfe von Gesprächen gelingen, den Suizidgefährdeten in seinen Gedanken zu unterbrechen und ihm die erforderlichen Hilfsmöglichkeiten zu vermitteln.
Direkte und indirekte Warnsignale
Die meisten Betroffenen senden vor einem Suizidversuch direkte oder indirekte Warnsignale aus. Es gibt allerdings auch Suizide, die vollkommen ohne Warnzeichen vollzogen werden und daher für Außenstehende gar nicht oder nur sehr schwer zu ahnen sind.
Zu den direkten und indirekten Warnsignalen zählen beispielsweise:
- Ein Hoffnungslosigkeits- und Ausweglosigkeitsgefühl
- Die Wahrnehmung einer zunehmenden Einengung der Gefühlswelt
- Das Bestehen von Suizidfantasien und -planungen, sowohl als verbaler Hinweis, als auch als nonverbaler Hinweis (zum Beispiel durch das Sammeln von Tabletten)
- Sozialer Rückzug
- Abschied nehmen
- Kürzliche Verlusterlebnisse einschließlich des Verlusts von Wertbindungen
Je mehr solcher Signale erkennbar sind, desto wichtiger ist es, das Thema nicht zu tabuisieren und den Betroffenen direkt anzusprechen und ihm Hilfe anzubieten, denn: Wer Hilfe sucht – ob direkt oder indirekt – hat sich noch nicht ganz aufgegeben.
Prävention kann Leben retten. Auch anonyme Beratungen und Begleitungen sind in diesen Fällen hilfreich. In den vergangenen Jahren ist vor allem die Online-Beratung bundesweit ausgebaut worden.
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Hilfe für junge Menschen mit psychischen Erkrankungen
Tomoni mental health ist eine Anlaufstelle für Eltern und Lehrkräfte. Das gemeinnützige Unternehmen gibt kostenlose Online-Schulungen, um Anzeichen psychischer Erkrankungen bei betroffenen jungen Menschen rechtzeitig zu erkennen und aktiv zu werden. "Game Changer", junge, teils selbst betroffene Menschen arbeiten an den Präventivprogrammen mit. Sie geben Tipps zum Umgang mit Betroffenen.
Peer-Beratung für Jugendliche
Einen besonderen Weg geht die Online-Jugendberatung „Youth-Life-Line“ des Arbeitskreis Leben e.V. Reutlingen/Tübingen mit ihrem Peer-Konzept. Hier sind Gleichaltrige im Austausch mit Gleichaltrigen. Das Konzept baut auf der Erfahrung auf, dass vor allem junge Menschen sich in Krisensituationen an Gleichaltrige wenden. Wenn dies im direkten Umfeld schwierig ist – Suizidgedanken sind oft mit Scham behaftet, man weiß nicht, wie man darüber sprechen soll – kann eine anonyme Beratungsstelle wie „Youth-Life-Line“ eine gute Alternative darstellen.
Ein Team von ehrenamtlichen Peer-Berater*innen befassen sich mit den ankommenden Mails und kommen in den schriftlichen Austausch mit den Ratsuchenden. Prinzipiell ist der Mail-Austausch langfristig angelegt und geht meist über Monate. Ziel ist es, den Suizid zu verhindern, bei den bestehenden Problemen zu helfen, Ressourcen zu finden, die an das Leben binden. Sozialpädagogische Fachkräfte begleiten die Arbeit der jugendlichen Peer-Berater*innen. Der Austausch im Team ist dabei ebenso wichtig wie eine individuelle Unterstützung beim Formulieren der Mails. Bei besonderen Problemen wie sexuellem Missbrauch oder Mobbing verweisen die Peer-Berater*innen ergänzend oder alternativ an spezialisierte Beratungsstellen. Manchmal wird auch eine Therapie vor Ort angeregt.