Epileptische Anfälle können unterschiedlich stark und häufig auftreten. Bei einem Anfall kommt es zu einer Funktionsstörung des Gehirns, wobei sich die Nervenzellen der Großhirnrinde quasi „entladen“. Betroffene empfinden diese Funktionsstörungen als unterschiedliche Bewusstseins- und Empfindungsstörungen. Sie können sich ebenso als Krampfanfälle oder Zuckungen äußern.
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Fokal oder generalisiert?
Bei den Anfällen unterscheidet man zwischen fokal und generalisiert. Die fokalen Epilepsieanfälle gehen von einem begrenzten Bereich des Gehirns aus und betreffen nur eine Gehirnhälfte. Bei generalisierten Anfällen sind beide Gehirnhälften betroffen und die Patienten reagieren dementsprechend heftig. Dazu gehört auch der sogenannte Grand-Mal-Anfall, der sich durch extreme Zuckungen der Extremitäten, Bewusstseinsverlust und Versteifung des Körpers äußert.
Epilepsieanfälle können einige Sekunden bis hin zu wenigen Minuten dauern. Dauert ein Anfall länger als fünf Minuten oder wiederholt er sich innerhalb von wenigen Minuten mehrfach, spricht man vom lebensbedrohlichen „Status Epilepticus“, der immer von einem Notarzt behandelt werden sollte.
Schnell handeln
Betroffene haben nur sehr wenig Zeit zu reagieren, sobald sie bemerken, dass sie einen epileptischen Anfall erleiden. Nur selten bleibt Zeit, ein krampflösendes Notfallmedikament rechtzeitig einzunehmen, um einen Anfall abzuwehren. Generell müssen Betroffene ihr Leben lang Antiepileptika nehmen, um den Anfällen möglichst vorzubeugen.
Allerdings gelten bis zu 40 Prozent der Epilepsiepatienten als pharmakoresistent. Die internationale Epilepsieliga definiert diesen Ausdruck als „Versagen von zwei geeigneten Behandlungsversuchen mit vertragenen sowie angemessen ausgewählten und eingesetzten Antiepileptika“ (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Epileptologie). Dann müssen Betroffene andere Therapiemaßnahmen oder Unterstützung in Anspruch nehmen, zum Beispiel in Form eines Epilepsiewarnhundes.
Vierbeiniger Helfer
Es gibt zwei Arten von Assistenzhunden, die Epileptikern zur Seite gestellt werden können. Dabei unterscheidet man zwischen Epilepsieanzeigehunden und Epilepsiewarnhunden. Die Anzeigehunde reagieren, sobald ein Epilepsieanfall geschehen ist, in Form von Bellen, Stupsen, Lecken oder Kratzen. Sie holen beispielsweise andere Personen zur Hilfe.
Epilepsiewarnhunde sind eine besondere Art von Assistenzhunden. Denn sie warnen Betroffene etwa zwei bis fünf Minuten, bevor ein epileptischer Anfall auftritt. Das funktioniert so: Bevor der epileptische Anfall geschieht, sinkt der Sauerstoffpartialdruck und die Sauerstoffsättigung der Patienten. Die Epilepsiewarnhunde nehmen diesen Abfall der Sauerstoffsättigung wahr und schlagen an. Das heißt, sie machen sich zum Beispiel durch Lecken am Mund oder Knabbern am Ohr bei ihren Besitzern bemerkbar. Dann bleibt meist noch genug Zeit, um das Notfallmedikament einzunehmen, das den epileptischen Anfall verhindern kann.
Besonderheit der Hunde
Die Fähigkeit, einen Epilepsieanfall wahrzunehmen, kann den Hunden nicht antrainiert werden. Epilepsiewarnhund werden mit dieser besonderen Fähigkeit geboren. Das heißt, sie warnen Epileptiker schon im Welpenalter, ohne jemals darauf trainiert worden zu sein. Diese intuitive und individuelle Begabung der Hunde wird im Training mit einer Hundetrainerin gefördert.
Um festzustellen, ob Hunde die Fähigkeit des Warnens vor einem epileptischen Anfall haben, gibt es zwei Möglichkeiten: Oft wird per Zufall in einem Haushalt mit Epileptiker festgestellt, dass der Hund sich vor einem Anfall merkwürdig verhält. Wenn ein Hund einmal dieses Verhalten zeigt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er auch bei künftigen Anfällen Warnverhalten anzeigt.
Gezielte Suche
Wenn Patienten gezielt auf der Suche nach einem Epilepsiewarnhund sind, suchen speziell ausgebildete Trainer die Welpen aus. Bereits im Alter von acht bis neun Wochen werden erste Tests mit den Welpen gemacht. Darunter sind zum Beispiel Wesens- und Charaktertests, die auf das Gemüt des Welpen schließen lassen. Die Trainer suchen nach Hunden, die nicht aggressiv, besonders anhänglich und sehr unterwürfig sind.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Hunde, die die Trainer nach den Tests ausgewählt haben, wirklich Epilepsieanfälle im Vorfeld spüren können, ist sehr hoch. Im Zusammenleben mit einem Epileptiker muss er sich dann in der Praxis beweisen und vor Anfällen warnen.
Training der Hunde
Epilepsiewarnhunde sind auch Assistenzhunde. Das heißt, sie müssen eine offizielle Ausbildung absolvieren. Die Hunde werden zum größten Teil in Selbstausbildung trainiert, das heißt, sie leben direkt nach der Auswahl bei den Patienten und trainieren in den Familien. Die Hundetrainerin übt mit Hund und Besitzer in regelmäßigen Abständen. Im Welpenalter konzentriert sich das Training im ersten Jahr auf die Grundkommandos, wie Sitz, Platz, Bleib und bei Fuß.
Mit etwa drei Jahren lernen die Hunde weitere Eigenschaften, um ihren Besitzern zu assistieren und sie zu beschützen. Epilepsiewarnhunde erkennen zum Beispiel, wenn ein Anfall droht und sich der Patient dabei in einer potenziell gefährlichen Situation befindet. An Straßenübergängen oder vor Treppen blockieren die Hunde die Besitzer, indem sie sich direkt vor sie stellen und damit verhindern, dass sie die Straße oder Treppe betreten. Mit ihnen wird ebenfalls trainiert, das Notfallmedikament zu holen. Im Ernstfall ist es wichtig, dass der Hund zum richtigen Zeitpunkt warnt, anschließend umstehende Personen informiert und das Notfallmedikament schnell bereitlegt.
Kostenübernahme
Ein Epilepsiewarnhund, der in Selbstausbildung trainiert wird, kostet rund 6000 Euro. Die Kosten werden im Gegensatz zum Blindenführhund, der im Hilfsmittelkatalog der Krankenkassen enthalten ist, nicht übernommen.