Ob Brot, Mehl oder Kuchen: Fast überall findet man mittlerweile Produkte ohne Gluten. Das Angebot wird auch immer größer. Geschätzte neun Prozent der Deutschen meidet Gluten, obwohl sie es nicht müssten. Ursprünglich war es für Menschen gedacht, die von einer Gluten-Unverträglichkeit betroffen sind. Inzwischen greifen aber auch Gesunde auf diese Lebensmitteln zurück.
Die Restaurant-Besitzerin Joana Sandkühler stellt das immer häufiger fest. In ihrem Lokal in Wiesbaden trifft sie viele Menschen, die ohne medizinische Notwendigkeit glutenfrei essen wollen: „Viele meiner Kunden sagen, sie hätten nicht dieses Völlegefühl, wenn sie glutenfrei essen. Ihnen ginge es hinterher besser, sie fühlten sich leichter“.
Nur ein Trend?
Das Weglassen von Gluten ist Mode, sagen Fachleute, obwohl in Deutschland laut Schätzungen nur zwischen 0,1 und 1 Prozent der Bevölkerung von einer Gluten-Unverträglichkeit - in der Fachsprache Zöliakie - betroffen sind. Wissenschaftler können diesbezüglich nur mit dem Kopf schütteln. So auch die Ernährungswissenschaftlerin Wiebke Franz von der Verbraucherzentrale Hessen.
Teurer Spaß
Zudem müssen Verbraucher deutlich tiefer in die Tasche greifen. Für ein glutenfreies Brot kann man bis zu sechs Euro zahlen. Für glutenfreie Pasta zahlt man dreimal so viel wie für normale Pasta. Die Verbraucherzentrale rät dringend dazu, sich zu überlegen, ob es für Gesunde so sinnvoll ist, sich glutenfrei zu ernähren.
Gluten findet sich in den Getreidekörnern von Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste. Es steckt also unter anderem in Brot, Nudeln, Kuchen, Bier, aber auch in Soßen und vielen Fertiggerichten. Gluten findet man sogar in Schokolade, Zahnpasta und Medikamenten. Das Protein nennt man auch Klebereiweiß, denn es macht beispielsweise den Brotteig elastisch und dehnbar.
Wer muss verzichten?
Zöliakie-Patienten müssen extrem aufpassen - denn bei einigen können bereits kleine Mengen Gluten erhebliche gesundheitliche Folgen haben. Gleiches gilt für die Gruppe der Weizensensitiven. Auch diese müssen eine glutenfreie Ernährung einhalten. Es handelt sich dabei um eine erst in den letzten Jahren intensiver erforschte Erkrankung. Auch die Weizenallergiker müssen aufpassen, sie sollten Weizen und verwandte Getreidearten wie Dinkel meiden. Dagegen sind aber Roggen oder Gerste erlaubt.
Für echte Zöliakie-Patienten hat der Hype überwiegend Nachteile, so Bianca Maurer von der deutschen Zöliakie-Gesellschaft.
Fit durch Glutenverzicht?
Einige US-Promis behaupten, der Verzicht von Klebereiweiß mache sie fitter. Es gibt auch das Gerücht, es sei gut zum Abnehmen. Nach dem Motto: Gluten weg, Bauch weg. „Frei von etwas“ hat ein positives Image, erklärt Bianca Maurer. Dem ist nicht so:
Selbst Zöliakie-Patienten müssen sehr gut darauf achten, welche Ersatzprodukte sie zu sich nehmen. Die glutenfreien Produkte enthalten in der Regel weniger Ballast- und Mineralstoffe, aber dafür viele Zusatz- und Aromastoffe, so die deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.. Um das zu vermeiden, solle man weniger Fertigprodukte essen, weniger helles Brot, weniger Süßigkeiten und Kekse und natürlich auf eine ausgewogene und vollwertige Ernährung achten.
Glutenfrei nur nach ärztlicher Anordnung
Gluten meiden sollten nur diejenigen, die eine medizinisch nachgewiesene Zöliakie haben, empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin Wiebke Franz von der Verbraucherzentrale Hessen.
Essen ohne Gluten: Dieser Trend wird uns noch lange beschäftigen, sagen Experten. Obwohl es eigentlich nur ganz wenige wirklich betrifft. Inzwischen belegen auch Studien aus den USA, dass eine glutenfreie Ernährung ohne medizinische Notwendigkeit das Herz schädigen kann und im schlimmsten Fall Diabetes hervorruft.