Vom Charles-Bonnet-Syndrom betroffene Personen erleben Halluzinationen individuell unterschiedlicher Ausprägung vor ihren Augen. Diese Symptome reichen von einfachen Formen und Farben bis hin zu sehr komplexen Figuren wie Menschen oder Tieren. Manche Betroffene erleben im Rahmen dieser Halluzinationen sogar regelrechte Spielfilme unterschiedlicher Länge und Ausprägung. Alle Erscheinungen haben jedoch gemeinsam, dass sie komplett stumm sind. Das Charles-Bonnet-Syndrom äußert sich immer nur im erkrankten Sehsinn.
Ursachen und Forschung
In der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart gibt es einige Studien, die sich mit dem Charles-Bonnet-Syndrom befassen. Körperlich sind die Halluzinationen völlig harmlos. In den unterschiedlichen Studien hat sich gezeigt, dass im Bereich älterer Personen, die unter visuellen Einschränkungen leiden, relativ viele Personen von dem Phänomen betroffen sind. In einigen Studien haben sogar mehr als fünfzig Prozent der Sehbehinderten oder Blinden von Halluzinationen berichtet. Die Dauer der Erscheinungen variiert dabei sehr stark von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Stunden. Komplexere Halluzinationen scheinen dabei vor allem Menschen mit geringer Sehschärfe, größeren Gesichtsfeldausfällen und geringen sozialen Kontakten zu betreffen.
Experten gehen davon aus, dass der Verlust an Sehkraft, die dem Gehirn bei gesundem Sehsinn viel Input liefert, im Falle des Syndroms dazu führt, dass das Gehirn quasi versucht, eine entstandene Lücke zu füllen. Demnach regt das Gehirn das Sehzentrum an, eigene Bilder zu produzieren, die der Betroffene dann als Halluzinationen wahrnimmt. Dies sind jedoch Vermutungen. Die genauen Auslöser und Ursachen des Charles-Bonnet-Syndroms sind noch nicht bekannt. Man weiß jedoch aus Aufnahmen der Kernspin-Tomographie, dass bei Betroffenen zu Zeiten der Wahrnehmungen auch Areale im Sehzentrum aktiv sind. Viele Experten und Betroffene vergleichen das Phänomen mit so genannten Phantomschmerzen, die nach einer Amputation auftreten können.
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Die Therapie
Aufgrund der Harmlosigkeit ist eine Behandlung des Charles-Bonnet-Syndroms eigentlich nicht notwendig. In einigen Studien hat sich gezeigt, dass sich die Halluzinationen bei einigen Patienten offenbar mit Medikamenten (in der Regel Neuroleptika) reduzieren oder unterdrücken lassen. Aufgrund von Nebenwirkungen wird eine solche Behandlung aber von vielen Experten nicht empfohlen.
Entscheidend ist aber, dass die Halluzinationen von einigen Betroffenen als seelische Belastung empfunden werden und mit einem großen psychischen Leidensdruck verbunden sind, da sie glauben, an einer psychiatrischen Krankheit zu leiden. Deshalb ist Aufklärung ein wichtiger Faktor beim Charles-Bonnet-Syndrom. Augenärzte betonen, wie wichtig es ist, Betroffenen zu vermitteln, dass es sich um ein neurologisches Phänomen handelt und nicht um Anzeichen einer psychiatrischen Krankheit oder einer beginnenden Demenzerkrankung.