Bei Acetylsalicylsäure, kurz ASS, liegt die Tageshöchstdosis der Einnahme bei 3000 Milligramm. Bei einer Einnahme von mehr als zwei aufeinanderfolgenden Tagen sollte ein Arzt aufgesucht werden. So steht es im Beipackzettel und allen Empfehlungen nach sollte man dies auch befolgen. Was aber, wenn ASS nun dauerhaft in niedriger Dosierung eingenommen werden soll? Dazu raten Ärzte nämlich Patientengruppen, und das schon seit einigen Jahren.
Aber: kann man das bedenkenlos tun? Sind es die Nebenwirkungen wert? ASS wirkt, wie allgemein bekannt, nicht nur schmerzlindernd, sondern auch entzündungshemmend und blutverdünnend. Diese blutverdünnende Wirkung kann eine Therapie unterstützen, kann aber auch zu ungewollten Nebenwirkungen führen. Unter Umständen können Magen- und Darmblutungen auftreten. Daher ist ASS als Dauermedikament in die Kritik geraten. Zwei neue Studien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) untermauern diesen Sachverhalt jetzt.
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ASS als Dauermedikament
Seit einigen Jahren hat ASS als vorbeugendes Medikament einen hohen Stellenwert. In geringerer Dosis kann es bei Menschen, die bereits einmal einen Infarkt hatten, das Risiko auf einen neuen Herzinfarkt oder Schlaganfall verringern. Dieser Nutzen ist durch viele Studien belegt und gehört zur Standardtherapie.
Kontrovers diskutiert wurde in der Vergangenheit hingegen die Frage, ob man ASS auch lebenslang zur Vorbeugung bei Risikopatienten einsetzen sollte, die aber noch gar keinen Infarkt erlitten haben. Dazu gehören zum Beispiel Menschen mit Bluthochdruck oder stark erhöhten Blutfettwerten. Da Magen-Darm-Blutungen als Nebenwirkung von ASS recht häufig sind, galt es die Frage zu beantworten, ob Wirkung und Nebenwirkung hier noch im Verhältnis stehen. Die neuen Studien wurden von Fachärzten mit Spannung erwartet.
Die ARRIVE- Studie
In der ARRIVE-Studie wurden 12.546 Teilnehmer mit einem um 20 bis 30 Prozent erhöhten Infarktrisiko untersucht. Eine Gruppe bekam ASS, eine andere ein Placebo. Dabei zeigte sich:
- ASS senkte das Herzinfarktrisiko nur geringfügig und vor allem bei den 50- bis 59-Jährigen.
- Das Risiko für Schlaganfälle hingegen wurde überhaupt nicht gesenkt.
Bei den Nebenwirkungen kamen in der ASS-Gruppe - wie zu erwarten - häufiger Magen-Darm-Blutungen vor als in der Placebo-Gruppe. Tödliche Blutungen traten allerdings in beiden Gruppen gleich häufig auf.
Die ASCEND-Studie
Die ASCEND-Studie befasste sich mit vorbeugendem ASS für Diabetiker, welche ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko haben. Für sie ist der Herzinfarkt krankheitsbedingt Todesursache Nummer eins. Bisher gab es für diese Risikogruppe noch keine aussagekräftigen Zahlen.
In der ASCEND-Studie wurden 15.480 Patienten untersucht. Auch hier enthielt ein Teil ASS, ein Teil ein Placebo. Hier zeigte ASS tatsächlich eine größere Wirkung:- 11 von 1000 Diabetikern schützte es vor einem Infarkt.
- Allerdings: 9 von 1000 Patienten erlitten durch ASS schwere innere Blutungen.
Das Ergebnis zeigt, dass Diabetiker durch eine dauerhafte vorbeugende Einnahme von ASS zwar ein geringeres Herzinfarktrisiko zu erwarten haben, doch ist das Blutungsrisiko ebenso erhöht. Nutzen und Risiko sind damit fast gleichauf.